Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigung eines Straßenbahnfahrers wegen Alkoholkonsums und Verursachung eines Verkehrsunfalls vor dem Dienstantritt

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Aufgrund der Arbeitspflicht ist ein Straßenbahnführer verpflichtet, sein Verhalten vor Arbeitsbeginn so einzurichten, daß er den Alkoholgenuß zu einem Zeitpunkt einstellt, daß er zum Zeitpunkt der Fahrt zur Dienststelle in der Lage ist, ohne übermäßigen Restalkohol seinen PKW nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu führen und nach Maßgabe der vertraglichen Vereinbarungen ordnungsgemäß sodann den Dienst anzutreten.

2. Bei einem Verstoß gegen diese Pflicht kann eine Abmahnung vor Ausspruch einer ordentlichen Kündigung entbehrlich sein, weil es sich um eine besonders grobe Pflichtverletzung handelt.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 04.08.1999 -- 3 Ca 1058/99 -- wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund ordentlicher Arbeitgeberkündigung sein Ende gefunden hat.

Der am 23.02.1962 geborene Kläger ist bei der Beklagten, bei der ständig mehr als 5 Arbeitnehmer vollzeitig tätig sind, seit dem 06.06.1994 beschäftigt.

Der Kläger war zuletzt als Straßenbahnfahrer zu einem durchschnittlichen Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von 4.900,00 DM eingesetzt. Der Kläger ist geschieden und zwei Kindern gegenüber unterhaltsverpflichtet.

Am 16.10.1998 befand sich der Kläger bei seinen Eltern in M. Mit einigen Freunden der Familie wurde ein wenig gefeiert, so dass im Laufe des Abends auch Alkohol konsumiert wurde. Da sich der Kläger gegen 23.30 Uhr nicht mehr fahrtüchtig fühlte, begab er sich bei seinen Eltern zu Bett. Nachdem der Kläger ungefähr 3 Stunden geschlafen hatte, machte er sich am 17.10.1998 für seinen Dienst fertig, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob er die Dienstkleidung anlegte. Kurz nach 03.00 Uhr fuhr er von Maxdorf mit dem Auto zum Betriebsgelände der Beklagten. Auf dieser Fahrt verunglückte der Kläger gegen 03.25 Uhr, in dem er ohne Einfluss von anderen Verkehrsteilnehmern in alkoholisiertem und übermüdetem Zustand von der Fahrbahn auf dem Weg von M nach L abkam. Aufgrund einer Blutprobe wurde eine Blutalkoholkonzentration von 1,3 Promille festgestellt. Der Führerschein des Klägers wurde am 17.10.1998 sichergestellt. Unfallbedingt war der Kläger in der Folgezeit arbeitsunfähig erkrankt. Mit Strafbefehl vom 17.12.1998 wurde gegenüber dem Kläger eine Geldstrafe in Höhe von 3.000,00 DM festgesetzt. Gleichzeitig wurde ihm die Fahrerlaubnis mit der Maßgabe entzogen, dass die Verwaltungsbehörde vor Ablauf von weiteren 10 Monaten keine neue Fahrerlaubnis erteilen darf. Aufgrund des vom Kläger gegen diesen Strafbefehl eingelegten Einspruchs wurde die Geldstrafe von 1.750,00 DM reduziert und eine Fahrsperre von insgesamt 11 Monaten verhängt. Am 18.03.1999 legte der Kläger der Beklagten den Strafbefehl vom 17.12.1998 vor. Die Beklagte entschloss sich, aufgrund des ihr vom Kläger mitgeteilten Sachverhalts das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis ordentlich aufzukündigen. Eine anderweitige Einsatzmöglichkeit für den Kläger bei der Beklagten bestand nicht.

Die Beklagte hörte vor Kündigungsausspruch den in ihrem Betrieb bestehenden Betriebsrat unter dem Datum vom 30.03.1999 an. Auf den Inhalt des Anhörungsschreibens (Bl. 27, 28 d.A.) wird Bezug genommen. Unter dem Datum des 31.03.1999 stimmte der Betriebsrat der beabsichtigten Kündigung des Klägers zu.

Der Kläger hat gegen die ihm am 06.04.1999 zugegangene Kündigung, ausgesprochen mit Schreiben vom 01.04.1999, am 04.05.1999 Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht Ludwigshafen erhoben, die am 26.04.1999 dort eingegangen ist.

Der Kläger hat vorgetragen,

die ihm gegenüber ausgesprochene Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. Er habe sich am 17.10.1998, als er sich zum Dienst habe fertig machen wollen, unwohl gefühlt. Dies habe er jedoch nicht auf den am Vortrag getrunkenen Alkohol zurückgeführt. Er sei daher zwischen 03.00 Uhr und 03.10 Uhr mit dem Auto zum Betriebsgelände der Beklagten gefahren, um sich persönlich krank zu melden. Anrufen habe er nicht wollen, da er in der Vergangenheit mehrfach gesundheitsbedingt ausgefallen sei und nur kurzfristig habe Bescheid sagen können. Seine Absicht sei es gewesen, mit seinem Vorgesetzten persönlich zu sprechen, den Dienst zu tauschen, oder einen Tag Urlaub zu nehmen.

Es sei zu bestreiten, dass der Betriebsrat ordnungsgemäß angehört worden sei. Der Betriebsrat sei durch die Beklagte fehlerhaft informiert worden. Der Hinweis, die Fahrerlaubnis sei eingezogen und würde frühestens im November 1999 wieder erteilt werden, sei objektiv falsch gewesen. Der Beklagten sei es zumutbar gewesen, sich bei der zuständigen Staatsanwaltschaft oder bei ihm selbst zu erkundigen, inwieweit der Strafbefehl bestandskräftig geworden sei.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältn...

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