Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschlussfrist. Feinkeramikindustrie. Klageabweisungsantrag im Kündigungsschutzverfahren wahrt tarifliche Schriftform bei Ablehnung von Ansprüchen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Für die schriftliche Geltendmachung von Annahmeverzugslohnansprüchen reicht die Erhebung der Kündigungsschutzklage zur Wahrung der tariflichen Schriftform im Rahmen der Ausschlussfrist nach § 15 MTV Feinkeramikindustrie aus.

2. Gleiches gilt für die nach Tarifvorschrift schriftliche Ablehnung derartiger Ansprüche, d.h. die jeweiligen Parteianträge im Kündigungsschutzprozess müssen im Hinblick auf die tarifvertraglichen Anforderungen an die Geltendmachung oder Ablehnung von mit der Kündigung zusammenhängenden weiteren Zahlungsansprüchen die gleichen Rechtswirkungen haben.

 

Normenkette

MTV-Feinkeramikindustrie § 15

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Urteil vom 19.04.2007; Aktenzeichen 11 Ca 1942/06)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 19.04.2007, Az: 11 Ca 1942/06, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob etwaige Annahmeverzugslohnansprüche des Klägers aufgrund der Ausschlussfrist in § 15 des unstreitig auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer in der feinkeramischen Industrie der Bundesrepublik Deutschland vom 07.03.1989 in der Fassung vom 13.11.1997 (MTV Feinkeramikindustrie) verfallen sind.

Von einer wiederholten Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf die Zusammenfassung im Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz – Auswärtige Kammern Neuwied – vom 19.04.2007 (dort Seite 3 bis 5 = Bl. 79 bis 81 d. A.) Bezug genommen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen monatlichen Bruttolohn von jeweils 2.114,52 EUR für die Zeit von März 2005 bis Mai 2006 mit einem Gesamtbetrag von 31.720,20 EUR zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit 11.10.2006 abzüglich des an ihn für die Zeit vom 01.03.2005 bis 05.04.2005 von der Agentur für Arbeit gezahlten Leistungen in Höhe von 11.214,05 EUR.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 19.04.2007 die Zahlungsklage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass dahinstehen könne, ob und in welcher Höhe die geltend gemachten Ansprüche entstanden seien, da sie gemäß § 15 MTV Feinkeramikindustrie i. V. m. dem Arbeitsvertrag verfallen seien. Gemäß § 15 MTV Feinkeramikindustrie müssten Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb von drei Monaten nach Zugang der beanstandeten Abrechnung oder Entstehung des Anspruchs schriftlich geltend gemacht werden. Im Falle der Ablehnung seien Ansprüche innerhalb weiterer 30 Kalendertage nach schriftlicher Ablehnung gerichtlich geltend zu machen.

Eine Inhaltskontrolle der tarifvertraglichen Ausschlussfrist finde nicht statt, § 310 Abs. 4 Satz 3 BGB i. V. m. § 307 Abs. 3 BGB. Die zweistufige Ausschlussfrist verstoße auch nicht gegen die guten Sitten oder gegen Treu und Glauben.

Zwar habe der Kläger die erste Stufe der Ausschlussfrist hinsichtlich der mit der Klage verfolgten Vergütungsansprüche durch Erhebung der Kündigungsschutzklage für den Zeitraum März 2005 bis Mai 2006 gewahrt, wobei auch die verfrühte Geltendmachung die erste Stufe der Ausschlussfrist wahre und die Frist für die gerichtliche Geltendmachung nicht vor Fälligkeit beginne.

Der Kläger habe seine Ansprüche auf Zahlung von Annahmverzugslohn gegen die Beklagte aber nicht innerhalb von 30 Kalendertagen nach schriftlicher Ablehnung der Beklagten gerichtlich geltend gemacht. Unter Bezugnahme auf die Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts vom 26.04.2006 – 5 AZR 403/05 – sowie des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 19.07.2006 – 9 Sa 198/06 – führt das Arbeitsgericht weiter aus, dass der vom Arbeitgeber vor der Antragstellung im Kündigungsschutzprozess schriftsätzlich angekündigte Klageabweisungsantrag eine schriftliche Ablehnung der mit der Kündigungsschutzklage vom Arbeitnehmer geltend gemachten Annahmeverzugslohnansprüche darstelle. Während noch der 9. Senat des Bundesarbeitsgerichts in seiner Entscheidung vom 11.12.2001 – 9 AZR 510/00 – die Auffassung vertreten habe, dass eine schriftliche Ablehnungserklärung im Sinne einer tarifvertraglichen Ausschlussfrist voraussetze, dass der Arbeitgeber die Annahmeverzugslohnansprüche gesondert schriftlich und missverständlich zurückweise, habe der 5. Senat des Bundesarbeitsgerichts sich der älteren Rechtssprechung des 2. Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 20.03.1986 – 2 AZR 295/85 – angeschlossen.

Eine ausdrückliche schriftliche Ablehnungserklärung sei nicht erforderlich, wenn die Verfallklausel nur eine schriftliche Ablehnung, nicht aber eine ausdrückliche schriftliche Ablehnung verlange. Ebenso wie der Arb...

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