Entscheidungsstichwort (Thema)

Feststellung und Vornahme einer Handlung

 

Leitsatz (amtlich)

Der streitige Inhalt des Weiterbeschäftigungsanspruchs ist im Vollstreckungsverfahren nicht zu klären.

 

Normenkette

ZPO § 888

 

Verfahrensgang

ArbG Bayreuth (Beschluss vom 30.11.1992; Aktenzeichen 1 Ca 369/92 (N))

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Bayreuth vom 30.11.1992 – 1 Ca 369/92 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

 

Gründe

Es kann dahingestellt bleiben, ob das Erstgericht aufgrund des ihm zur Entscheidung unterbreiteten Sachverhalts zutreffend wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses den Zwangsgeldantrag nach § 888 ZPO zurückgewiesen hat. Die Beschwerdekammer muß nämlich auch den ergänzenden Sachvortrag der Beschwerdeführerin nach Ergehen der Entscheidung des Erstgerichts berücksichtigen.

Die Beschwerde muß aber schon deshalb erfolglos bleiben, weil es nicht Aufgabe des Zwangsvollstreckungsverfahrens ist, den zwischen den Parteien streitigen Inhalt des Weiterbeschäftigungsanspruchs zu klären.

Mit dieser Auffassung steht die Beschwerdekammer in Übereinstimmung mit der zivilprozessualen Rechtsprechung und Literatur. Auch dort wird die Auffassung vertreten, daß Unbestimmtheiten nicht im Vollstreckungsverfahren aufzuklären sind, sondern in ein neues Erkenntnisverfahren gehören (vgl. Wieczorek-Schütze, ZPO, 2. Aufl., § 704 Anm. C I a 3 m.N.; Schuschke, Zwangsvollstreckungsrecht, § 704 ZPO Anm. 6, 9).

In der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung hat sich – soweit erkennbar – mit dieser Problematik nur das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (Beschluß vom 07.01.1986 – 1 Ta 302/85 – LAGE § 888 ZPO Nr. 6 = NZA 1986, 196) befaßt. Auch das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz verweist hinsichtlich der Frage, ob kraft Direktionsrechts eine Versetzung in eine andere Abteilung in Frage komme auf das Streitverfahren und läßt eine Prüfung im Vollstreckungsverfahren nicht zu.

Im arbeitsrechtlichen Schrifttum vertritt Germelmann/Matthes/Prütting (Arbeitsgerichtsgesetz, § 62 Anm. 48 Stichwort: Weiterbeschäftigungsanspruch) ebenfalls die Auffassung, daß im Zwangsvollstreckungsverfahren nicht der streitige Inhalt des Weiterbeschäftigungsanspruchs zu klären sei. Gegenteiliger Auffassung ist Grunsky (Arbeitsgerichtsgesetz, 6. Aufl., § 62 Anm. 13 a) der meint, Streitigkeiten darüber, was der Arbeitnehmer im Einzelfall konkret verlangen könne, seien im Vollstreckungsverfahren auszutragen, da andernfalls der Weiterbeschäftigungsanspruch prozessual kaum durchsetzbar sei.

Die Auffassung von Grunsky ist unzutreffend. Selbst wenn es zutreffen würde, daß der Weiterbeschäftigungsanspruch prozessual kaum durchsetzbar sei, wenn nicht Streitigkeiten über den Inhalt der Weiterbeschäftigungsverpflichtung im Vollstreckungsverfahren ausgetragen würden, würde diese dann gegebene Besonderheit des Vollstreckungsverfahrens es nicht rechtfertigen, von den sonst geltenden Grundsätzen abzuweichen. Im übrigen trifft nach der Erfahrung der Beschwerdekammer die Meinung von Grunsky nicht zu. Es besteht keinesfalls stets ein Streit zwischen den Parteien darüber, welchen Inhalt der Weiterbeschäftigungsanspruch hat.

Soweit die Beschwerdeführerin meint, ein Zwangsgeld komme deshalb in Betracht, weil die Beklagte in der Vergangenheit ihrer Weiterbeschäftigungspflicht nicht entsprochen habe, hat im übrigen die Beschwerdegegnerin zutreffend darauf hingewiesen, daß § 888 ZPO nicht eine Bestrafung für ein Verhalten in der Vergangenheit vorsieht, sondern die Festsetzung eines Beugemittels für die Zukunft. Dies ergibt sich im übrigen schon aus dem Wortlaut des § 888 Abs. 1 Satz 1, wonach der Schuldner durch die entsprechenden Maßnahmen anzuhalten ist.

An vorstehender Beurteilung ändert sich auch nicht dadurch etwas, daß nunmehr die Beklagte bis zur gerichtlichen Entscheidung eine tatsächliche Weiterbeschäftigung ablehnt, wie die Klägerin mit Schriftsatz vom 16.03.1993 unter Vorlage des Schreibens der Beklagten vom 12.03.1993 vorgetragen hat. Hierdurch wird nämlich der Streit um den Inhalt des Weiterbeschäftigungsanspruchs nicht beseitigt, der letztlich der Vollstreckung des Weiterbeschäftigungsanspruchs entgegensteht.

Gemäß § 97 Abs. 1 ZPO trägt die Beschwerdeführerin die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels.

Gemäß § 78 Abs. 2 ArbGG findet gegen diesen Beschluß eine weitere Beschwerde nicht statt.

 

Unterschriften

Staudigel Vorsitzender Richter am Landesarbeitsgericht

 

Fundstellen

Haufe-Index 955440

BB 1993, 1151

NZA 1993, 864

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