Entscheidungsstichwort (Thema)

Konkurrenztätigkeit einer Steuerfachangestellten außerhalb des unmittelbaren Einzugsgebiet des Arbeitgebers. Arbeitgeberklage auf Herausgabe der für fremde Rechnung bezogenen Vergütung bei unerheblichem Einwand der Arbeitnehmerin zum Abzug der durch eigenen Zeitaufwand entstanden Lohnkosten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Konkurrenztätigkeit liegt auch vor, wenn der Arbeitnehmer nicht im unmittelbaren Einzugsgebiet des Beklagten tätig wird.

2. Der Arbeitsaufwand, den der Arbeitnehmer für eine Konkurrenztätigkeit aufwendet, ist nicht als gewinnmindernd zu berücksichtigen.

 

Normenkette

BGB § 670; HGB §§ 60, 61 Abs. 1; ZPO § 233; HGB § 61 Abs. 1 Hs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Braunschweig (Entscheidung vom 06.11.2014; Aktenzeichen 5 Ca 314/13)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Schlussurteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 06.11.2014, 5 Ca 314/13, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Wesentlichen noch darüber, ob der Wert der eigenen Arbeitszeit der Klägerin, die diese bei einer Konkurrenztätigkeit aufgewandt hat, die an den Beklagten nach § 61 Abs. 1 2. Halbsatz HGB herauszugebende Vergütung mindert.

Die am 0.0.1982 geborene Klägerin war auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 14.07.2005 (Bl. 19-22 d.A.) in der Steuerberatungskanzlei des Beklagten in C-Stadt als Steuerfachangestellte beschäftigt. Zu ihren Aufgaben gehörte dabei auch die Lohn- und Finanzbuchhaltung.

Die Mutter der Klägerin betreibt seit 1994 ein Buchhaltungsbüro in E-Stadt. Die Klägerin unterstützte ihre Mutter bei dieser Tätigkeit, als diese den Arbeitsaufwand gesundheitlich nicht mehr bewältigen konnte.

Am 21.07.2009 meldete die Klägerin ein Gewerbe mit der Tätigkeit "Lohn- und Finanzbuchhaltung und Büroservice" für eine Betriebsstätte in E-Stadt an. Für die Ausübung dieses Gewerbes, das sie neben ihrer Tätigkeit bei dem Beklagten ausübte, wandte sie nach ihrer Behauptung in der Zeit von 2009-2013 insgesamt 1869 Stunden auf.

Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis wegen der Konkurrenztätigkeit mit Schreiben vom 18.06.2013 zum 19.06.2013 außerordentlich. Das Arbeitsgericht Braunschweig wies durch rechtskräftiges Teilurteil vom 09.01.2014 (Bl. 157- 167 d.A.) die Kündigungsschutzklage ab und verurteilte die Klägerin dazu, Auskunft darüber zu erteilen, welche Mandate des Rechnungswesens, der Lohn- und Finanzbuchhaltung sie alleine oder gemeinschaftlich mit Dritten in der Zeit vom 14. Juli 2005 bis 19. Juni 2013 geschlossen und welche Vergütung sie hierfür erhalten hat.

Die Klägerin legte mit Schreiben vom 17.03.2014 die Erlöskonten hinsichtlich der Lohn- und Finanzbuchhaltung sowie des Rechnungswesens vor (Bl. 195- 221 d.A.). Hiernach erzielte sie während des im Streit stehenden Zeitraums aus diesen Tätigkeiten einen Erlös von 46.433,60 €. Die Herausgabe dieses Betrages verlangte der Beklagte mit dem Schreiben vom 10.06.2014. Er machte diese Forderung mit der im Streit stehenden Widerklage geltend.

Das Arbeitsgericht hat durch ein der Klägerin am 21.11.2014 zugestelltes Schlussurteil vom 06.11.2014, auf dessen Inhalt zur weiteren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und dessen Würdigung durch das Arbeitsgericht Bezug genommen wird (Bl. 314 - 326 d.A.), die Klägerin dazu verurteilt, an den Beklagten 39.320,73 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.06.2014 zu zahlen. Im Übrigen hat es die Widerklage abgewiesen und die Kosten der Klägerin zu 88 % und dem Beklagten zu 12 % auferlegt.

Mit ihrem am 15.12.2014 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz beantragt die Klägerin Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Berufungsverfahrens gemäß der als Entwurf beigefügten Berufungsbegründung (Bl. 341-418 d.A.). Das Landesarbeitsgericht hat zunächst durch Beschluss vom 12.03.2015 (Bl. 440-444 d.A.) den Antrag zurückgewiesen. Auf die Gegenvorstellung der Klägerin vom 17.04.2015 (Bl. 455-464 d.A.) hat das Landesarbeitsgericht durch Beschluss vom 30.04.2015 den Prozesskostenhilfebeschluss vom 12.03.2015 teilweise abgeändert und der Klägerin Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit sie sich gegen die Verurteilung von Zahlung von 30.894,57 € wendet (Bl. 467 d.A.).

Die Klägerin hat daraufhin am 26.05.2015 Berufung eingelegt und diese gleichzeitig begründet. Ferner beantragt sie die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Die Klägerin ist der Auffassung, das Arbeitsgericht habe zu Unrecht sämtliche Kunden der Klägerin dem Einzugsbereich des Beklagten zugeordnet. Die Steuerberatungskanzlei des Beklagten sei nur regional tätig. Der Beklagte betreibe außerhalb von C-Stadt keine Akquise. Die Kunden der Klägerin fielen deshalb nicht zum Einzugsgebiet des Beklagten, sodass es sich bei der Betreuung dieser Kunden auch nicht um eine Konkurrenztätigkeit handele.

Zudem müsse der Arbeitsaufwand der Klägerin als Aufwendung gewinnmindernd berücksichtigt werden. § 61 HGB könne nicht entnommen werden, dass nur Aufwendung...

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