Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschwerde, sofortige. Gesetzwidrigkeit, greifbare. Vertagung. Vertagungsbeschluss. Anfechtbarkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der im Gesetz nicht vorgesehene außerordentliche Rechtsbehelf der außerordentlichen sofortigen Beschwerde ist auf Ausnahmefälle krassen Unrechts beschränkt. Diese Voraussetzung liegt nur vor, wenn die Entscheidung mit der geltenden Rechtsordnung schlechthin unvereinbar ist, weil sie jeder rechtlichen Grundlage entbehrt und dem Gesetz inhaltlich fremd ist, so etwa, wenn die angefochtene Entscheidung auf einer Gesetzesauslegung beruht, die offensichtlich dem Wortlaut und dem Zweck des Gesetzes widerspricht und die eine Gesetzesanwendung zur Folge hat, die durch das Gesetz ersichtlich ausgeschlossen werden sollte. Nicht ausreichend ist die bloße Fehlerhaftigkeit einer Entscheidung.

2.Gemäß § 57 ArbGG ist die Verhandlung möglichst in einem Termin zu Ende zu führen und gem. § 227 Abs. 1 ZPO kommt eine Vertagung nur aus erheblichen Gründen in Betracht.

3. Allein eine möglicherweise fehelerhafte Beurteilung eines Entschuldigungsgrunds als erheblicher Grund, ist kein Fall der Unvereinbarkeit der Vertagungsentscheidung mit der geltenden Rechtsordnung und entbehrt auch nicht jeder rechtlichen Grundlage.

 

Normenkette

ArbGG § 78; ZPO § 227 Abs. 4 S. 2, § 567

 

Verfahrensgang

ArbG Trier (Beschluss vom 15.01.2008; Aktenzeichen 3 Ca 1834/06)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Vertagungsbeschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 15.01.2008, Az.: 3 Ca 1834/06, wird auf Kosten der Beklagten als unzulässig verworfen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I. Im Termin zur Kammerverhandlung vom 15.01.2008 im Verfahren Az.: 3 Ca 1834/06 verkündete das Arbeitsgericht nach geheimer Beratung einen Beschluss folgenden Wortlauts: „Die Sache wird vertagt. Termin zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung wird bestimmt auf den 25.03.2008, 9:30 Uhr. Dem Kläger wird Gelegenheit gegeben, die Auflage aus dem Termin vom 16.10.2007 (Bl. 74 d. A.) bis zum 10.02.2008 zu erfüllen. Der Beklagten wird aufgegeben, hierauf unter Beweisantritt zu erwidern. Frist zur Erfüllung der Auflage: 10.03.2008.”

In dem vorangegangenen, im genannten Beschluss in Bezug genommenen Termin vom 16.10.2007 wurde dem Kläger folgende Auflage erteilt:

„Dem Kläger wird aufgegeben, zu dem Schriftsatz der Beklagten vom 10.10.2007 unter Beweisantritt Stellung zu nehmen. Ihm wird insbesondere aufgegeben, zu der Frage Stellung zu nehmen, ob er ab dem 24.10.2006 wieder arbeitsfähig war, ggf. sein diesbezügliches Vorbringen ordnungsgemäß unter Beweis zu stellen. Außerdem wird ihm aufgegeben, die geltend gemachte Sonderzahlung und die Lohnerhöhungen ordnungsgemäß zu begründen.”

Die dort genannte Schriftsatzfrist wurde durch Verfügung des Vorsitzenden vom 13.11.2007 bis zum 10.12.2007 verlängert.

Ein Schriftsatz des Klägers ging auch bis zum Kammertermin am 15.01.2008 nicht ein.

Im Protokoll der öffentlichen Sitzung des Arbeitsgerichts Trier vom 15.01.2008 heißt es u. a.:

„Das Gericht weist darauf hin, dass der Kläger die ihm erteilten Auflagen aus dem Termin vom 16.10.2007 nicht erfüllt hat (Bl. 73 d. A.) Fristverlängerung bis 10.12.2007 (Bl. 80 d. A.)

Der Kläger-Vertr. erklärt dazu, die Versäumung der Frist beruhe darauf, dass die Sachbearbeiterin, Frau T. mehrfach erkrankt sei. Er selbst sei erst wieder seit letzter Woche in T. Er sei im Dezember nur an einigen Tagen in T. gewesen in Vertretung.”

Gegen den genannten Vertagungsbeschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 15.01.2008 hat die Beklagte mit einem Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 4. Februar 2008 sofortige Beschwerde eingelegt und beantragt, den Beschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 15.01.2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Sie hält den Vertagungsbeschluss für offensichtlich, greifbar gesetzwidrig. Die Anträge des Klägers seien im Kammertermin vom 15.01.2008 nach wie vor unschlüssig gewesen, weil dieser im Rahmen der von ihm gestellten Zahlungsanträge das während der streitgegenständlichen Zeiträume bezogene Arbeitlosen- und Krankengeld nicht berücksichtigt habe. Der Rechtsstreit sei daher allein aufgrund der Fristversäumung im Kammertermin vom 15.01.2007 entscheidungsreif gewesen, so dass die Klage hätte abgewiesen werden müssen. Der Beschluss könne nicht damit gerechtfertigt werden, dass der Kläger seinen verspäteten Sachvortrag entschuldigt habe, da weder bis zum Kammertermin noch im Kammertermin selbst überhaupt irgendein Sachvortrag gehalten worden sei. Die im Kammertermin genannten Entschuldigungsgründe seien nicht geeignet, die Versäumung der Frist zu rechtfertigen. Die Erkrankung der Sachbearbeiterin sei bereits seit Anfang November 2007 bekannt. Da der Kläger die Klage nach dem Kammertermin vom 16.10.2007 zwei Mal erweitert hat, sei es ihm auch zuzumuten gewesen, schriftsätzlich der erteilten Auflage zu entsprechen. Der Beschluss verstoße gegen § 57 ArbGG i. V. m. § 227 ZPO.

Mit Beschluss vom 06.02.2008 hat das Arbeitsgericht...

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