Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirtschaftsplan. Außerordentliche betriebsbedingte Änderungskündigung

 

Leitsatz (amtlich)

Bei ordentlich nicht kündbarer Arbeitnehmern muss bei einer außerordentlichen betriebsbedingten Änderungskündigung, die Sonderleistungen betreffend, die wirtschaftliche Entwicklung länger als drei Monate betrachtet werden.

 

Normenkette

BAT § 53 Abs. 3, § 55 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Urteil vom 16.07.2004; Aktenzeichen 6 Ca 549/04)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 01.03.2007; Aktenzeichen 2 AZR 580/05)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz – Auswärtige Kammern Bad Kreuznach – vom 16.07.2004 – AZ: 6 Ca 549/04 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision an das Bundesarbeitsgericht wird für die Beklagte zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die mit Schreiben vom 26.03.2004 erklärte außerordentliche betriebsbedingte Änderungskündigung wirksam ist, wobei die Klägerin das Angebot der Beklagten, vorbehaltlich der gerichtlichen Überprüfung, angenommen hat.

Die Klägerin hat ihre Klage vom 01.04.2004 im Wesentlichen damit begründet, dass auf das Arbeitsverhältnis der Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) anwendbar sei und sie demgemäß nach § 55 Abs. 2 BAT gegen eine Kündigung besonders geschützt sei und für die erklärte Kündigung, die die Streichung der gewährten Weihnachtszuwendung beinhalte, besonders geschützt sei.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass ihre Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung der Beklagten vom 26.03.2004 nicht geändert worden sind.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Kündigung im Wesentlichen damit gerechtfertigt, dass die Einbußen im Reha – Bereich bereits ab 2003 deutlich spürbar geworden seien, was auch im Krankenhausbereich sich ausgewirkt habe, dabei Steigerungsraten der Krankenhausbudgets und den tatsächlichen Steigerungsraten der Personal- und Sachkosten keine Deckung mehr habe erzielt werden können, habe man am 27.11.2003 im Wirtschaftsplan für 2004, der vom Aufsichtsrat beschlossen worden sei, ein ausgeglichenes Ergebnis nur dadurch erreicht, dass im Sachkostenbereich Einsparungen von 500.000,– EUR und im Bereich der Personalkosten 175.000,– EUR dadurch gespart werden konnten, dass man das Weihnachtsgeld um 35 % gekürzt habe.

Als man jedoch 2004 erneut feststellen musste, dass die Belegungssituation den im Wirtschaftsplan 2004 zugrunde gelegten Belegungszahlen nicht entsprach, habe ohne weitere Einsparung das ausgeglichene Betriebsergebnis nicht erzielt werden können, wobei sich die Verschärfung auch auf alle anderen Bereiche der Beklagten bezogen habe. Man habe durch Reduzierung der Personalkosten von 8.417 T EUR, einschließlich 65 % Weihnachtsgeld, auf 8.097 T EUR (Personalkosten ohne Weihnachtsgeld) das negative Gesamtergebnis von 1.280 T EUR auf 960.000,– EUR im Plan reduziert, wodurch die Änderungskündigung aller Beschäftigten, die mit der Neuregelung bezüglich der Sonderzahlung nicht freiwillig einverstanden gewesen seien, geführt habe.

Das Arbeitsgericht hat der Klage durch Urteil vom 16.07.2004 stattgegeben und dies im Wesentlichen damit begründet, dass auch einer laut Tarifvertrag unkündbaren Angestellten eine betriebsbedingte, außerordentliche Kündigung erklärt werden könne, dies jedoch an ganz strenge Voraussetzungen geknüpft sei, auch wenn eine Auslauffrist gewählt werde, die einer ordentlichen Kündigung entspreche.

Es bestünden Bedenken, ob ein dringender betrieblicher Grund gegeben sei, weil allein der Wunsch, Kosten zu sparen grundsätzlich auch eine ordentliche Änderungskündigung nicht rechtfertigen könne.

Jedoch sei zum Ausgleich eines Wirtschaftsplanes für ein bestimmtes Jahr eine Änderungskündigung zur Gehaltsreduzierung unzulässig, unabhängig davon, ob das Ziel überhaupt damit erreicht werden könne.

Nach Zustellung des Urteils am 14.12.2004 ist Berufung am 30.12.2004 eingelegt und innerhalb verlängerter Frist am 09.03.2005 im Wesentlichen damit begründet worden, dass trotz der Anwendbarkeit der § 55 und § 53 Abs. 3 BAT die erklärte Kündigung zulässig sei, weil es sich hier um eine Änderungskündigung handele, bei der eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses insgesamt nicht im Streit stehe. § 55 Abs. 2 BAT schließe eine betriebsbedingte Änderungskündigung nicht aus, zumal der BAT nicht kraft beiderseitiger Tarifbindung auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finde. Die Beklagte sei nämlich mit Wirkung vom 31.03.1999 aus dem Arbeitgeberverband Rheinland – Pfalz ausgeschlossen worden.

Zudem seien alle Mitarbeiter der Beklagten von der veränderten Weihnachtsgeldregelung betroffen, so dass die Herausnahme der altersgeschützten Mitarbeiter vor dem Hintergrund der Gleichbehandlung nicht möglich gewesen sei. Für die Kündigung habe es auch einen dringenden Grund gegeben, weil die finanzielle Situation dramatisch in Richtung einer drohenden Insolvenz sich entwickelt habe, weil man auch bei einer Kürzung des Weihnachtsgeldes von bisher 100 % auf 65 % noch ein Negativ...

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