Entscheidungsstichwort (Thema)

Frachtführer. Rechtsweg. Zur Arbeitnehmereigenschaft eines Frachtführers

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei der Tätigkeit von Frachtführern ist für die Feststellung einer Arbeitnehmereigenschaft zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber den Frachtführer grundsätzlich als selbstständigen Gewerbetreibenden eingeordnet hat, obgleich dieser schon nach den gesetzlichen Bestimmungen weit reichenden Weisungsrechten unterliegt (§§ 408 ff HGB). Ein Arbeitsverhältnis kann deshalb nur dann bejaht werden, wenn der betreffende Fahrer in der Ausübung seiner Tätigkeit weit weniger frei ist, als ein Frachtführer im Sinn des Handelsgesetzbuchs.

2. Ein Frachtführer, der nur für einen Auftraggeber fährt, ist nicht Arbeitnehmer, wenn weder Dauer noch Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit vorgeschrieben sind und er die – nicht nur theoretische – Möglichkeit hat, auch Transporte für eigene Kunden auf eigene Rechnung durchzuführen. Ob er diese Möglichkeit tatsächlich nutzt, ist nicht entscheidend.

 

Normenkette

ArbGG § 5 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Beschluss vom 10.07.2009; Aktenzeichen 1 Ca 744/09)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 10.07.2009 – 1 Ca 744/09 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

 

Gründe

Die nach §§ 48 Abs. 1, 17 a Abs. 4 Satz 3 GVG, 567 ff ZPO statthafte und vorliegend insgesamt zulässige sofortige Beschwerde ist nicht begründet.

Das Arbeitsgericht hat im angefochtenen Beschluss sowohl im Ergebnis zu Recht als auch mit zutreffender Begründung den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für unzulässig erklärt, soweit die Kläger gegenüber der Beklagten (unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges) die Zahlung von Arbeitsvergütung in Höhe von jeweils 2.956,25 Euro geltend machen. Das Beschwerdegericht folgt uneingeschränkt den sehr ausführlichen und sorgfältig dargestellten Gründen des erstinstanzlichen Beschlusses und stellt dies in entsprechender Anwendung des § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Von der Darstellung eigener Gründe wird daher abgesehen. Im Hinblick auf das Vorbringen der Kläger im Beschwerdeverfahren besteht lediglich Anlass zu folgenden ergänzenden Klarstellungen:

Bei der Tätigkeit von Frachtführern ist für die Feststellung einer Arbeitnehmereigenschaft zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber den Frachtführer grundsätzlich als selbständigen Gewerbetreibenden eingeordnet hat, obgleich dieser schon nach den gesetzlichen Bestimmungen weit reichenden Weisungsrechten unterliegt (§§ 408 ff HGB). Ein Arbeitsverhältnis kann deshalb nur dann bejaht werden, wenn der betreffende Fahrer in der Ausübung seiner Tätigkeit weit weniger frei ist, als ein Frachtführer im Sinne des Handelsgesetzbuches (BAG v. 19.11.1997 – 5 AZR 653/96 – AP Nr. 90 zu § 611 BGB Abhängigkeit; BAG v. 30.09.1998 – 5 AZR 563/97 – AP Nr. 103 zu § 611 BGB Abhängigkeit). Ein Frachtführer, der nur für einen Auftraggeber fährt, ist nicht Arbeitnehmer, wenn weder Dauer noch Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit vorgeschrieben sind und er die – nicht nur theoretische – Möglichkeit hat, auch Transporte für eigene Kunden auf eigene Rechnung durchzuführen. Ob er diese Möglichkeit tatsächlich nutzt, ist nicht entscheidend (BAG v. 30.09.1998, a.a.O.).

Die Kläger haben nach wie vor nicht bestritten, dass für sie keine festen täglichen Arbeitszeiten galten. Vielmehr richtete sich ihre Arbeitszeit nach der Art und dem Umfang der für die Beklagte zu erledigenden Transporte, was wechselnde Einsatzzeiten zur Folge hatte, die im voraus festgelegt wurden. Die Kläger behaupten selbst nicht, dass die Beklagte darüber hinaus – z.B. bei Nichtvorliegen von Transportaufträgen – über ihre Arbeitsleistung verfügen konnte. Aus dem Vorbringen der Kläger ergibt sich auch nicht, dass ihnen bestimmte Lieferzeiten vorgegeben waren. Aber selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, so würde dieser Umstand noch nicht die Annahme eines Arbeitsverhältnisses rechtfertigen. Auch im Rahmen eines Dienst- oder Werkvertrages können nämlich Termine für die Erledigung der Arbeit bestimmt werden, ohne dass daraus auch eine zeitliche Weisungsabhängigkeit folgt (BAG vom 19.11.1997, a.a.O.). Den Kläger war auch

– soweit ersichtlich – nicht untersagt, Transportaufträge von Dritten anzunehmen. Der Umstand, dass sie hierbei nicht berechtigt gewesen wären, das ihnen von der Beklagten zur Verfügung gestellte Fahrzeug zu verwenden, ist diesbezüglich unerheblich. Es sind auch nach wie vor keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür gegeben, dass die Kläger verpflichtet waren, jeden Auftrag der Beklagten anzunehmen. Eine solche Verpflichtung lässt sich auch nicht daraus herleiten, dass sich das zur Durchführung der Transportaufträge notwendige Fahrzeug durchgängig in ihrer Obhut befand. Für die Beklagte bestand nämlich insoweit jedenfalls die Möglichkeit, das betreffende Fahrzeug von einem anderen, zuvor mit der Durchführung eines Transportes beauftragten Fahrer bei den Klägern abholen zu lassen.

Insgesamt liegen somit ...

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