unanfechtbar

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

einstweilige Verfügung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Zurückweisung eines Antrags auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung kann auch im Rahmen eines Beschlußverfahrens nur in dringenden Fällen ohne mündliche Verhandlung erfolgen.

 

Normenkette

ArbGG § 85 Abs. 2, § 62 Abs. 2 S. 2; ZPO § 937 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Weiden (Beschluss vom 11.02.1998; Aktenzeichen 1 BVGa 2/98)

 

Tenor

1. Der Beschluß des Arbeitsgerichts Weiden/Opf. vom 11.02.1998, Aktenzeichen 1 BVGa 2/98, in der Fassung des Nichtabhilfe- und Vorlagebeschlusses vom 27.02.1998 wird aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuerlichen Entscheidung aufgrund einer Anhörung der Beteiligten an das Arbeitsgericht zurückverwiesen.

 

Tatbestand

I.

Der Antragsteller – Betriebsrat bei der Antragsgegnerin – begehrt zuletzt noch, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung zu verpflichten, sämtliche Einsatzpläne für die Arbeitszeiten der Beschäftigten in den Abteilungen Allgemeiner Markt, Food, Non-Food, Metzgerei/Fisch/Käse, Obst und Gemüse, Kasse, jeweils 1 Monat vor Beginn des Arbeitseinsatzes der jeweiligen Arbeitnehmerinnen auszuhängen (= mindestens für die Dauer von vier Wochen) und für jeden Fall der Zuwiderhandlung Ordnungsgeld ersatzweise Ordnungshaft anzudrohen.

Der Antragsteller stützt sein Verlangen auf eine Betriebsvereinbarung „Arbeitszeit” vom 29.01.1998, § 9 dieser Betriebsvereinbarung lautet:

„Die Einsatzpläne werden durch die Geschäftsleitung mit Berücksichtigung der Belange der Arbeitnehmer/-innen im Verhältnis zu den betrieblichen Interessen gestaltet und einen Monat im voraus ausgehängt. Der Betriebsrat wird unter Berücksichtigung des Mitbestimmungsrechtes über jede Änderung informiert.”

Der Antragsteller hat ein an ihn gerichtetes Schreiben der Geschäftsleitung der Antragsgegnerin vom 05.02.1998 vorgelegt. Das Schreiben hat folgenden Inhalt:

„Umsetzung Einsatzplan 4 Wochen im Voraus

Sehr geehrte Damen,

wie wir Ihnen bereits mündlich mitgeteilt haben, sieht sich die Geschäftsleitung aufgrund von vehementer Mitarbeiterreaktionen nicht in der Lage, diesen Punkt in der Betriebsvereinbarung Arbeitszeit zu erfüllen.

Selbstverständlich wird sich die Geschäftsleitung weiterhin bemühen den gewünschten Erfolg zu erzielen.”

Das Arbeitsgericht hat den Antrag auf Erlaß der begehrten einstweiligen Verfügung durch einen ohne mündliche Verhandlung zur Anhörung erlassenen Beschluß mit der Begründung zurückgewiesen, es fehle am Verfügungsgrund; durch die zeitweilige Nichterfüllung des dem Antragsteller zustehenden Verfügungsanspruchs drohten keine schwerwiegenden Nachteile. Die Antragsgegnerin wurde bei dem Verfahren nicht beteiligt.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde des Antragstellers. Für den Betriebsrat stelle die Verweigerung der Erstellung und des Aushangs der Einsatzpläne für Gegenwart und Zukunft einen schwerwiegenden Nachteil dar. Im übrigen würde seitens der Antragsgegnerin gegen die Betriebsvereinbarung und die Einsatzpläne sowie gegen den Betriebsrat selbst eine regelrechte Kampagne durchgeführt. Auf den Inhalt der Beschwerdebegründung im einzelnen wird Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde des Antragstellers nicht abgeholfen, es seien nach wie vor keine schwerwiegenden Nachteile erkennbar, die den Erlaß einer einstweiligen Verfügung rechtfertigten. Auf den Inhalt des arbeitsgerichtlichen Nichtabhilfe- und Vorlagebeschlusses wird Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Beschwerde hat – zumindest vorläufig – auch in der Sache Erfolg, weil das Arbeitsgericht den Antrag nicht, ohne mündliche Anhörung der Beteiligten vor der Kammer hätte zurückweisen dürfen. Die Beschwerdekammer folgt hierbei der Rechtsauffassung des Landesarbeitsgerichts Sachsen (Beschluß vom 08.04.1997, NZA 98, 223 f).

Nach § 62 Abs. 2 Satz 1 ArbGG finden auf die Zwangsvollstreckung einschließlich des Arrestes und der einstweiligen Verfügung die Vorschriften des 8. Buchs der Zivilprozeßordnung Anwendung. Nach § 937 Abs. 2 ZPO kann die Entscheidung über den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung in dringenden Fällen sowie dann, wenn der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen ist, ohne mündliche Verhandlung ergehen. Diese Vorschrift wird jedoch für das arbeitsgerichtliche Verfahren durch die Sonderregelung in § 62 Abs. 2 Satz 2 ArbGG verdrängt. Danach kann die Entscheidung über den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung in dringenden Fällen, auch dann, wenn der Antrag zurückzuweisen ist, ohne mündliche Verhandlung ergehen. Dies bedeutet nichts anderes, als daß der Gesetzgeber für das arbeitsgerichtliche Verfahren auf das Merkmal der Dringlichkeit nicht verzichten wollte und bestätigt sich übrigens auch nach der Begründung des Gesetzgebers zu der aufgrund des Rechtspflege-Vereinfachungsgesetzes vom 17.12.1990 (BGBl. I, 2847) neu gefaßten Regelung des § 62 Abs. 2 Satz 2 ArbGG (Bundestagsdrucksache 11/3621, S. 56 f). Etwas anderes würde sich auch nicht bei einer Anwendung der Regelung...

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