Entscheidungsstichwort (Thema)

Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates bei der Durchführung betrieblicher Bildungsmaßnahmen. Unbegründeter Unterlassungsantrag des Betriebsrates zur Freistellung von Beschäftigten für ein das gegenseitige Verständnis und Zusammengehörigkeitsgefühl stärkendes “Teamevent"

 

Leitsatz (amtlich)

Ein "Teamevent" ohne systematische oder didaktische Vermittlung eines Lernzieles stellt keine Bildungsmaßnahme im Sinne von § 98 BetrVG dar.

 

Normenkette

BetrVG § 98 Abs. 3-4

 

Verfahrensgang

ArbG Würzburg (Aktenzeichen 10 BV 10/16)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Würzburg, Kammer Aschaffenburg, Az.: 10 BV 10/16, wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten im Wesentlichen um das Vorliegen eines Mitbestimmungsrechtes des antragstellenden Betriebsrates wegen Durchführung betrieblicher Bildungsmaßnahmen nach § 98 BetrVG.

Der Antragsteller und Beteiligte zu 1) ist der bei der Antragsgegnerin und Beteiligten zu 2) für den Standort G... gebildete elfköpfige Betriebsrat. Die Arbeitgeberin ist ein Logistikunternehmen der H...-Gruppe und betreibt in Deutschland die Standorte A... und G...; von letzterem aus werden die süddeutschen Filialen der Unternehmensgruppe mit Ware beliefert.

In einer Sitzung am 23.11.2015 teilte die Arbeitgeberin dem Betriebsrat mündlich mit, dass man am 25.11.2015 ein so genanntes Teamevent mit den Group-Leadern der Abteilungen Pick und Versand durchführen werde.

Am 25.11.2015 nahmen neun Group-Leader sowie die Department Managerin aus der Abteilung Pick in F... auf Kosten der Arbeitgeberin an einem Teamevent teil, das von dem Veranstalter E... Event durchgeführt wurde. Die Teilnahme war auf die Führungskräfte der Pick-Abteilung beschränkt.

Bei dem Teamevent handelt es sich um ein Spiel mit dem Namen "Exit the Room", welches den Teamgeist und das Zusammengehörigkeitsgefühl der Mitarbeiter anspricht. Bei dem Event am 25.11.2015 haben die Teilnehmer das Spiel in dem Raum "Biohazard" absolviert. Es wurden zwei Mannschaften gebildet, welche jeweils nacheinander in den Raum "Biohazard" mussten, um dort innerhalb von 60 Minuten in einem nachgestellten Chemielabor eine Aufgabe zu lösen. Neben der Absolvierung dieses Spiels sowie einem gemeinsamen Frühstück der Teilnehmer gab es keine weitere Agenda für diesen Tag (hinsichtlich der genaueren Funktionsweise von "Exit the Room" wird auf die als Anlage AG 1 zum Schriftsatz der Antragsgegnerinvertreter vom 03.03.2016 in Kopie eingereichte Beschreibung, Bl. 26 ff. d.A., Bezug genommen).

Der Betriebsrat hat bei der Sitzung am 23.11.2015 nachgefragt, ob er ebenfalls ein solches Teamevent bekomme oder eine Klausurtagung.

Mit Schreiben vom 04.12.2015 fragte der Betriebsrat die Arbeitgeberin, welcher Zeitraum für das Event vorgesehen sei, ob die Teilnahme freiwillig oder verpflichtend sei, ob weitere Events für Group-Leader geplant seien und ob die Reisezeit ebenfalls vergütet werde. Die Arbeitgeberin beantwortete unter dem 15.12.2015 diese Anfragen dahin, dass der Zeitraum 7,5 Stunden betrage, die Teilnahme verpflichtend sei, weitere Events eventuell geplant seien und die Reisezeit ebenfalls vergütet werde (vgl. Bl. 31 d.A.).

Wegen der Anträge der Beteiligten und ihres näheren Vorbringens im erstinstanzlichen Verfahren wird auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat die Anträge als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht unter Angabe zahlreicher Fundstellen ausgeführt, dass unbeschadet der Frage, ob es sich bei dem Teamevent vom 25.11.2015 überhaupt um eine betriebliche Bildungsmaßnahme im Sinne des § 98 BetrVG handele, der Antrag als Globalantrag unbegründet ist, weil er auch Konstellationen wie die Vorliegende umfasst, in der ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats mangels eigenen Teilnehmervorschlags nicht eingreift.

Die Begründetheit eines Globalantrages, mit dem eine Unterlassung einer bestimmten Handlung für eine Vielzahl denkbarer Fallgestaltungen begehrt wird, setzt voraus, dass die Unterlassung für alle erfassten Fallgestaltungen tatsächlich verlangt werden kann. Ist dies nur teilweise nicht gegeben, muss der Antrag insgesamt als unbegründet zurückgewiesen werden.

Der Antrag kann - im Gegensatz zu der dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 18.03.2014, Az. 1 ABR 77/12, zugrundeliegenden Fallgestaltung - auch nicht einschränkend dahin ausgelegt werden, dass er sich nur auf solche Fallgestaltungen beziehe, in denen der Betriebsrat mit eigenen Vorschlägen der von der Arbeitgeberin für die Bildungsmaßnahme getroffenen Personalauswahl entgegengetreten ist. Im Fall des Bundesarbeitsgerichts hatte der Betriebsrat die Zustimmung zur Freistellung eines Arbeitnehmers zur Teilnahme an einem Lehrgang verweigert und insgesamt sechs andere Arbeitnehmer benannt, die nach seiner Auffassung bevorzugt einzuplanen seien. Entsprechend konkrete Vorschläge habe der Betriebsrat vorliegend nicht un...

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