Entscheidungsstichwort (Thema)

Feststellung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Über den Antrag auf nachträgliche Zulassung einer verspäteten Kündigungsschutzklage hat stets zunächst das Arbeitsgericht zu entscheiden; das Landesarbeitsgericht kann im Zulassungsverfahren ausschließlich als Beschwerdeinstanz tätig werden.

2. Entscheidet das Arbeitsgericht über den vorsorglichen Antrag auf nachträgliche Zulassung nicht, weil es die Kündigung bereits aus anderen Gründen im Sinne des § 13 Abs. 3 KSchG für rechtsunwirksam erachtet, so ist dieses Urteil auf Berufung hin aufzuheben und die Sache an das Arbeitsgericht zurückzuverweisen, wenn sich im Berufungsverfahren herausstellt, daß die vom Arbeitsgericht bejahten anderen Unwirksamkeitsgründe nicht vorliegen.

 

Normenkette

KSchG §§ 5, 13 Abs. 3; ArbGG § 68

 

Verfahrensgang

ArbG Nürnberg (Urteil vom 13.01.1995; Aktenzeichen 12 Ca 5894/94)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Teilanerkenntnis- und Endurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 13. Januar 1995 – 12 Ca 5894/94 – in den Ziffern 1 und 3 aufgehoben und der Rechtsstreit insoweit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Arbeitsgericht zurückverwiesen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren noch um die Rechtswirksamkeit einer von der Beklagten mit Schreiben vom 27.06.1994 gegenüber der Klägerin ausgesprochenen Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.12.1994.

Die im Jahre 1948 geborene schwerbehinderte Klägerin ist seit dem 11.09.1975 im Betrieb der Beklagten als Bedienung beschäftigt; ihre Vergütung betrug zuletzt im Durchschnitt monatlich DM 1.850,–. Unter dem 13.06.1994 beantragte die Beklagte bei der Regierung von Mittelfranken die Zustimmung zur ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin wegen Beendigung des Pachtvertrags mit der Deutschen Bahn AG zum 31.12.1994. Nachdem die Regierung von Mittelfranken mit Bescheid vom 22.06.1994 der beabsichtigten Kündigung zugestimmt hatte, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 27.06.1994, das der Klägerin am gleichen Tage zuging. Unter den Parteien ist streitig, ob im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung der Beklagten der Zustimmungsbescheid der Regierung von Mittelfranken bereits zugestellt war.

Mit der am 25.07.1994 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin die Unwirksamkeit der Kündigung vom 27.06.1994, den unveränderten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses sowie einen Anspruch auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses geltend gemacht, das sich auf Führung und Leistung erstreckt. Sie hat gerügt, daß ihr die Kündigung während ihrer urlaubsbedingten Abwesenheit, von der die Beklagte informiert gewesen sei, zugestellt worden sei. Sie habe die Kündigung wie auch den Zustimmungsbescheid der Hauptfürsorgestelle erst nach ihrer Rückkehr aus dem Urlaub am 23.07.1994 vorgefunden. Diese Kündigung sei ohne gesetzlichen Grund erfolgt und daher sozial ungerechtfertigt. Es liege auch keine wirksame Zustimmung der Hauptfürsorgestelle vor Ausspruch der Kündigung vor; jedenfalls sei der Zustimmungsbescheid nicht vor Ausspruch der Kündigung an die Beklagte zugestellt worden. Die Frist zur Klageerhebung sei gewahrt, da diese gemäß § 4 Satz 4 KSchG erst im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Entscheidung der Hauptfürsorgestelle an die Klägerin zu laufen beginne. Für den Fall, daß die Frist nicht gewahrt sein sollte, beantrage sie die nachträgliche Zulassung der Klage.

Das Arbeitsgericht hat, nachdem die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 13.01.1995 den Anspruch auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses anerkannt hatte, am gleichen Tage folgendes Teilanerkenntnis- und Endurteil verkündet:

  1. Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 27.06.1994 nicht aufgelöst ist, sondern unverändert fortbesteht.
  2. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin ein Zwischenzeugnis zu erteilen, das sich auf Führung und Leistung bezieht.
  3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
  4. Der Streitwert wird auf DM 7.400,00 festgesetzt.

Auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe dieses Urteils wird verwiesen. Das Arbeitsgericht hält das Feststellungsbegehren der Klägerin schon deswegen für begründet, weil die Beklagte, keinen hinreichend substantiierten Tatsachenvortrag gebracht habe, der die rechtliche Schlußfolgerung auf das Vorliegen einer rechtswirksamen Zustellung des Zustimmungsbescheids der Hauptfürsorgestelle an die Beklagte vor Ausspruch der Kündigung zulasse. Soweit die Beklagte erstmals in der Sitzung vom 13.01.1995 vorgetragen habe, der Bescheid sei zwischen dem 23. und 27.06.1995 zugestellt worden, genüge dieser pauschale Vortrag nicht den Anforderungen einer substantiierten Einlassung. Es hätten dazu zumindest der Zustellungstag, die Zustellungsart und der Zustellungsort angegeben werden müssen.

Mit der am 06.03.1995 eingelegten und am 27.03.1995 begründeten Berufung gegen dieses ihr am 08.02.1995 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts verfolgt die Beklagte ihr...

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