Entscheidungsstichwort (Thema)

Internet. Kündigung. Kündigung wegen privater Nutzung des dienstlichen Internetanschlusses

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Arbeitgeber muss sicherstellen, dass der Arbeitnehmer von einem Verbot der privaten Internetnutzung außerhalb der Pausen Kenntnis genommen hat, wenn er auf einen Verstoß gegen dieses Verbot mit einer Kündigung reagieren will.

 

Normenkette

KSchG § 1 Abs. 1-2

 

Verfahrensgang

ArbG Ludwigshafen (Urteil vom 25.02.2005; Aktenzeichen 7 Ca 3253/04)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 06.12.2006; Aktenzeichen 4 AZN 529/06)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 25.02.2005 – AZ: 7 Ca 3253/04 – wie folgt abgeändert:

  1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die mit Schreiben der Beklagten vom 23.11.2004 – zugegangen am 24.11.2004 – ausgesprochene Kündigung zum 28.02.2005 aufgelöst worden ist.
  2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses zu den bisherigen Bedingungen als Chemiker/Kaufmann weiterzubeschäftigen.
  3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

Der am 25.06.1950 geborene, seiner Ehefrau und drei Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger war seit dem 01.07.2003 bei der Beklagten als Angestellter beschäftigt. Nach dem Inhalt des zwischen den Parteien geschlossenen schriftlichen Arbeitsvertrages vom 28.03.2003 erfolgte die Einstellung des Klägers als Kaufmann. Er wurde jedoch als Chemiker in der Einheit „Strategisches Marketing Deco” im Unternehmensbereich „Veredelungschemikalien” beschäftigt und erhielt für seine Tätigkeit eine Jahresvergütung von 91.500,00 Euro brutto.

Bei der Beklagten existiert eine Betriebsvereinbarung „Kommunikationsdienste” vom 16.05.2003, die u. a. folgende Bestimmung enthält:

” …

3. TTTT Wide Web, Internet und E-Mail

Vor dem Hintergrund der zunehmenden Kommunikation und Information über Internet, TTTT Wide Web und E-Mail in der heutigen Informationsgesellschaft wird die ausnahmsweise private Nutzung dieser Medien in geringfügigem Umfang in den Pausen nicht beanstandet.

Die Mitarbeiter verpflichten sich, zu bestätigen, dass sie die Regelung zur Nutzung der Kommunikationsdienste entsprechend dieser Betriebsvereinbarung zur Kenntnis genommen haben und sich daran halten.

…”

Eine Einverständniserklärung im Sinne der oben genannten Regelung hat der Kläger nicht unterzeichnet.

Auf der Intranet-Startseite der Beklagten befindet sich oben links ein rot unterlegter Text, welcher lautet: „Intranet und Internet zum dienstlichen Gebrauch”. Wird dieser Text angeklickt, so erscheint eine Seite mit der Überschrift „Warnung” und verschiedenen Anweisungen zur Nutzung von Intranet und Internet sowie zwei Links, bei deren Anklicken man auf die Intranet-Seiten gelangt, auf welcher die Betriebsvereinbarung Kommunikationsdienste und das Muster zur Einverständniserklärung zu finden sind.

Als außertariflicher Mitarbeiter unterliegt der Kläger der am 01.01.2004 in Kraft getretenen Betriebsvereinbarung „Flexible Wertkonten für außertarifliche Mitarbeiter”. Diese Betriebsvereinbarung enthält bzgl. der Arbeitszeit folgende Bestimmung:

” …

10. Arbeitszeit

Maßstab für den geleisteten Beitrag zum Unternehmenserfolg der außertariflichen Mitarbeiter ist die Erfüllung der übertragenen Aufgabe und der vereinbarten Ziele.

Dies beinhaltet ein weit überdurchschnittliches auch zeitliches Engagement, wobei die außertariflichen Mitarbeiter entsprechend dem Selbstverständnis dieser Mitarbeitergruppe über den zur Ausfüllung ihres Verantwortungsbereiches notwendigen Einsatz und dessen zeitliche Lage einschließlich der An- und Abwesenheitszeiten unter Berücksichtigung der betrieblichen Erfordernisse und Gegebenheiten eigenverantwortlich entscheiden können. Dabei ist grundsätzlich von der Fünf-Tage-Woche (montags bis freitags) auszugehen. Die Vorgesetzten achten dabei auf die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen.

Mit Inkrafttreten dieser Vereinbarung wird daher auf die Erfassung der Anwesenheitszeiten verzichtet, lediglich versicherungsrechtlich bzw. abrechnungstechnisch zu dokumentierende Abwesenheitszeiten (z. B. Krankheit und Urlaub) werden weiterhin aufgezeichnet. Die Mitarbeiter werden die nach dem Arbeitszeitgesetz geforderten Dokumentationen eigenverantwortlich vornehmen.

… „

Im Rahmen einer im August 2004 eingeleiteten Überprüfung des Dienst-Computers des Klägers wurde nach Behauptung der Beklagten festgestellt, dass dieser im Zeitraum vom 05.07.-12.08.2004 – mit Ausnahme von drei Tagen, an denen er sich auf Dienstreise befand – in einem ganz erheblichen zeitlichen Umfang das Internet zu privaten Zwecken genutzt hat. Wegen des von der Beklagten behaupteten Umfangs der privaten Internetnutzung wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 24.01.2005 (dort Seiten 8-10 = Bl. 37-39 d. A., Seiten 12-16 = Bl. 41-45 d. A. und...

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