Entscheidungsstichwort (Thema)

Veröffentlichungswürdig: J/N/Eventuell

 

Leitsatz (amtlich)

Pflege (in Gestalt von Verbandswechsel, Medikamentenvergabe, Versorgung mit Inkontinenzartikeln, subcutaner Insulingabe, Blutdruck- und Blutzuckerkontrollen, Umlagerungen) an alten Menschen, die wegen verschiedener Krankheiten ständiger medizinischer Betreuung bedürfen, ist über die Altenpflege hinausgehende Krankenpflege. Obliegt dem Angestellten eine derartige Pflege bei der ganz überwiegenden Anzahl der von ihn betreuten Bewohner, so steht ihm die Geriatriezulage nach der Protokollerklärung Nr. 1 Abs. 1 c zu Teil II Abschnitt B AW-KrT zu.

 

Normenkette

BMT AW II Teil II-Vergütungsordnung für Angestellte im Pflegedienst; AW-KrT Prot.-Erkl. Nr. 1 Abs. 1c

 

Verfahrensgang

ArbG Oldenburg (Oldenburg) (Urteil vom 08.01.2002; Aktenzeichen 4 Ca 346/01)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 04.06.2003; Aktenzeichen 10 AZR 579/02)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des ArbG Oldenburg vom 08.01.02 – 4 Ca 346/01 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung hat der Beklagte zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte dem Kläger zur Zahlung einer Geriatriezulage verpflichtet ist.

Der Kläger ist staatlich anerkannter Altenpfleger und bei dem Beklagten in dessen Altenpflegeheim B. seit dem 1. Mai 1999 beschäftigt. Kraft einzelvertraglicher Vereinbarung finden auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die Tarifverträge für die Arbeiterwohlfahrt Anwendung, so auch der Tarifvertrag über die Tätigkeitsmerkmale BMT-AW II für Arbeitnehmer der Arbeiterwohlfahrt in der jeweils gültigen Fassung. Einschlägig für den Kläger ist Teil II – Vergütungsordnung für Angestellte im Pflegedienst (AW-KrT, Abschnitt B) –. Der Kläger erhält Vergütung nach Vergütungsgruppe AW-KrT V a. Die Vergütung beträgt monatlich 5.140,00 DM brutto (2.628,04 EUR).

Der Kläger hat bis zum 31. März 2001 auf der Grundlage der Protokollerklärung Nr. 1, Absatz 1 c zu Teil II Abschnitt B AW-KrT eine monatliche Zulage von 90,00 DM bezahlt bekommen. Diese Protokollerklärung hat folgenden Wortlaut:

Pflegepersonen der Vergütungsgruppen AW-KrT I bis AW-KrT VII, die die Grund- und Behandlungsplage zeitliche überwiegend bei Kranken in geriatrischen Abteilungen oder Stationen ausüben, erhalten für die Dauer dieser Tätigkeit eine monatliche Zulage von 90,00 DM.

Mit Wirkung von April 2001 hat der Beklagte die Zahlung der Geriatriezulage eingestellt, weil er die Auffassung vertritt, dass die tariflichen Voraussetzungen im Falle des Klägers nicht vorlägen.

In dem Altenheim R. sind insgesamt 88 alte Menschen untergebracht. Der Kläger leitet die sogenannte Dementen-Station mit insgesamt 27 betreuungsbedürftigen Personen. Der Kläger hat in erster Instanz eine anonymisierte Bewohnerliste (Bl. 37 d. A.) vorgelegt, auf welche Bezug genommen wird.

Der Kläger arbeitet überwiegend im Frühdienst, teilweise auch im Spätdienst. Der Frühdienst läuft im Wesentlichen wie folgt ab:

06:30 Uhr bis 06:45 Uhr

Übergabe

06:45 Uhr bis 07:00 Uhr

Umlagerung von Patienten (zur Verhinderung von Dikubitus und bei Dikubitus-Patienten)

07:00 Uhr bis 07:45 Uhr

Pflege (Grund- und Behandlungspflege, insbesondere Waschen, sonstige Körperpflege, Windeln wechseln, Verbände wechseln, duschen oder baden etc.)

07:45 Uhr bis 08:00 Uhr

Medikamentenvergabe an einige Patienten und Insulinspritzen

08:00 Uhr bis 08:30 Uhr

Pflege (wie oben)

08:30 Uhr bis 09:00 Uhr

Medikamentenverteilung an die überwiegende Anzahl der Patienten

09:00 Uhr bis 09:15 Uhr

Briefing (Besprechung hinsichtlich alles was anliegt, hinsichtlich besonders über Einwohner, hier insbesondere Veränderungen, Erneuerungen, etc.)

09:15 Uhr bis 09:45 Uhr

Pause

09:45 Uhr bis 10:45 Uhr

Pflege (wie oben)

10:45 Uhr bis 11:45 Uhr

Verwaltung/Dokumentation

11:45 Uhr bis 12:10 Uhr

Medikamente verabreichen und Tropfen stellen

12:10 Uhr bis 12:30 Uhr

Essen, füttern, Hilfestellung beim Essen, animieren zum Essen, zurückholen vom Essen (wenn weggelaufen)

12:30 Uhr bis 12:45 Uhr

Medikamentendokumentation (in einer Akte muss erfasst werden, welche Medikamente verabreicht worden sind)

12:45 Uhr bis 13:15 Uhr

Toilettengänge (Begleitung der Bewohner), Vorlagenwechsel (Windelwechsel), etc.

13:15 Uhr bis 13:50 Uhr

Übergabe an Spätdienst (Besprechung von Einzelheiten hinsichtlich der Bewohner, Besonderheiten, Krankheiten, gemeinsames Durchgehen der Dokumentenmappe, etc.)

Der Spätdienst gestaltet sich im Wesentlichen wie folgt:

13:15 Uhr bis 13:50 Uhr

Übergabe

13:50 Uhr bis 14:00 Uhr

Planung/Vorbereitung des weiteren Arbeitstages und Lagern der Bewohner

14:00 Uhr bis 14:30 Uhr

Bewohner fertigmachen zum Arztbesuch, etc.; Taxi und Fahrmöglichkeiten organisieren, etc.

14:30 Uhr bis 15:00 Uhr

Bewohner zum Kaffee holen, Vorlagenwechsel, Toilettenbesuche

15:00 Uhr bis 16:00 Uhr

Kaffee trinken, füttern, zum Essen animieren, anreichen von Essen, Überwachung des Essens

16:00 Uhr bis 16:30 Uhr

Begleitung von Ärzten bei der Visite

16:30 Uhr bis 17:00 Uhr

Pause

17:...

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