Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitsvergütung. Schadensersatz. Insolvenzverschleppung. Höhe des Schadens eines Arbeitnehmers durch Verschleppung der Insolvenz des Arbeitgebers

 

Leitsatz (amtlich)

Der Arbeitnehmer ist Neugläubiger bezüglich der Ansprüche aus Arbeit, die er nach der Insolvenzreife seines Arbeitgebers leistet. Als Neugläubiger hat er lediglich Anspruch auf Ersatz des negativen Interesses. Der zu ersetzende Schaden umfasst somit nicht die entgangene Arbeitsvergütung. Der Arbeitnehmer hat den ihm entstandenen (sonstigen) Schaden darzulegen.

 

Normenkette

InsO § 15; BGB § 823 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Bamberg (Entscheidung vom 29.03.2011; Aktenzeichen 4 Ca 215/10)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Bamberg - Kammer Coburg - vom 29.03.2011 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche.

Der Kläger war bei der Firma K... GmbH & Co. KG als Arbeitnehmer beschäftigt. Persönlich haftende Gesellschafterin war die K... Verwaltungs GmbH. Deren Geschäftsführer waren Herr S... K... und der Berufungsbeklagte (i.F.: Beklagter).

Der Beklagte stellte am 02.04.2009 beim Amtsgericht Coburg Insolvenzantrag. Das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Firma K... GmbH & Co. KG wurde am 15.05.2009 eröffnet. Der Kläger meldete am 23.06.2009 für den Zeitraum 01.12.2008 bis 14.02.2009 Lohnforderungen in Höhe von 4.547,50 € sowie hierauf entfallende Zinsen in Höhe von 66,90 € zur Insolvenztabelle an.

Mit der vorliegenden, beim Arbeitsgericht Bamberg erhobenen Klage macht der Kläger gegen den Beklagten sowie den Geschäftsführer K... die zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderungen geltend. Das Verfahren ist bezüglich Herrn K... seit 22.09.2010 gemäß § 240 ZPO unterbrochen.

Das Arbeitsgericht Bamberg wies die Klage gegen den Beklagten mit Teilurteil vom 29.03.2011 ab.

Das Teilurteil wurde dem Kläger am 25.05.2011 zugestellt.

Der Kläger legte gegen das Teilurteil am 08.06.2011 Berufung ein und begründete sie am 04.08.2011. Die Berufungsbegründungsfrist war bis 05.08.2011 verlängert worden.

Der Kläger macht geltend, der Beklagte habe gegen die Verpflichtung verstoßen, im Fall der Überschuldung unverzüglich die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen.

Er trägt vor, die Schuldnerin sei bereits am 01.12.2008 zahlungsunfähig und/oder überschuldet gewesen. Sie habe bereits Ende 2008 nicht mehr über Mittel verfügt, die ausgereicht hätten, die aufgelaufenen Verbindlichkeiten zu erfüllen. Hätte der Beklagte bereits im Dezember, spätestens im Januar 2009 pflichtgemäß Insolvenzantrag gestellt, hätte er, der Kläger, keinen Vermögensverlust erlitten. Das verdiente Arbeitsentgelt wäre für den Zeitraum 01.12.2008 bis 28.02.2009 durch das Insolvenzgeld abgedeckt gewesen. Durch die verspätete Insolvenzantragstellung habe er im Ergebnis seine Arbeitsleistung zwar vertragsgemäß erbracht, jedoch keinerlei Vergütung oder Insolvenzgeld erhalten. Insolvenzgeld habe er nur für den Zeitraum 15.02.2009 bis 15.05.2009 bezogen.

Der Kläger beantragt:

I. Auf die Berufung des Klägers vom 01.06.2011 wird das Urteil des Arbeitsgerichtes Bamberg vom 29.03.2011, Az. 4 Ca 215/10, abgeändert und der Beklagte verurteilt, an den Kläger EUR 4.614,40 zu zahlen.

II. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte beantragt:

1. Die Berufung wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger und Berufungskläger hat die Kosten zu tragen.

Der Beklagte macht geltend, zum streitgegenständlichen Zeitpunkt habe Insolvenzreife nicht vorgelegen. Ein ersatzfähiger Schaden liege nicht vor.

Eine Beweisaufnahme hat nicht stattgefunden.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft, § 64 Absatz 1 und 2 b) ArbGG, sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, § 66 Absatz 1 ArbGG.

Die Berufung ist nicht begründet.

Der Kläger hat, wie das Erstgericht zutreffend ausgeführt hat, keinen Anspruch auf die für den Zeitraum 01.12.2008 bis 14.02.2009 geltend gemachte Vergütung, § 823 Absatz 2 BGB iVm § 15a InsO.

Geschäftsführer einer GmbH haften grundsätzlich nicht persönlich. Die Haftung für Verbindlichkeiten der Gesellschaft ist nach § 13 Abs. 2 GmbHG auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt. GmbH-Geschäftsführer trifft nur dann ausnahmsweise eine Eigenhaftung, wenn es einen besonderen Haftungsgrund gibt (vgl. Bundesarbeitsgericht - Urteil vom 23.02.2010 - 9 AZR 44/09 = BAGE 133/213 und NZA 2010/1418).

Ein solcher Haftungsgrund ist zwar in § 823 Absatz 2 BGB iVm § 15a InsO zu sehen. Die dortigen Voraussetzungen liegen indes nicht vor.

Ein Schadensersatzanspruch nach § 823 Absatz 2 BGB setzt zum einen voraus, dass die Verletzung einer Rechtspflicht vorliegt, zum anderen, dass die Rechtsverletzung den geltend gemachten Schaden herbeigeführt hat. Der Anspruchsteller hat die Tatsachen vorzutragen und gegebenenfalls zu beweisen, die seinen erhobenen Anspruch stützen sollen (vgl. Bundesgerichtshof - Urteil vom 15....

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