Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuständigkeit der Arbeitsgerichte für Streitigkeiten unter Arbeitnehmern desselben Arbeitgebers bei nicht mehr bestehenden Arbeitsverhältnissen

 

Leitsatz (amtlich)

Besteht der notwendige Zusammenhang zu der gemeinsamen Arbeit, ist für die ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen gem. § 2 I Nr. 9 ArbGG unerheblich, ob die jeweiligen Arbeitsverhältnisse noch bestehen.

 

Normenkette

ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. d), Nr. 9, § 5; GVG § 17a

 

Verfahrensgang

ArbG Ludwigshafen (Entscheidung vom 27.04.2022; Aktenzeichen 3 Ca 1664/21)

 

Tenor

  1. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 27. April 2022 - Az. 3 Ca 1664/21 - wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
  2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
 

Gründe

I.

Die Parteien streiten vorab darüber, ob für die Klage auf Unterlassen, Widerruf, Auskunft und Schadenersatz der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen oder der zur ordentlichen Gerichtsbarkeit eröffnet ist.

Der Kläger war seit dem 1. Oktober 1984 bei der X. Klinikum GmbH (im Folgenden: Klinikum) zuletzt als Pflegedienstleiter und OP-Manager beschäftigt. Das Klinikum kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger erstmals am 22. Juni 2018 fristlos, hilfsweise außerordentlich unter Einhaltung einer sozialen Auslauffrist. Die Kündigung wurde auf sexuelle Belästigungen von Patientinnen und Mitarbeiterinnen durch den Kläger gestützt. Das Arbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage mit Urteil vom 19. Dezember 2019 - 3 Ca 1025/18 - stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klinikums mit Urteil vom 31. August 2020 - 3 Sa 98/20 - rechtskräftig zurückgewiesen. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund eines gerichtlichen Beendigungsvergleichs vom 13. Juli 2021 im Berufungsverfahren über eine Folgekündigung - 6 Sa 43/21 - mit Ablauf des 30. April 2020 gegen Zahlung einer Abfindung.

Die Beklagte arbeitete bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers als Ärztin in der Visceralchirurgin im gleichen Klinikum wie der Kläger. Zur Sachverhaltsaufklärung wurde sie vor Ausspruch der fristlosen Kündigung des Klägers von der Krankenhausoberin und dem Ombudsmann des Klinikums befragt. Das Gesprächsprotokoll vom 5. Juni 2018 lautet wie folgt:

"Wenn junge Frauen (zwischen ca. 16 und 30 Jahren) als Patientinnen auf dem OP-Tisch liegen und gerade in der Abwaschphase sind, das bedeutet, dass die Frauen nackig sind, kommt Herr A. unter irgendwelchen Gründen in den Raum. Anscheinend wichtige Dinge zu fragen, die aber nach meiner Meinung unnötig sind und zu anderer Zeit hätten auch gefragt werden können.

Es wurde mir berichtet (da ich schon in Narkose lag), dass bei meiner ersten Operation im November 2016 Herr A. auch in den Saal kam. Er wurde dann des Saales verwiesen.

Für meine zweite Operation im Dezember 2017 habe ich im Vorfeld die Pflegekräfte gebeten, dass sie Herrn A. nicht hereinlassen.

Ich habe von einem Vorfall gehört, dass eine junge Mitarbeiterin (in der Ausbildung) sich anschickte, sich in die Umkleide zu begeben um sich umzuziehen. Herr A. soll sie angesprochen haben und soll zu ihr gesagt haben: ,Sie könne sich auch gerne bei ihm im Büro umziehen', was die Mitarbeiterin vehement abgelehnt hatte und daraufhin soll Herr A. geantwortet haben: ,Man muss doch auch seinen Spaß haben'."

In seiner am 22. Dezember 2021 erhobenen Klage verfolgt der Kläger folgende Anträge:

  1. Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, in Bezug auf den Kläger wörtlich oder sinngemäß zu behaupten, behaupten zu lassen und/oder zu verbreiten, verbreiten zu lassen:

    1. Der Kläger komme aus irgendwelchen Gründen in den Raum, wenn junge Patientinnen zwischen 16 und 30 Jahren auf dem OP-Tisch liegen, gerade in der Abwaschphase sind und gerade nackig sind, unter dem Vorwand von Klärungsbedarf bezüglich vermeintlich wichtiger Angelegenheiten.
    2. Der Kläger sei bei einer OP der Beklagten im November 2016 in den Operationssaal gekommen und des Raumes verwiesen worden.
    3. Die Beklagte habe vor einer Operation im Dezember 2017 die Pflegekräfte gebeten, den Kläger nicht herein zu lassen.
    4. Der Kläger habe eine junge Frau gebeten, sie könne sich auch gerne bei ihm im Büro umziehen, was die Mitarbeiterin abgelehnt hätte und worauf hin er geantwortet haben soll: "Man muss doch auch seinen Spaß haben."
  2. Der Beklagten wird angedroht, dass für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von € 250,000 und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten gegen sie festgesetzt wird.
  3. Die Beklagte wird verurteilt, ihre unter Ziff. 1 aufgestellten Behauptungen durch schriftliche Erklärungen gegenüber den Mitarbeitern der X. Kliniken GmbH, insbesondere des Y. in N-Stadt, zu widerrufen,
  4. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft zu erteilen, wem gegenüber sie die Äußerungen Ziff. 1 getätigt hat.
  5. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 1.242,84 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpun...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge