Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung einer Bäckerei-Gehilfin. Begriff der „Tätigkeiten, die in der Regel mit körperlich schwerer Arbeit verbunden sind” i.S. des § 2. Lohngr. III des Lohntarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer im Einzelhandel Rheinland-Pfalz

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Tätigkeit einer Bäckerei-Gehilfin, der es im Rahmen einer in einem SB-Warenhaus betriebenen Bäckerei obliegt, vorgefertigte Backprodukte von der Bestückung der Öfen bis zum Einräumen der fertigen Ware in Verkaufsregale herzustellen, ist als einheitliche Tätigkeit im Sinne des Lohntarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer im Einzelhandel Rheinland-Pfalz anzusehen.

2. Aus den zu Lohngruppe III des genannten Lohntarifvertrages normierten Tätigkeitsbeispielen ergibt sich, dass an das Ausmaß der zur Erfüllung des Merkmals „schwere körperliche Arbeit” erforderlichen Beanspruchung keine hohen Anforderungen zu stellen sind.

3. Das tarifliche Merkmal „in der Regel” im Sinne der Lohngruppe III des Lohntarifvertrages ist erfüllt, wenn die dort genannte „schwere körperliche Arbeit” regelmäßig wiederkehrt und nicht nur gelegentlich anfällt. Es kommt nicht darauf an, dass die schwere körperliche Arbeit im Verhältnis zur Gesamtarbeitszeit zeitlich überwiegt.

 

Normenkette

BetrVG § 99

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Beschluss vom 07.10.1998; Aktenzeichen 2 BV 1363/98)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 07.10.1998 – 2 BV 1363/98 – abgeändert und der Antrag zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten im Rahmen des vorliegenden Zustimmungsersetzungsverfahrens nach § 99 Abs. 4 BetrVG um die zutreffende tarifliche Eingruppierung der bei der Antragstellerin (im Folgenden: Arbeitgeberin) in deren SB Warenhaus in A. beschäftigten Arbeitnehmerin C. M.. Antragsgegner ist der in A. bestehende örtliche Betriebsrat (im Folgenden: Betriebsrat).

Mit Schreiben vom 5.3.1998 beantragte die Arbeitgeberin beim Betriebsrat die Zustimmung zur Einstellung der Arbeitnehmerin M. als Bäckereigehilfin in der Bäckereiabteilung zum 15.3.1998 unter Eingruppierung in Lohngruppe II des allgemeinverbindlichen Lohntarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer im Einzelhandel Rheinland-Pfalz (Lohntarifvertrag) bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 23,22 Stunden. Der Betriebsrat stimmte der beabsichtigten Einstellung mit Schreiben vom 10.3.1998 zu, widersprach aber gleichzeitig der vorgesehenen Eingruppierung unter Hinweis darauf, dass die Tätigkeit der Mitarbeiterinnen in der Backabteilung die Anforderungen der Lohngruppe III des Lohntarifvertrages erfüllten. Soweit der Betriebsrat bezüglich anderer Mitarbeiterinnen früher einer Eingruppierung in Lohngruppe II nicht widersprochen habe, habe dies auf der Unkenntnis über die tatsächlich auszuübende Tätigkeit beruht.

In der Hausbäckerei fallen folgende Aufgaben an, die auch die Arbeitnehmerin M. zu verrichten hat:

  • Gärofen und Ofen und Backofen bestücken und bedienen, wobei die Rohlinge auf Blechen in den Gärofen und dann in den Backofen verbracht werden. Zuvor müssen teilweise die Rohlinge aus dem Kühlhaus geholt werden.
  • Verpacken und Auszeichnen der Ware
  • Einräumen der fertigen Ware in Verkaufsregale
  • Gewährleistung der Sauberkeit und Ordnung im Lager, Kühlhaus sowie der Geräte und im Verkauf.

Die Tätigkeit der Bäckereigehilfinnen ist in Schichten eingeteilt. Die Schichtdauer der Arbeitnehmerin M. beträgt zwischen 5 1/2 und 7 Stunden. Im Durchschnitt sind 3–4 Mitarbeiter pro Schicht eingesetzt, in frequenzstarken Zeiten bis zu 6 Mitarbeiter. Die Tätigkeit erfolgt stehend, gehend und zum Teil in gebückter Haltung.

Zur Bestückung der Öfen und zur Vorbereitung des eigentlichen Gär- und Backvorganges müssen von den Bäckereigehilfen Backwarengebinde bewegt werden. Nach Angaben der Arbeitgeberin haben die Gebinde folgende Gewichte:

Artikel

Kartongewicht/KG

leere Kasten

1,5

Bauernbrot

3,8

Vierkornbrot

4,5

Krustenbrot

4,5

Weizenmisch

4,5

Kürbiskernbrot

5,5

Weizenkruste

5,5

Roggenmisch

5,5

Laugenbrezel

6,0

Brötchentüten

6,4

Laugenstangen

7,7

Baguette-Tüten

7,9

Kaiserbrötchen

8,3

Sonnenigel

8,5

Vollkornbrot

8,5

gem. Brötchen

9,5

Brottüten

10,3

Kaffeestückchen

12,0

Baguette

17,0

Nach Darstellung der Arbeitgeberin machen dabei die Kartonbewegungen von Gebinden zwischen 1,5 und 4,5 kg einen Anteil von 51,47 %, der Gebinde zwischen 5,5 und 9,5 kg einen Anteil von 40,44 % und der Gebinde zwischen 10,3 und 17 kg einen Anteil von 8,09 % an den gesamten Kartonbewegungen aus. Gebinde zwischen 8 und 17 kg machen nach dieser Berechnung einen Anteil von 28,31 % aller Kartonbewegungen aus. Nach Angaben der Arbeitgeberin werden diese Gebinde im Durchschnitt einer Schicht unterschiedlich oft bewegt. Es ergeben sich nach diesen Angaben von pro Schicht zu bewegenden Gewichten Werte zwischen 113,6 kg und 249,5 kg. Hinsichtlich der Einzelheiten insoweit wird auf die tabellarische Übersichtsberechnung der Arbeitgeberin in deren Schriftsatz v...

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