Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschlussfrist. Geldbuße. Rückforderung. Rückforderung verauslagter Geldbuße

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Anspruch des Arbeitgebers auf Rückzahlung einer für den Arbeitnehmer verauslagten Geldbuße unterfällt arbeitsvertraglichen Ausschlussfristen.

 

Normenkette

BGB § 611

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Urteil vom 20.07.2010; Aktenzeichen 11 Ca 1869/09)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz – Auswärtige Kammern Neuwied – vom 20.07.2010 – 11 Ca 1869/09 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Verpflichtung des in Anspruch genommenen Arbeitnehmers auf Rückzahlung einer vom Arbeitgeber verauslagten Geldbuße.

Der Beklagte war bei der Klägerin, die ein Transportunternehmen betreibt, in der Zeit vom 28.01.2008 bis 28.04.2008 mit einem Arbeitsvertrag beschäftigt, der in Ziffer 22 unter der Überschrift „Ausschlussfristen” unter b) folgende Regelung enthielt:

Alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb eines Monats nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht werden.

Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab, oder erklärt sie sich nicht innerhalb von zwei Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb einer Frist von einem weiteren Monat nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.

Am 07.04.2008 verhängte die französische Polizei eine Geldbuße in Höhe von 1.830,– EUR, weil der Beklagte seinen Verpflichtungen im Hinblick auf die Führung von Tachoscheiben nicht ordnungsgemäß nachgekommen war. Der Kläger zahlte davon 1.800,– EUR, um dem Beklagten die Weiterfahrt zu ermöglichen. Eine weitere Geldbuße anlässlich einer Fahrt von N nach P C in Höhe von 200,– EUR fiel an.

Der Kläger verrechnete einen Teilbetrag der von ihm verauslagten Bußgelder in Höhe von 639,10 EUR mit dem Gehalt des Beklagten für April 2008. Mit Schreiben vom 26.05.2008 forderte der Kläger den Beklagten zur Zahlung des Restbetrages auf.

Am 01.08.2008 ging beim Amtsgericht Mayen ein Antrag des Klägers auf Erlass eines Mahnbescheids gegen den Beklagten in Höhe von 1.390,90 EUR ein.

Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen,

die verauslagten Geldbußen hätten ihren Grund alleine in einem Verstoß gegen straßenverkehrsrechtliche Vorschriften. Die Verauslagung der Geldbußen stelle ein Arbeitgeberdarlehen dar. Der Rückzahlungsanspruch aus diesem sei erst mit der Kündigung des Darlehensvertrages durch das Schreiben vom 26.05.2008 fällig geworden.

Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 1.360,90 EUR zzgl. 5 Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 11.06.2008 zu zahlen.

Der Beklagte hat

Klageabweisung

beantragt und erwidert,

die Rückforderung der verauslagten Geldbuße sei wegen Ablaufs der Ausschlussfrist aus Ziffer 22 b) des Arbeitsvertrages ausgeschlossen. Im übrigen habe er seinen Arbeitgeber mehrfach darauf hingewiesen, dass der Tachometer defekt sei.

Das Arbeitsgericht Koblenz – Auswärtige Kammern Neuwied – hat durch das Urteil vom 20.07.2010 – 11 Ca 1869/09 – die auf Rückzahlung einer verauslagten Geldbuße gerichteten Zahlungen in Höhe von 1.360,90 EUR abgewiesen, da der Anspruch gemäß § 22 b) des Arbeitsvertrages verfallen sei. Der Kläger habe jedenfalls die zweite Stufe der Ausschlussfrist nicht eingehalten. Der Anspruch wäre bei zu Gunsten des Klägers unterstellter Auffassung zur rechtlichen Qualität des Rückforderungsschreibens vom 26.05.2008 zum 07.07.2008 gerichtlich geltend zu machen gewesen. Der Antrag zum Erlass eines Mahnbescheides sei jedoch erst am 01.08.2008 eingegangen.

Zu den Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des vorbezeichneten Urteils (Seite 4 – 6 = Bl. 121 R – 122 R d. A.).

Gegen das dem Kläger am 11.08.2010 zugestellte Urteil richtet sich dessen am 08.09.2010 eingelegte und am 11.10.2010 begründete Berufung. Zu deren Begründung führt der Kläger im Wesentlichen aus, der Vorderrichter habe die Rechtslage verkannt. Ein Ausschluss gemäß Ziffer 22 b) des Arbeitsvertrages sei nicht gegeben, da es sich bei dem Anspruch auf Rückzahlung eines Darlehens zur Begleichung einer Geldbuße weder um einen Anspruch aus einem Arbeitsverhältnis noch um einen solchen handele, der mit diesem in innerer Verbindung stünde. Ordnungswidrigkeiten blieben nach der Rechtsprechung alleinige Sache des Betroffenen; auch wenn sie bei Gelegenheit Erbringung der Arbeitsleistung im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses begangen würden. Die Ausschlussfrist im Arbeitsvertrag sei im Übrigen unangemessen kurz; dies führe zu deren Unwirksamkeit. Die Klausel könne auch deshalb keine Anwendung finden, weil das Arbeitsverhältnis beendet gewesen sei, bevor das zur Begleichung der Geldbuße gewährte Darlehen mit Schreiben vom 26.05.2008 fällig gestellt worden sei...

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