Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzbeteiligung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Zahlung einer monatlichen Umsatzbeteiligung, die nicht von der individuellen Leistung des einzelnen Arbeitnehmers abhängt, kann vom ungekündigten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses abhängig gemacht werden.

Dies gilt auch, wenn infolge der Ausweitung des Geschäftsbetriebs die vom Gesamtumsatz abhängige Beteiligung eine Größenordnung von 63 % des normalen Gehalts erreicht.

 

Normenkette

BGB § 611

 

Verfahrensgang

ArbG Würzburg (Urteil vom 11.04.1991; Aktenzeichen 5 Ca 1101/90 A)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 03.05.1994; Aktenzeichen 9 AZR 516/92)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Würzburg, Kammer Aschaffenburg, vom 11.04.1991 – 5 Ca 1101/90 A – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger war bei der Beklagten als Ingenieur beschäftigt. Sein letztes Gehalt belief sich auf monatlich DM 5.540,– brutto. Unter dem 27.03.1990 kündigte er zum 30.09.1990. Zwischen den Parteien ist streitig, ob er auch nach Ausspruch der Kündigung die vertraglich vereinbarte Umsatzbeteiligung verlangen kann, die im Durchschnitt der vergangenen Jahre monatlich DM 3.500,– brutto betrug.

Im Anstellungsvertrag vom 30.11.1978 hatten die Parteien in § 3 u. a. vereinbart:

Entsprechend seiner Tätigkeit wird das Gehalt des techn. Angestellten frei vereinbart, in Anlehnung an den Tarifvertrag der IG Metall. Das monatliche Bruttogehalt, zahlbar jeweils am Letzten des Monats beträgt DM 3.600,–.

Werden dem techn. Angestellten etwaige Gratifikationen gewährt, so wird hierdurch ein Rechtsanspruch auf Weitergewährung nicht begründet.

Es wird eine monatliche Sondervergütung bezahlt, die sich nach dem Netto-Monatsumsatz richtet und in der Regel 1 % des Umsatzes beträgt, wenn dieser über DM 50.000,– liegt. Als Monatsumsatz gilt die Summe der Geldeingänge gemäß der Umsatzsteuer-Voranmeldung.

Liegt der Monatsumsatz unter DM 50.000,–, so kann eine Sondervereinbarung getroffen werden.

Auszahlung erfolgt jeweils einen Monat später.

Diese Sondervergütung schließt eine Weihnachtsgratifikation aus, wobei allerdings ein Gesamtverdienst von 13 Monatsgehältern, außer Überstunden und Vergütung aus Sonderarbeiten, sowie Urlaubsgeld etc., garantiert wird.

Diese Sondervergütung wird nur so lange gewährt, wie das Arbeitsverhältnis ungekündigt besteht.

Diese Vereinbarung gilt jeweils für ein Kalenderjahr und muß jeweils per 1. Januar eines jeden Jahres überprüft und evtl. berichtigt oder ergänzt werden.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, bei der Sondervergütung handele es sich um einen echten Gehaltsbestandteil. Die Klausel, daß die Sondervergütung nur so lange gewährt werde, wie das Arbeitsverhältnis ungekündigt fortbestehe, sei als faktische Kündigungsbeschränkung nach § 622 Abs. 5 BGB unwirksam. Er hat Klage erhoben mit dem Antrag, den Beklagten zu verurteilen, die nach dem Anstellungsvertrag geschuldete Umsatzbeteiligung für die Zeit ab März 1990 bis einschließlich September 1990 abzurechnen und an den Kläger die sich aus der Abrechnung ergebenden Beträge auszubezahlen.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 11.04.1991 die Klage abgewiesen. Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Der Kläger trägt vor,

bereits aus dem Wortlaut des Vertrages ergebe sich, daß es sich bei der Sondervergütung um einen echten Lohnbestandteil handele. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, daß die durchschnittliche Umsatzbeteiligung im Monat DM 3.500,– ausgemacht habe. Wenn man davon ausgehe, daß Entgelt alles sei, wovon der Arbeitnehmer seinen ständigen Lebensunterhalt bestreite, mache die Umsatzbeteiligung einen wesentlichen Teil dieses Entgelts aus. Von einer neben dem eigentlichen Entgelt gezahlten Sondervergütung könne daher keine Rede sein. Vor allem sei auch die Einordnung der Umsatzbeteiligung als Gratifikation nicht möglich.

Soweit das Arbeitsgericht darauf abstelle, die Umsatzbeteiligung könne nur Entgelt sein, wenn sie nach der individuellen Leistung des Arbeitnehmers bemessen werde, könne dem nicht gefolgt werden. Sie habe ausschließlich die Entlohnung erbrachter Arbeitsleistungen zum Gegenstand und verfolge keine darüber hinausgehenden Zwecke. Anders als bei Gratifikationen fehle es an einem Anlaß in der Arbeitnehmersphäre. Es handele sich vielmehr um eine formelle Gewinnbeteiligung, die leitenden Angestellten mit besonders wichtiger Tätigkeit gewährt werde.

Das Arbeitsgericht übersehe, daß bei größeren Betrieben mit vielfältig aufgesplitterten Zuständigkeiten der Beitrag des einzelnen zum Geschäftserfolg kaum mehr richtig bemessen werden könne. Wenn für die Umsatzbeteiligung dann eine individuelle Zuordnung der Leistung des einzelnen Arbeitnehmers nicht mehr möglich sei, dürfe die Umsatzbeteiligung nicht generell als Gratifikation eingeordnet werden. Maßgeblich sei Zweck und Motiv der Zahlung. Da im Anstellungsvertrag zwischen Gratifikationen einerseits und Verdienst und Sondervergütung andererseits unterschieden werde,...

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