Entscheidungsstichwort (Thema)

Verschuldensunabhängige Haftung des Arbeitgebers für Schäden am dienstlich genutzten Privat-PKW des Arbeitnehmers. Forderung

 

Leitsatz (amtlich)

1.) Die vertraglich vereinbarte Anwendung des Ersatzkassentarifvertrages (EKT), der seinerseits in seiner Anlage 6 (Abschnitt I) für die Reisekostenvergütung auf das Bundesreisekostengesetz (juris = BRKG) verweist, schließt eine Haftung des Arbeitgebers für die Benutzung eines privaten PKW des Arbeitnehmers zu dienstlichen Zwecken analog § 670 BGB nicht aus.

2.) Kehrt ein überwiegend im Außendienst tätiger Arbeitnehmer zwischen zwei Außendienstterminen für ca. 2 3/4 Stunden zur Dienststelle zurück und wird dabei sein geparkter mit Willen des Arbeitgebers geschäftlich genutzter Privat-PKW beschädigt, so hat der Arbeitgeber ihm den Schaden analog § 670 BGB zu ersetzen.

3.) In solchen Fällen verbietet sich eine Aufspaltung in Dienstreise und Innendiensttätigkeit. Der Schaden ist vielmehr insgesamt dem Risikobereich des Arbeitgebers zuzuweisen.

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Urteil vom 29.10.1993; Aktenzeichen 6 Ca 1337/93)

 

Tenor

1.) Die Berufung der Beklagten gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Mainz –Auswärtige Kammern Bad Kreuznach– (6 Ca 1337/93) wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2.) Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger einen Schaden, der an seinem PKW entstanden ist, in Höhe von 410,40 DM zu erstatten.

Die Beklagte ist eine bundesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Sitz in Wuppertal. Der Kläger ist aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrages vom 13.05.1985 (Bl. 30 d.A.) seit dem 20.05.1985 als Fachberater in der Geschäftsstelle der B. Bad Kreuznach der Beklagten beschäftigt. Arbeitsvertraglich haben die Parteien die Geltung des Ersatzkassentarifvertrages (EKT) in seiner jeweils geltenden Fassung vereinbart. Nach Abschnitt I der Anlage 6 zum EKT erhalten die Angestellten der Beklagten Reisekostenvergütung nach dem Bundesreisekostengesetz (BRKG).

Der Kläger ist überwiegend im Außendienst eingesetzt. Zu seinem Betreuungsgebiet gehören Teile der Stadt Bad Kreuznach, Teile der Verbandsgemeinde Bad Kreuznach und Teile Rheinhessens. Für seine Tätigkeit benutzt er mit Einverständnis seiner Vorgesetzten seinen privateigenen Pkw. Die Beklagte erstattet pro Kilometer Fahrtkosten in Höhe von 0,52 DM. Der Kläger beginnt und beendet seine tägliche Arbeit regelmäßig in der Geschäftsstelle Bad Kreuznach, von wo er dann die einzelnen Dienstreisen antritt.

Am 19.03.1992 hatte der Kläger – wie immer – seinen Dienst in der Geschäftsstelle der B. Bad Kreuznach aufgenommen. Gegen 10.30 Uhr startete er mit seinem Pkw in den Außendienst. Nach Verrichtung der Außendienstaufgaben gegen 11.30 Uhr parkte er seinen Wagen in der Philippstr. in Bad Kreuznach, eine öffentliche Straße. Anschließend erledigte der Kläger Innendienstarbeiten. Als er um 14.15 Uhr wieder den Außendienst antreten wollte, stellte er fest, daß sein Fahrzeug während der Parkzeit von einem Unbekannten beschädigt worden war. Der Schaden belief sich auf 410,40 DM (vgl. die Rechnung Bl. 6 d.A.).

Der Kläger hat die Beklagte mehrfach, zuletzt mit Schreiben seiner Prozeßbevollmächtigten vom 23.06.1993 aufgefordert, ihm den Schaden zu ersetzten. Die Beklagte hat dies mit Schreiben vom 09.07.1993 (Bl. 9 d.A.), bei den Prozeßbevollmächtigten des Klägers eingegangen am 13.07.1993, endgültig abgelehnt. Bereits mit Schreiben vom 24.07.1992 (Bl. 7 d.A.) hatte die Beklagte dem Kläger mitgeteilt, daß der Parkschaden von der Beklagten nicht übernommen werde.

Mit der am 16.08.1993 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren, die Verurteilung der Beklagten zur Erstattung des Betrages in Höhe von 410,40 DM, weiter.

Der Kläger hat vorgetragen,

nach seiner Auffassung sei die Beklagte verpflichtet, ihm den Parkschaden vom 19.03.1992 in Höhe von 410,40 DM zu ersetzen. Denn er setzte seinen Pkw in Absprache und mit Billigung seiner Vorgesetzten für dienstliche Zwecke ein. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln könne er seine Kunden im hiesigen, vorwiegend ländlichen Bereich überhaupt nicht besuchen. Nach der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei die Beklagte daher zum Schadensersatz verurteilt.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 410,40 DM nebst 4 % Zinsen hierauf seit dem 13.07.1993 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen,

kraft tariflicher Weisung im EKT gelte im Verhältnis der Parteien das Bundesreisekostengesetz. Demgemäß gewähre die Beklagte Ersatz für Schäden während einer Dienstreise. Dies umfasse auch eventuelle Parkschäden, wie sie sie dem Kläger anläßlich zweier weiterer Unfälle am 03.11.1992 und 02.03.1993 auch gewährt habe.

Der Schaden vom 19.03.1992 sei aber nicht während einer Dienstreise entstanden, so daß er dem privaten Bereich des Klägers zuzuordnen sei. Denn unstreitig habe der Kl...

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