Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitsentgelt. Nachtarbeit in Wechselschicht. Nachtschichtzulage. Tarifauslegung

 

Leitsatz (redaktionell)

Nach § 8 des Manteltarifvertrags für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Einzelhandels in Bayern v. 02.09.1996 i.d.F.v. 01.01.2000 kann Nachtarbeit in Wechselschicht mit einem geringeren Zuschlag vergütet werden als reine Nachtarbeit, da regelmäßig wechselnde Schichten weniger belastend für den Arbeitnehmer sind.

 

Normenkette

BGB § 611

 

Verfahrensgang

ArbG Bayreuth (Urteil vom 24.10.2001; Aktenzeichen 3 Ca 228/01 H)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 22.10.2003; Aktenzeichen 10 AZR 3/03)

 

Tenor

Die Berufungen der Kläger gegen die Endurteile des Arbeitsgerichts Bayreuth, Kammer Hof, vom 24.10.2001, Az.: 3 Ca 228/01 H und Az.: 3 Ca 229/01 H, werden auf Kosten der Berufungsführer zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Zahlung eines tariflichen Nachtzuschlags.

Die Kläger sind bei der Beklagten als Auslieferungsfahrer beschäftigt. Auf die Arbeitsverhältnisse finden kraft Tarifbindung die tariflichen Regelungen des Einzelhandels in Bayern Anwendung. Die hier einschlägigen Bestimmungen des Manteltarifvertrags (MTV), gültig ab 01.01.2000 lauten:

§ 7

Ziffer 2 Nachtarbeit ist die Arbeit in der Zeit zwischen 20.00 Uhr und 06.00 Uhr. Ziffer 3, Satz 1

Nachtarbeit gemäß Ziffer 2 sowie Arbeit an Sonn- und Feiertagen ist gemäß §§ 6 (Mehrarbeit) und 8 (Zuschlagsregelungen) abzugelten.

§ 8

Ziffer 1

Mehr-, Nacht-, Spätöffnungs-, Sonntags- und Feiertagsregelungen sowie Schichtarbeit ist mit folgenden Zuschlägen zu vergüten:

a) Mehrarbeit

25 %

b) Mehrarbeit ab der 19. Arbeitsstunde im Monat

40 %

c) Nachtarbeit

50 %

d) Nachtarbeit, soweit es sich um Mehrarbeit handelt

60 %

e) Sonntagsarbeit

100 %

f) Sonntagsarbeit aufgrund der Ausnahmeregelungen gemäß § 14 Ladenschlussgesetz

150 %

g) Arbeit an gesetzlichen Wochenfeiertagen

150: %

h) Wechselschichtarbeit, bei der sich die Schichten turnusgemäß ablösen, soweit es sich um Nachtarbeit handelt, dies gilt nicht bei verkaufsbetonter Wechselschichtarbeit

15 %

i) Spätöffnungsbedingte Arbeit (i. S.v. § 8 Ziff. 2)

20 %

Bis 31.03.2001 waren die Fahrten so eingeteilt, dass sie eine Woche nachts zwischen 01.00 Uhr und 06.00 Uhr und eine Woche tagsüber begannen. Seit dem 01.04.2001 richtet sich der Arbeitseinsatz nach der Betriebsvereinbarung vom 27.03.2001, wonach die Einteilung in drei Tourengruppen erfolgt. Arbeitsbeginn bei Tourengruppe 1 liegt dabei zwischen 02.00 Uhr und 05.00 Uhr, Arbeitsbeginn der Tourengruppe 2 zwischen 08.30 Uhr und 12.00 Uhr und Arbeitsbeginn in der Tourengruppe liegt zwischen 13.00 Uhr und 15.00 Uhr. Bezüglich des genauen Inhalts der Betriebsvereinbarung wird auf Blatt 23 d.A. verwiesen. Die Einteilung in die Tourengruppe erfolgte jeweils vier Wochen im voraus. Wann genau der tägliche Beginn der Tour lag, erfuhr der Arbeitnehmer jeweils am Vortag. Soweit die Kläger zur Nachtarbeit eingeteilt waren, erhielten sie einen Nachtzuschlag von 15 %.

Mit der vorliegenden Klage verlangen die Kläger für die Stunden, die sie nachts arbeiten mussten, einen höheren Zuschlag als 15 %, nämlich insgesamt 50 %. Die Kläger tragen vor, es handelt sich vorliegend nicht um Wechselschicht im Sinne der tariflichen Bestimmung, sondern um reine Nachtarbeit.

Auf die entsprechenden Klagen hat das Arbeitsgericht Bayreuth, Kammer Hof, mit Urteilen vom 24.10.2001 die Klagen abgewiesen.

Die Urteile wurden den Klägern am 06.12.2001 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 07.01.2002, eingegangen beim Landesarbeitsgericht Nürnberg am selben Tag, haben die Kläger gegen diese Urteile Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 07.03.2002, eingegangen beim Landesarbeitsgericht Nürnberg am selben Tage, begründet, wobei die Berufungsbegründungsfristen jeweils bis zum 07.03.2002 verlängert waren.

Die Kläger meinen, es läge keine Wechselschicht im Sinne des Tarifvertrages vor, da die Tourengruppen sich nicht in ihrer Arbeitsaufgabe ablösen, sondern um einige Stunden zeitversetzt nebeneinander laufen würden. Die Schichtpläne seien darüber hinaus keine Schichtpläne mit Uhrzeitangabe, sondern lediglich mit Angabe einer Tourengruppe, deren Zeiteinsatz täglich flexibel disponiert werde. Von einem Arbeitsplan könne deswegen keine Rede sein. Die Arbeitszeit ergebe sich im Einzelnen immer erst auf telefonische oder mündliche Rücksprache am Vortag. Es gebe keinen gleichen Rhythmus zwischen Arbeitsbeginn und Arbeitsende, sondern nur einen Wechsel für den einzelnen Arbeitnehmer bezüglich des Beginns der Arbeit in der Nacht, am Vormittag oder Nachmittag. Es fehle daher das. Merkmal einer „turnusgemäßen” Schicht. Die Belastungen seien für die Arbeitnehmer deshalb wesentlich höher als bei einer vom Tarifvertrag vorgesehenen Wechselschicht, so dass, wenn Nachtarbeit vorliege, nicht nur die tariflich vorgesehene Zulage von 15 %, sondern eine Zulage von 50 %, wie sie der Tarifvertrag für Nachtarbeit vorsehe, vorliegend zu zahlen sei.

Die Kläger haben daher beantragt...

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