Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslauffrist, soziale. Freistellung. Gegenstandswert. Integrationsamt. Kündigungen, mehrere. Vergleich. Widerspruch. Gegenstandswert – Kündigungen, mehrere. Widerspruch beim Integrationsamt. soziale Auslauffrist

 

Leitsatz (amtlich)

1. a. Wird die Wirksamkeit mehrerer Kündigungen, die in einem nahen zeitlichen Zusammenhang – in der Regel in einem Kündigungsschreiben (z.B. außerordentliche und hilfsweise ordentliche Kündigung) – ausgesprochen worden sind, in einem Verfahren angegriffen und liegt ihnen ein identischer Kündigungssachverhalt zugrunde, dann ist die erste Kündigung abhängig von der Dauer des Bestands des Arbeitsverhältnisses mit bis zu drei Bruttomonatsverdiensten zu bewerten und jede weitere Kündigung ist nicht gegenstandswerterhöhend.

b. Hierunter fallen auch solche Fälle, in denen einer Kündigung in einem nahen zeitlichen Zusammenhang zur Heilung möglicher Unwirksamkeitsgründe – z.B. bei Streit über den Zugang des ersten Kündigungsschreibens oder bei Zweifeln an der ordnungsgemäßen Betriebsratsanhörung zur ersten Kündigung – eine weitere Kündigung mit identischem Kündigungssachverhalt nachgeschoben wird. Auch in diesen Fällen sind alle Kündigungen mit maximal drei Bruttomonatsverdiensten zu bewerten.

2. Wird die Wirksamkeit mehrerer Kündigungen, die keinen unmittelbaren Bezug zueinander haben, mit verschiedenen Beendigungszeitpunkten angegriffen und sind diese in einem zeitlichen Zusammenhang ausgesprochen worden, dann ist die zeitlich erste Kündigung abhängig von der Dauer des Bestands des Arbeitsverhältnisses mit bis zu drei Bruttomonatsverdiensten zu bewerten. Jede weitere Kündigung ist grundsätzlich zunächst mit dem Betrag zu bewerten, der dem durchschnittlichen Verdienst entspricht, den der Arbeitnehmer bei Hinausschieben des Beendigungszeitpunktes aufgrund der weiteren Kündigung mehr bzw. bei Vorschieben des Beendigungszeitpunkts durch diese weniger verdienen würde. Allerdings ist dieser Verlängerungs- bzw. Verkürzungszeitraum auf maximal einen Monatsverdienst begrenzt (Deckelung).

3. Bei Anwendung der vorgenannten Grundsätze spielt es – entgegen der bisherigen Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts – grundsätzlich keine Rolle, ob die unterschiedlich zusammenhängenden Kündigungen in einem einzigen Klageverfahren im Wege der objektiven Klagehäufung (§ 260 ZPO) oder in jeweils selbständigen Klageverfahren angegriffen werden.

4. Die Verpflichtung in einem Vergleich, die Erledigung eines Widerspruchs beim Integrationsamt zu erklären, ist ausgehend vom Hilfswert des § 23 Abs. 3 S. 2 RVG mit 1.000,00 Euro zu bewerten.

5. Für eine in einem Vergleich vereinbarte Freistellung ist es, liegt ein besonderes Beschäftigungsinteresse des Arbeitnehmers nicht vor, regelmäßig sachgerecht, einen Wert in Höhe von 10% des Entgeltes festzusetzen, das der Arbeitgeber an den Arbeitnehmer für die Zeit der Freistellung zu bezahlen hat. Bei der Annahme eines besonderen Beschäftigungsinteresses ist dieser Wert entsprechend den Umständen des Einzelfalles zu erhöhen.

6. Eine in einem Vergleich vereinbarte soziale Auslauffrist ist neben dem Kündigungsschutzantrag nicht gegenstandswerterhöhend.

 

Normenkette

GKG § 42 Abs. 4 S. 1; RVG § 33 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Trier (Beschluss vom 10.04.2007; Aktenzeichen 1 Ca 280/07)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 05.04.2007 – 1 Ca 280/07 – wird auf Kosten der Beschwerdeführer zurückgewiesen.

2. Ein Rechtsmittel ist gegen diese Entscheidung nicht gegeben.

 

Tatbestand

I.

Die Beschwerdeführer begehren die Festsetzung eines höheren Gegenstandswertes für einen Vergleich im Zusammenhang mit dem Ausspruch von jeweils drei in einem Vergleich mit erledigten Kündigungsschutzverfahren sowie drei mit erledigten Widerspruchsverfahren vor dem Integrationsamt.

Der Kläger war bei der Beklagten seit dem 01.10.1991 zu einem durchschnittlichen Bruttomonatsverdienst in Höhe von zuletzt 3.100,00 Euro beschäftigt. Mit seiner vorliegenden Klage hat er sich gegen eine außerordentliche, hilfsweise ordentliche Änderungskündigung der Beklagten vom 21.02.2007 zum 31.08.2007 gewendet (Antrag Ziffer 1), deren Änderungsangebot er mit Anwaltsschreiben vom 23.02.2007 nicht unter Vorbehalt angenommen hat. Darüber hinaus hat er die Feststellung der Unwirksamkeit seiner Versetzung in den Außendienst vom 22.02.2007 (Antrag Ziffer 2) und seine Weiterbeschäftigung (Antrag Ziffer 3) begehrt.

Das Verfahren wurde vor dem Arbeitsgericht durch einen umfassenden Vergleich vom 06.03.2007 erledigt. Die Parteien einigten sich in Ziffer 1 dieses Vergleichs auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist sowie Gewährung einer sozialen Auslauffrist bis zum 31.12.2007. Nach Ziffer 4 des Vergleichs steht dem Kläger in diesem Zeitraum ein Sonderkündigungsrecht zu, wobei sich seine Abfindung für jeden vollen Monat der vorzeitigen Beendigung vor dem 31.12.2007 um je 2.000,00 Euro erhöht. Darüber hinaus verpflic...

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