Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamkeit des Rücktritts von einem Vertrag, mit dem ein Unternehmen sich verpflichtet hat, für die Zahlung der Löhne und Gehälter eines in Insolvenzgefahr befindlichen Unternehmens einzustehen

 

Leitsatz (amtlich)

Wenn sich in einem Vertrag zugunsten Dritter ein Unternehmen verpflichtet, für die Zahlung der Löhne und Gehälter einer anderen in der Insolvenzgefahr befindlichen Firma einzustehen, kann das Unternehmen nicht von dem Vertrag deswegen zurücktreten, weil es nicht wie geplant zu einem Interessenausgleich zwischen dem Betriebsrat und der insolventen Firma gekommen ist, es sei denn, dass der Abschluss eines Interessenausgleichs als Bedingung für den Schuldbeitritt ausdrücklich geregelt ist.

 

Normenkette

BGB § 133

 

Verfahrensgang

ArbG Bayreuth (Entscheidung vom 03.01.2014; Aktenzeichen 4 Ca 441/13)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 23.03.2016; Aktenzeichen 5 AZR 767/14)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Bayreuth vom 03.01.2014, Az.: 4 Ca 441/13 wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Lohnforderungen, die die in der Schweiz ansässige Beklagte aufgrund eines Schuldbeitritts begleichen soll. Die Klägerin war bei der Firma K... GmbH in M... zu einem Stundenlohn von 11,46 € bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden zzgl. anteiliges Urlaubsgeld in Höhe von 52,92 € brutto/Monat und VWL in Höhe von 20,00 € beschäftigt.

Unter dem 14.09.2012 unterbreitete die Firma K... GmbH dem bei dieser gebildeten Betriebsrat ein Angebot zu einer Betriebsvereinbarung wie folgt:

"Angebot zu einer Betriebsvereinbarung

Die Gesellschaft K... GmbH leidet unter den zurückgehenden Umsätzen, die aufgrund der eingebrochenen Konjunktur im Bereich Textil im Besonderen in den Spinnereien in den letzten 6 Monaten zu verzeichnen sind.

Im Besonderen mussten im Bereich des Leitkunden der Ringspinnerei Lieferstopps und ein Umsatzrückgang von - 72 % zum Vorjahr hingenommen werden. Auf der derzeit verfügbaren Produktionsmenge hat eine Spinnerei-Produktion am Standort keine Überlebenschancen.

Die Geschäftsführung strebt daher eine Schließung der Spinnereiproduktion und eine Weiterführung der Färbereiproduktion am Standort M... an. Die gesamte Verwaltung soll von einem verbundenen Unternehmen der Gruppe übernommen werden.

Die Verhandlungsführung der Gesellschaft hat nachgewiesen, dass es der Gesellschaft aus eigenen Mitteln nicht möglich sein wird, den Auslauf der Fertigung ohne Zuführung von Mitteln von außen zu erfüllen.

Die C... AG hat sich bereit erklärt, mit einem Betrag von maximal 1.050.00,00 € eine Betriebsvereinbarung unter den nachfolgenden Voraussetzungen zu ermöglichen:

Dieses vorausgeschickt unterbreitet die Geschäftsführung das folgende Angebot:

1) Von dem derzeit verfügbaren Mitarbeiterstand von 112 Mitarbeitern werden 25 Mitarbeiter der Betriebsabteilung Färberei sowie dem allgemeinen Bereich, Werkstatt, Labor, Versand, Vertrieb weiter beschäftigt.

2) Die Gesellschaft wird die freizusetzenden Mitarbeiter zum 30.09.2012 unter Wahrung der individuellen Kündigungsfrist kündigen.

3) Die durch Kündigungsfristen, in der überwiegenden Mehrzahl bis zu 7 Monate, anfallenden Auslauf-Kosten von ca. 150.000,00 €/Monat werden durch die C... AG abgesichert. (siehe Präambel)

4) Zwischen der Gesellschaft und dem Betriebsrat wird ein Interessensausgleich mit Namensliste und eine Betriebsvereinbarung über einen Sozialplan abgeschlossen.

Dieser wird mit Null € angesetzt.

Ein Sozialplan der diesen Betrag übersteigt würde die Firma zur Beantragung der Insolvenz zwingen.

5) Ansprüche von Mitarbeitern auf Sonderzahlungen jedweder Art können nicht befriedigt werden. Eine entsprechende Verfahrensweise ist zwischen den Tarifpartnern abzustimmen, es sei denn der Verzicht auf die Ansprüche wird durch die Anspruchsberechtigten schriftlich vor Unterzeichnung des Sozialplanes erklärt.

6) Der Restrukturierungstarifvertrag vom 21.11.2011 wird zu gleichen Bedingungen bis zum 30.04.2013 fortgeführt.

7) Die Geschäftsführung setzt voraus, dass eine reduzierte Produktion (Umfang wird noch definiert) bis zum 31.12.2012 dargestellt werden kann. Ohne diese Produktion können die Vorräte nur ungenügend liquidiert werden und dadurch können geplante Finanzmittel zur Erfüllung dieses Angebotes fehlen.

8) Die Geschäftsführung bietet an bis zu 20 geeignete Mitarbeiter in die Spinnerei der L... zu übernehmen."

Entsprechende Betriebsvereinbarungen, insbesondere ein entsprechender Interessensausgleich mit Namensliste und Sozialplan, welche als Entwurf ebenso vorgelegt wurden, wurden mit dem Betriebsrat jedoch nicht abgeschlossen.

Unter dem 20.09.2012 unterzeichneten die Firma K... GmbH und die Beklagte folgenden Vertrag zugunsten Dritter:

"Die Gesellschaft K... GmbH leidet unter den zurückgehenden Umsätzen, die aufgrund der eingebrochenen Konjunktur im Bereich Textil im Besonderen in den Spinnereien in den letzte...

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