Entscheidungsstichwort (Thema)

Entgeltfortzahlung. Abweichung vom Entgeltausfallprinzip. Arbeitszeitkonto. Entgeltfortzahlung in der Zuckerindustrie

 

Leitsatz (amtlich)

§ 10 Nr. 1 Satz 1 MTV Zuckerindustrie beinhaltet eine zulässige Abweichung vom Entgeltausfallprinzip des § 4 EFZG hinsichtlich des Geldfaktors und hinsichtlich des Zeitfaktors.

 

Normenkette

EFZG §§ 4, 12; MTV Zuckerindustrie § 10 Nr. 1 S. 1; GG Art. 3 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Braunschweig (Urteil vom 14.11.2007; Aktenzeichen 4 Ca 214/07)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 18.11.2009; Aktenzeichen 5 AZR 975/08)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 14.11.2007 – 4 Ca 214/07 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.

Der Kläger ist bei der Beklagten, einem Unternehmen der Zuckerindustrie, im Werk C1 als Schlosser beschäftigt. Auf ihr Arbeitsverhältnis findet kraft beiderseitiger Organisationszugehörigkeit der Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer in der Zuckerindustrie der alten Bundesländer der Bundesrepublik Deutschland vom 01.01.1988 in der Fassung vom 16.03.1999, Hülle Bl. 107 d.A. (MTV) Anwendung, der auszugsweise lautet:

§ 4 Arbeitszeitregelung

1. Die regelmäßige tarifliche wöchentliche Arbeitszeit ausschließlich der Pausen beträgt für Vollzeitbeschäftigte

37 Stunden.

2. Die Arbeitszeitverkürzungen werden für die Laufzeit der Arbeitszeitregelung in der Form durchgeführt, dass die Arbeitnehmer im Kalenderjahr

mindestens 6 freie Arbeitstage

erhalten.

3. Die regelmäßige tarifliche wöchentliche Arbeitszeit wird durch Betriebsvereinbarung gemäß Ziff. 4 auf Monate, Wochen und Tage (normalerweise Montag – Freitag = 5-Tage-Woche) verteilt.

Die Tarifvertragsparteien sind sich darüber einig, dass die regelmäßige tarifliche wöchentliche Arbeitszeit gleichmäßig oder ungleichmäßig auf Monate, Wochen und Tage verteilt werden kann.

  1. Die regelmäßige betriebliche wöchentliche Arbeitszeit darf – unter Berücksichtigung der freien Arbeitstage gem. Ziff. 2 – 36 Stunden nicht unterschreiten

und 40 Stunden nicht überschreiten.

Bei Konti- oder Teilkonti-Arbeit kann eine abweichende Arbeitszeitregelung zwischen Geschäftsleitung und Betriebsrat vereinbart werden.

4. Die Festlegung der regelmäßigen betrieblichen wöchentlichen Arbeitszeit, … erfolgt durch Betriebsvereinbarung gem. § 87 BetrVG. ….

Zum Nachweis der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit zum Ausgleich der freien Arbeitstage kann für jeden Arbeitnehmer ein Arbeitszeit- Ausgleichskonto geführt werden.

Bei der Führung des Arbeitszeit- Ausgleichskontos werden nur effektiv geleistete Arbeitszeiten zum Ausgleich der freien Arbeitstage gemäß § 4 Ziff. 5 erfasst. Hierzu rechnen auch:

  • Abwesenheitszeiten von Mandatsträgern
  • Abwesenheitszeiten wegen betrieblicher Bildungsmaßnahmen.

Nicht dazu rechnen Abwesenheitszeiten gemäß §§ 9 und 10, soweit diese nicht ausdrücklich – wie oben – anders geregelt sind.

8. Für die Dauer der Kampagne kann die betriebliche Arbeitszeit im Rahmen des notwendigen Bedarfs der Betriebe und Betriebsabteilungen auf bis zu 56 Stunden in der Woche ausgedehnt werden. Eine entsprechende Betriebsvereinbarung erfüllt die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes. Als Kampagne gilt die Zeit der Herstellung von Zucker aus Rüben, Rohzucker und Dicksaft.

§ 6 Arbeitsentgelte

14. Das monatliche effektive Arbeitsentgelt ist das tarifliche Entgelt gemäß Arbeitsentgelttarifvertrag einschließlich der Leistungszulage aus dem ETV zuzüglich aller laufend gewährten Zulagen.

Hierbei bleiben Sachbezüge, Mehrarbeitsvergütungen, Sonntags- und Feiertagsvergütungen, Nachtzuschläge, Schmutzzulagen, vermögenswirksame Leistungen, einmalige Zuwendungen jeglicher Art sowie vom Arbeitgeber übernommene Beitragsanteil zur Sozialversicherung außer Ansatz.

Das monatliche effektive Arbeitsentgelt bezieht sich auf die tarifliche monatliche Arbeitszeit.

16. Das monatliche effektive Arbeitsentgelt gem. Ziff. 14 wird unabhängig von der jeweils vereinbarten betrieblichen Arbeitszeit (§ 4 Ziff. 4) gleichbleibend gezahlt.

In den Monaten, in denen die regelmäßige betriebliche wöchentliche Arbeitszeit von der festgelegten regelmäßigen tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit abweicht, gilt folgendes:

  1. Bei kürzerer betrieblicher Arbeitszeit gilt der Teil des Arbeitsentgelts, der zu viel gezahlt wurde, als Vorschuss.

    Bei Beendigung des Arbeitsvertrages sind Vorschüsse mit der letzten Entgeltabrechnung zu verrechnen und ggf. ein noch ausstehender Differenzbetrag zurückzuzahlen/einzubehalten.

  2. längerer betrieblicher Arbeitszeit gilt der Teil des Arbeitsentgelts, der zu wenig gezahlt wurde, als Unterzahlung.

§ 10 Krankheit und Unfall

1. Bei Krankheit, Unfall und Maßnahmen der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation wird – unabhängig von der gesetzlichen Regelung – 100 % des Entgeltes fortgezahlt. Die Höhe der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bemisst sich nach dem tariflichen Grundlohn entsprechend §§ 5, 6 ETV und ...

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