Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitsentgelt

 

Verfahrensgang

ArbG Nürnberg (Urteil vom 27.09.2000; Aktenzeichen 7 Ca 942/00 W)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg, Gerichtstag Weißenburg vom 27.09.2000, AZ 7 Ca 942/00 W abgeändert.

2. Die Klage wird abgewiesen.

3. Die Klägerin trägt die Kosten des gesamten Rechtsstreits.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über den Anspruch auf eine tarifliche Einmalzahlung vor dem Hintergrund der Verrechnung einer übertariflichen Zulage.

Die Klagepartei ist eine langjährig beschäftigte gewerbliche Arbeitnehmerin der Beklagten, einem Unternehmen der Bekleidungsindustrie. Sie ist teilzeitbeschäftigt mit 25 Wochenstunden. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft Organisationszugehörigkeit die Tarifverträge der bayerischen Bekleidungsindustrie Anwendung. Nachdem der vorherige Lohntarifvertrag zum 30.04.1999 geendet hatte, schlossen die Tarifvertragsparteien am 26.05.1999 einen neuen Lohntarifvertrag für die arbeiterrentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmer der Bekleidungsindustrie Bayerns (LTV-Bekleidung). Dort war vereinbart, dass die Tariflöhne ab 01.08.1999 um 3,1 % erhöht werden sollten. Weiter wurde im § 2 Ziff. 4 geregelt, dass alle Vollzeitbeschäftigten eine Einmalzahlung von DM 200,– erhalten, die im Juli 1999 auszuzahlen ist. Für Teilzeitbeschäftigte und solche Arbeitnehmer, die im Zeitraum Mai bis Juli 1999 keinen vollen Entgeltanspruch erwerben oder in dieser Zeit aus- oder eintreten, waren zeitanteilige Quoten in Bezug auf die Einmalzahlung festgelegt.

Im Betrieb der Beklagten ist ein Betriebsrat gebildet. Anlässlich der Umstellung von Leistungslohn auf Zeitlohn schlossen die Betriebspartner unter dem 30.04.1998 folgende Betriebsvereinbarung, die u.a. in Ziff. 3 folgendes enthielt:

Bei der Tariferhöhung im Juli 1998 werden die Zulagen voll verrechnet. Ab 1999 werden die Zulagen nur zur Hälfte angerechnet, das heißt, es wird die halbe Tariferhöhung gezahlt. Dies erfolgt so lange, bis die Zulagen völlig aufgebraucht sind.

Bis zum 30.04.1999 setzte sich der Gesamtstundenlohn (DM 18,45) der Klagepartei aus dem Tarifstundenlohn der Lohngruppe IV und einer übertariflichen Zulage (ÜTZ) von DM 2,31/Std. zusammen. Entsprechend der obigen Betriebsvereinbarung verrechnete die Beklagte bei der tariflichen Einmalzahlung die anteilige Hälfte (DM 67,56) aus der ÜTZ und zahlte nur (anteilig wegen Teilzeit) DM 67,56 an die Klagepartei. Unstreitig hat die Klagepartei jedoch in den Monaten Mai bis Juli 1999 einen höheren Gesamtlohn als den Tariflohn nach dem LTV-Bekleidung erhalten, gleichviel ob die Einmahlzahlung allein dem Tariflohn Juli 1999 oder anteilig (DM 45,04) jeweils den drei Monaten zugerechnet wird.

Wegen des verrechneten Teils (DM 67,56) der Einmalzahlung hat die Klagepartei Zahlungsklage erhoben. Das Arbeitsgericht Nürnberg, Gerichtstag Weißenburg hat der Klage stattgegeben und dies damit begründet, dass die tarifliche Einmalzahlung eine Lohnerhöhung eigener Art sei, die deshalb einer Verrechnung mit übertariflichen Zulagen nicht zugänglich sei. Durch die Anrechnung würde der Wille der Tarifparteien unterlaufen, dass alle Arbeitnehmer unabhängig von der individuellen Lohngruppe einen Festbetrag erhalten sollten. Wegen der weiteren Einzelheiten zum erstinstanzlichen Prozessgeschehen wird auf den Inhalt der angegriffenen Entscheidung verwiesen.

In der formell ordnungsgemäßen Berufung hat die Beklagte geltend gemacht, für die streitige Forderung bestehe keine Anspruchsgrundlage, insbesondere habe die Beklagte mit der Verrechnung nicht gegen zwingendes Tarifrecht verstoßen. Unstreitig sei der Klagepartei im einschlägigen Zeitraum mehr als der Tariflohn vergütet worden. Wenn lineare Tariferhöhungen nach allgemeiner Meinung mit übertariflichen Zahlungen verrechnet werden können, sei kein Grund ersichtlich, warum dies bei tariflichen Einmalzahlungen über das bisherige tarifliche Niveau hinaus nicht möglich sein sollte. Eine unterschiedliche Behandlung sei nicht gerechtfertigt. Ein Lohntarifvertrag sichere nur die Mindestvergütung. Dort allein liege auch die Zuständigkeit der Tarifvertragsparteien. Ein Zugriff auf die Effektivlohnhöhe sei ihnen jedoch verwehrt. In die individualrechtliche Lohnvereinbarung könnten die Tarifvertragsparteien mangels Regelungsmacht nicht eingreifen.

Im Berufungsrechtszug sind durch Beschluss vom 12.03.2001 zu dem führenden Verfahren 1 Sa 867/00 die Verfahren 2 Sa 822/00, 3 Sa 838/00, 5 Sa 865/00, 6 Sa 66/00, 7 Sa 820/00 und 8 Sa 821/00 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden worden, wobei nachfolgend das hiesige Verfahren wieder abgetrennt wurde.

Dieserhalb hat die Beklagte im Berufungsverfahren folgende Anträge gestellt:

  1. Das Endurteil der Arbeitsgerichts Nürnberg vom 27.09.2000, AZ: 7 Ca 942/00 W wird abgeändert.
  2. Die Klage wird abgewiesen.

Die Klagepartei hat hingegen beantragt,

die Berufung der Beklagten gegen das vorliegende Endurteil vom 27.09.2000 k...

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