Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Aus der Regelung des § 1 Abs. 5 KSchG i. d. Fassung vom 24.03.1997 ergibt sich auch nicht im Wege der Auslegung, daß – im Falle des Abschlusses eines Interessenausgleichs mit erstellter Namensliste der von einer Kündigung betroffenen Arbeitnehmer nach § 112 BetrVG – die Anhörung des Betriebsrats nach § 102 BetrVG vor Ausspruch konkreter Kündigungen aus der Namensliste entbehrlich wäre. Solches läßt sich auch nicht aus dem Gesichtspunkt der Vermeidung rechtsförmelnder Betrachtungsweise rechtfertigen.

2. Das Verfahren nach § 112 BetrVG kann allerdings mit dem Anhörungsverfahren nach § 102 BetrVG verbunden werden, wenn dies ausdrücklich geregelt ist. In diesem Fall müssen weiterhin alle Voraussetzungen des Verfahrens nach § 102 BetrVG erfüllt sein.

3. Die Berufungskammer hat Bedenken, ob eine konkludente Verbindung des Anhörungsverfahrens mit dem Verfahren nach § 112 BetrVG möglich ist. Dies grundsätzlich zu entscheiden, bestand jedoch mangels entsprechenden Parteivortrags kein Anlaß.

 

Normenkette

KSchG § 1 Abs. 5 Fassung: 24.03.1997; BetrVG §§ 102, 112

 

Verfahrensgang

ArbG Würzburg (Urteil vom 19.11.1997; Aktenzeichen 6 Ca 728/97 A)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen des Endurteil des Arbeitsgerichts Würzburg – Kammer Aschaffenburg – vom 19.11.1997 Az.: 6 Ca 728/97 A – wird auf Kosten der Berufungsführerin zurückgewiesen.

2. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen eine ordentliche betriebsbedingte Arbeitgeberkündigung datiert vom 25.03.1997, dem Kläger zugegangen am 04.04.1997, zum 30.06.1997.

Er war seit 09.04.1990 als Metallarbeiter bei der Beklagten gegen eine durchschnittliche Monatsvergütung von DM 3.500,– beschäftigt.

Am 24.03.1997 unterzeichneten die Geschäftsführung der Beklagten und der Betriebsrat bei der Beklagten, eine Betriebsvereinbarung über einen Interessenausgleich und Sozialplan (in Kopie der Akte beigegeben auf Blatt 16 mit 21), wobei diesem Interessenausgleich und Sozialplan nach dem Vortrag der Beklagten eine Liste „Übersicht zur Maßnahmenliste” mit Datum vom 19.03.1997 beigegeben war, in der insgesamt 78 Arbeitnehmer namentlich mit Kostenstelle, Eintritt, Geburtsdatum und Familienstand aufgeführt sind (Bl. 74 mit 75 d.A.). Ob diese (nicht von beiden Betriebspartnern unterschriebene) Liste mit dem Interessenausgleich fest (z. B. durch Heftung) verbunden war, ist zwischen den Parteien streitig.

Das Arbeitsgericht Würzburg – Kammer Aschaffenburg – hat am 19.11.1997 unter dem Aktenzeichen 6 Ca 728/97 A folgendes Endurteil erlassen:

  1. Es wird festgestellt, daß das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 25.03.1997 nicht zum 30.06.1997 aufgelöst ist.
  2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
  3. Der Streitwert wird auf DM 10.500,– festgesetzt.

Das Arbeitsgericht hat die Kündigung für rechtsunwirksam erachtet, da der Betriebsrat gemäß § 102 BetrVG nicht bzw. nicht ordnungsgemäß angehört worden sei. Im weiteren wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe dieses der Beklagten am 26.11.1997 zugestellten Endurteils verwiesen.

Hiergegen legte diese mit Schriftsatz vom 19.12.1997 eingegangen beim Landesarbeitsgericht am 22.12.1997 Berufung mit gleichzeitiger Begründung ein.

Die Beklagte trägt in ihrer Berufungsbegründung vom 19.12.1997 – auf welche hinsichtlich weiterer Einzelheiten verwiesen wird – im wesentlichen vor, die Auffassung des Arbeitsgerichts sei nach Meinung der Beklagten nicht haltbar.

Die Beklagte habe die Anhörung des Betriebsrats weder fehlerhaft betrieben, noch sei eine nicht ordnungsgemäße Unterrichtung des Betriebsrats vor Ausspruch der Kündigung erfolgt. Im Berufungsverfahren werden nochmals ausdrücklich unter Beweisantrag gestellt, dass wegen der wirtschaftlichen Situation bei der Beklagten zwischen den ersten Besprechungen im Februar 1997 und im endgültigen Interessenausgleich am 24.03.1997 wiederholt mündlich und schriftlich an Hand verschiedener Listen zwischen der Beklagten und dem Betriebsrat über die mit Maßnahmen betroffenen Arbeitnehmer verhandelt worden sei. Ausgangspunkt sei eine als Liste „A” bezeichnete Zusammenstellung verschiedener Arbeitnehmer gewesen. Daraus habe sich die Hausmitteilung vom 07.03.1997 als Liste „B” sowie je eine weitere Liste vom 14.03.1997 und 17.03.1997 entwickelt.

Die vorstehenden Listen haben schließlich zu der beigefügten Liste 1 und 2 vom 19.03.1997 mit den letzlich genannten aufgeführten 78 Personen, von denen 72 Arbeitnehmer betriebsbedingt gekündigt worden seien, geführt.

Die Betriebsrat sei in jede Phase der Entstehung der jeweiligen Listen eingebunden gewesen. Mit dem Betriebsrat sei mündlich jede einzelne auf den jeweiligen Listen genannte Person hinsichtlich ihrer Sozialdaten besprochen worden. Dabei seien auch Personalentscheidungen hinsichtlich von Versetzungen und Umbesetzungsmöglichkeiten zwischen der Beklagten und dem Betriebsrat ausführlich behandelt worden. Vor U...

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