Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufung eines Arbeitnehmers in einem Verfahren auf Durchsetzung des Anspruchs auf Abgeltung von Urlaub nebst Zahlung von tariflichem Urlaubsgeld. Anspruch auf tarifliches zusätzliches Urlaubsgeld bei fehlender Möglichkeit Urlaub zu nehmen

 

Leitsatz (amtlich)

Das tarifliche zusätzliche Urlaubsgeld nach § 17 Ziff. 2 des Manteltarifvertrags der Metall- und Elektroindustrie Rheinland-Pfalz ist auch geschuldet, wenn der Urlaub tatsächlich nicht genommen werden konnte, sondern abzugelten ist.

 

Normenkette

BUrlG §§ 1, 3, 7 Abs. 3, § 3 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Kaiserslautern (Entscheidung vom 07.03.2023; Aktenzeichen 3 Ca 877/22)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 7. März 2023, Az. 3 Ca 877/22, abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger € 7.859,25 brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 9. Dezember 2022 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Abgeltung von Urlaub nebst Zahlung von tariflichem Urlaubsgeld aus den Jahren 2021 und 2022 in Anspruch.

Der als schwerbehinderter Mensch anerkannte Kläger war bei der Beklagten vom 21. August 2006 bis zum 31. Juli 2022 beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fanden kraft beiderseitiger Tarifbindung die Tarifverträge für die Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie Rheinland-Pfalz Anwendung. Das tarifliche Monatsentgelt des Klägers betrug nach Entgeltgruppe 6 ERA € 3.270,00 brutto. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete durch eine ordentliche krankheitsbedingte Kündigung der Beklagten vom 2. Februar 2022. Im Kündigungsschutzverfahren (ArbG Kaiserslautern 1 Ca 108/22) schlossen die Parteien hierüber einen Vergleich.

Der Kläger war im gesamten Kalenderjahr 2021 und bis zu seinem Ausscheiden am 31. Juli 2022 durchgängig arbeitsunfähig erkrankt. Die Beklagte zahlte ihm Urlaubsabgeltung für 45 Urlaubstage, wie folgt:

Abrechnung 07/22

38 Tage

€ 6.636,70 brutto

Abrechnung 10/22

+ 7 Tage

+ € 1.222,55 brutto

SUMME

= 45 Tage

= € 7.859,25 brutto

In der Fünftagewoche betrug das Urlaubsentgelt für jeden Urlaubstag rechnerisch unstreitig € 174,65 brutto. Ein zusätzliches tarifliches Urlaubsgeld (50% des Urlaubsentgelts) zahlte die Beklagte dem Kläger nicht.

Der Manteltarifvertrag (MTV) der Metall- und Elektroindustrie Rheinland-Pfalz lautet in der hier maßgeblichen Fassung vom 21. März 2021 wie folgt:

"§ 15 Urlaubsanspruch

1. Jeder Beschäftigte hat in jedem Jahr Anspruch auf bezahlten Urlaub. Das Urlaubsjahr ist das Kalenderjahr.

2. Der Urlaubsplan wird zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat vereinbart. Hierbei sind die Wünsche des Betriebes und der Beschäftigten aufeinander abzustimmen. Es können auch Werksferien vereinbart werden.

3. Der Urlaub soll der Erholung dienen. Während des Urlaubs darf keine dem Erholungszweck widersprechende Erwerbsarbeit ausgeübt werden. Bei einem Urlaubsanspruch von mindestens 15 Arbeitstagen soll bei Urlaubsteilung einer der Urlaubsteile mindestens zehn aufeinander folgende Arbeitstage umfassen. Davon kann abgewichen werden, wenn das Interesse des Beschäftigten oder die Belange des Betriebes dies erforderlich machen.

4. Der Anspruch auf den vollen Jahresurlaub entsteht erstmalig nach einer sechsmonatigen Betriebszugehörigkeit (Wartezeit).

5. Im Ein- und Austrittsjahr hat der Beschäftigte gegen den alten und neuen Arbeitgeber auf soviel Zwölftel des ihm zustehenden Urlaubs Anspruch, als er Kalendermonate bei ihnen gearbeitet hat. Ein angefangener Monat wird dann voll gerechnet, wenn der Eintritt vor dem 16., der Austritt nach dem 15. Eines Kalendermonats erfolgt. Voraussetzung ist allerdings, dass das Arbeitsverhältnis länger als 15 Kalendertage bestanden hat.

Bei Teilansprüchen ist keine Wartezeit erforderlich. Wird das Arbeitsverhältnis über das Ende des Kalenderjahres hinaus fortgesetzt oder erlischt es mit Ende des Kalenderjahres, so entsteht der Anspruch um soviel Tage vor Schluss des Urlaubsjahres, dass der Urlaub noch im laufenden Jahr genommen werden kann. Ist der Urlaub bei Austritt des Beschäftigten bereits in voller Höhe gewährt, so hat es damit sein Bewenden.

6. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, dem ausscheidenden Beschäftigten eine Bescheinigung darüber auszustellen, ob und in welcher Höhe im laufenden Urlaubsjahr Urlaub erteilt worden ist. Der Beschäftigte ist verpflichtet, diese Bescheinigung bei der Einstellung vorzulegen. Für die Monate, für die der bisherige Arbeitgeber den Urlaubsanspruch über den Rahmen der Ziff. 5 Abs. 1 hinaus erfüllt hat, besteht gegen den neuen Arbeitgeber kein Anspruch.

7. Der Urlaubsanspruch, soweit er über den gesetzlichen Urlaubsanspruch hinausgeht entfällt, wenn der Beschäftigte wegen unerlaubter Handlung oder beharrlicher Arbeitsverweigerung Grund zur fristlosen Entlassung gibt oder ohne gerechtfert...

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