Entscheidungsstichwort (Thema)

Verzugslohnansprüche nach Ausübung eines vertraglichen Rückkehrrechts und rechtskräftiger Verurteilung zur rückwirkenden Annahme eines Vertragsangebots. Aufschiebend wie auflösend bedingte arbeitsrechtliche Sonderbeziehung zur bisherigen Arbeitgeberin bei vertraglich vereinbartem Rückkehrrecht. Zahlungsklage der Arbeitnehmerin bei unerheblichen Einwendungen der Arbeitgeberin zur Nichtbeachtung des Direktionsrechtes sowie zum Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ist eine Beschäftigung der Arbeitnehmerin wegen Zeitablaufs nicht mehr möglich, steht der Beschäftigungspflicht der Arbeitgeberin und dem damit verbundenen Beschäftigungsanspruch der Arbeitnehmerin der Unmöglichkeitseinwand entgegen; dieser Einwand gilt jedoch nur für die Beschäftigungsverpflichtung.

2. Ist die Arbeitgeberin rechtskräftig verurteilt worden, das Angebot der Arbeitnehmerin auf Abschluss eines Arbeitsvertrages rückwirkend gemäß § 894 ZPO anzunehmen, kann sich der Unmöglichkeitseinwand nur auf die rückwirkende Beschäftigungsverpflichtung beziehen, so dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, rückwirkend ab dem im Urteil benannten Zeitpunkt die aufgelaufenen Vergütungsrückstände abzurechnen und die sich daraus ergebenden Nettobeträge an die Arbeitnehmerin zur Auszahlung zu bringen; andernfalls wäre die rückwirkende Begründung des Arbeitsverhältnisses über § 311a BGB sinnentleert.

3. Der Annahmeverzug umfasst auch die Fälle der Annahmeunmöglichkeit, die sowohl die Annahmeunwilligkeit als auch die Annahmeunfähigkeit der Arbeitgeberin einschließt; der Ausschluss der Nachleistungspflichten in § 615 Abs. 1 BGB beinhaltet nicht zwingend, dass die Nachholbarkeit eine Voraussetzung des Annahmeverzuges im Sinne von § 615 BGB ist.

4. Macht die Arbeitgeberin gegenüber Verzugslohnansprüchen nach rechtskräftiger Verurteilung zur rückwirkenden Annahme eines Vertragsangebots der Arbeitnehmerin geltend, dass die Arbeitnehmerin sie mit ihrem eingeschränkten Leistungsangebot als kaufmännische Angestellte nicht hat in Annahmeverzug setzen können, weil sie damit das Direktionsrecht der Arbeitgeberin gemäß § 106 Satz 1 GewO missachtet, ist dieser Einwand unerheblich, wenn die Arbeitnehmerin in den Klageanträgen ihren Rückkehranspruch zu den üblichen Arbeitsbedingungen geltend gemacht und auch im späteren Leistungsangebot ganz allgemein die Wiedereinstellung als kaufmännische Angestellte zu den bei der Arbeitgeberin üblichen Bedingungen verlangt und damit gerade deutlich gemacht hat, dass sie auf das Direktionsrecht der Arbeitgeberin Rücksicht nimmt.

5. Auch wenn die Parteien zum Zeitpunkt des Leistungsangebotes (noch) nicht (wieder) in einem Arbeitsverhältnis zueinander stehen, sind doch arbeitsrechtliche Beziehungen zwischen ihnen vorhanden, die den Einwand der Arbeitgeberin, dass ein erfüllbares Arbeitsverhältnis fehlt, im Hinblick auf ihr eigenes vorheriges Verhalten als rechtsmissbräuchlich erscheinen lassen (§ 242 BGB), soweit durch ein der Arbeitnehmerin eingeräumtes Rückkehrrecht eine sowohl aufschiebend wie auflösend bedingte arbeitsrechtliche Sonderbeziehung besteht, deren Inhalt ausgefüllt wird durch §§ 241 Abs. 2, 242 BGB sowie die zum vorvertraglichen Schuldverhältnis entwickelten Grundsätze, die nunmehr durch § 311 Abs. 2 und 3 BGB ausdrücklich gesetzlich anerkannt sind.

 

Normenkette

BGB §§ 162, 241 Abs. 2, §§ 242, 615, § 293 ff., § 275 Abs. 1, §§ 294, 295 S. 1, § 311 Abs. 2-3, § 311a Abs. 1, § 611 Abs. 1; GewO § 106 S. 1; ZPO § 256 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Ludwigshafen (Entscheidung vom 25.04.2013; Aktenzeichen 8 Ca 200/13)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 25.04.2013, Az.: 8 Ca 200/13, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten über die Verpflichtung der Beklagten, an die Klägerin rückständiges Arbeitsentgelt für die Zeit vom 01.02.2010 bis 13.03.2012 zu zahlen.

Die Klägerin war in der Zeit vom 01.07.1970 bis zum 31.12.1986 bei der Beklagten beschäftigt. Abschnitt 7 Abs. 1 des zuletzt abgeschlossenen Arbeitsvertrages vom 15./31.01.1974 hat unter anderem folgenden Wortlaut:

"Wir können Sie jederzeit in einer anderen, Ihrer Vorbildung und Ihren Fähigkeiten entsprechende Stellung innerhalb unserer Gesellschaft beschäftigen, Sie zu einem Verkaufsbüro, einer anderen Außenstelle oder zu einer unserer Tochtergesellschaften versetzen."

Mit Wirkung zum 01.01.1987 ging das Arbeitsverhältnis der Klägerin durch Betriebsübergang auf die damals neu gegründete C. GmbH über. Anlässlich dieser Ausgliederung eines Geschäftsbereichs hatten die Beklagte und der bei ihr bestehende Betriebsrat unter dem Datum vom 04.12.1986 eine Vereinbarung mit dem Titel "Rahmenbedingungen für in das Joint-Ventur B./S. übertretende B. AG-Mitarbeiter" getroffen. Diese Vereinbarung enthielt unter anderem unter Ziffer 15 folgende Regelung:

"Die B. AG garantiert den am 01.01.1987 in die neue Gesell...

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