Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtliche Einordnung der Wiedereinstellung i.S. von 6c Abs. 1 S. 4 SGB II. Anspruch eines bei einem Jobcenter eingesetzten Arbeitnehmers auf Wiedereinstellung durch die Agentur für Arbeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Im Fall einer Wiedereinstellung im Sinn des § 6c Abs. 1 S. 4 SGB II handelt es sich nicht um einen Übertritt kraft Gesetzes, sondern um die vertragliche Neubegründung eines Arbeitsverhältnisses zu den bisherigen Bedingungen (im Anschluss an BAG, Urteil vom 24.09.2015 - 6 AZR 511/14).

2. § 6c Abs. 1 S. 4 SGB II hat keinen drittschützenden Charakter zugunsten des Arbeitnehmers. Die Auswahl der zurückzugebenden Arbeitnehmer trifft der kommunale Träger (im Anschluss an BAG, Beschluss vom 26.09.2013 - 8 AZR 775/12).

 

Normenkette

SGB II § 6c Abs. 1 S. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Entscheidung vom 08.08.2013; Aktenzeichen 3 Ca 2054/12)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 28.01.2020; Aktenzeichen 9 AZR 493/18)

 

Tenor

  1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 8. August 2013, Az. 3 Ca 2054/12 abgeändert.

    Die Klage wird abgewiesen.

  2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits und der Nebenintervention zu tragen.
  3. Die Revision wird zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht, hilfsweise ob der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Abgabe eines Angebots auf Abschluss eines Arbeitsvertrags hat.

Der 1969 geborene, verheiratete und zwei W.n zum Unterhalt verpflichtete Kläger war bei der Beklagten ab dem 1. Juni 2009 als Arbeitsvermittler (Tätigkeitsebene IV) in Teilzeit mit 75 v. H. der durchschnittlichen Arbeitszeit eines entsprechenden Vollzeitbeschäftigten beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis war zunächst mit Arbeitsvertrag vom 14. Mai 2009 (Bl. 6 f. d. A.) bis zum 31. Dezember 2010 befristet und wurde mit Änderungsvereinbarung vom 15. November 2010 (Bl. 8 d. A.) entfristet. Auf das Arbeitsverhältnis fanden die Vorschriften des Tarifvertrags für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bundesagentur für Arbeit (TV-BA) und die Vorschriften der diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung Anwendung. Der Kläger wurde im Jobcenter B-Stadt beschäftigt. Er nahm auf dem Gebiet des Nebenintervenienten bis zum 31. Dezember 2011 die Aufgaben der Beklagten als Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB II wahr. Im Zeitraum vom 18. April 2011 bis zum 13. Oktober 2011 war der Kläger in Elternzeit. Während dieser Zeit wurde der Kläger weiterhin auf einer Planstelle im Rechtskreis SGB II geführt. Die Zuweisung wurde nicht aufgehoben.

Der Nebenintervenient wurde mit Beginn des Jahres 2012 als weiterer kommunaler Träger nach § 6a Abs. 2 SGB II zugelassen.

Mit Schreiben vom November 2011 (Bl. 42 d. A.) wandte sich die Beklagte an den Kläger. In diesem heißt es auszugsweise:

"Übergang zum kommunalen Träger des Jobcenters B-Stadt

Sehr geehrter Herr A.,

im Sommer wurde Ihnen mitgeteilt, dass Sie die Vorraussetzungen für einen gesetzlichen Übergang in den Dienst des kommunalen Trägers des Jobcenters B.-Stadt erfüllen.

Der Landkreis B.-Stadt wird von seinem Recht Gebrauch machen, 10% der gesetzlich übergegangenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wieder an die Agentur für Arbeit B-Stadt zurückzugeben.

Wie Ihnen sich schon aufgrund der laufenden Gespräche durch die Personalberaterin bekannt ist, gehören Sie zu den Mitarbeitern, die zurückgegeben werden.

Bitte teilen Sie bis zum 02.12.2011 schriftlich mit, ob Sie mit der Wiedereinstellung bei der BA einverstanden sind.

Sofern es in diesem Jahr noch möglich ist, Sie in einem Bereich der AA B-Stadt außerhalb des JC B.-Stadt anzusetzen, wird dies im Rahmen einer vorübergehenden Umsetzung geschehen. Eine endgültige Entscheidung über den künftigen Ansatz wird dann bis spätestens 31.03.2012 getroffen werden.

(...)"

Seit dem 1. Januar 2012 erbringt der Kläger seine Arbeitsleistung bei dem Nebenintervenienten. Dieser hatte ihn mit Schreiben vom 27. Dezember 2011 (Bl. 9 d. A.) über den Personalübergang nach § 6c SGB II informiert und ihn in der Zeit vom 1. Januar 2012 längstens bis 31. März 2012 innerhalb des Jobcenters B.-Stadt im Bereich "Aktivierende Hilfe" zur Dienstleistung zugewiesen. In diesem Schreiben heißt es:

"ab dem 01.01.2012 wird die Kreisverwaltung B.-Stadt als zugelassener kommunaler Träger im Sinne des § 6c SGB II weitergeführt. Grundsätzlich gehen nach den Voraussetzungen des § 6c SGB II die Beschäftigten und Beamten kraft Gesetzes zur Kreisverwaltung B.-Stadt über. Es besteht die Möglichkeit, dass bis zu 10% der Beschäftigten und Beamten wieder der Bundesagentur für Arbeit zur Verfügung gestellt werden. Dies ist nur auf Antrag des jeweiligen Mitarbeiters möglich. Sie haben einen entsprechenden Antrag bei der Bundesagentur für Arbeit gestellt.

Nach aktueller Mitteilung der Bundesagentur für Arbeit ist es nicht möglich, Sie vor dem 31.12.2011 einem neuen Aufgabengebiet bei Ihrem derzeitigen D...

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