Leitsatz (amtlich)

Der uneingeschränkt (ohne Subsidiaritätsklausel) gegen Haftpflichtansprüche aus schuldhaften Behandlungsfehlern versicherte Krankenhausarzt hat jedenfalls dann, wenn der Schaden bei der Behandlung eines Privatpatienten eingetreten ist, keinen auf den Versicherer übertragbaren Freistellungsanspruch gegen den Träger des Krankenhauses.

 

Verfahrensgang

ArbG Hannover (Urteil vom 11.11.1992; Aktenzeichen 2 Ca 384/92)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 24.04.1997; Aktenzeichen 8 AZR 898/94)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen des Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 11. November 1992 – 2 Ca 384/92 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Am 01. Januar 1985 verstarb der Privatpatient R. an den Folgen einer am 14. Januar 1984 mißlungenen Narkose. Mit Schreiben des Rechtsanwalts W., des späteren Prozeßbevollmächtigten des Klägers, vom 08. Mai 1984 machten die Ärztin für Anästhesiologie Dr. … B. und der Arzt für Anästhesiologie Dr. … L. sowie der „hinter ihnen stehende” Kläger als Haftpflichtversicherer arbeitsrechtliche Freistellungsansprüche gegen die Beklagte als Arbeitgeberin geltend (Bl. 10–11).

Im Prozeß der Erbin des Patienten R. gegen die beiden genannten Ärzte und gegen die Oberärztin – Ärztin für Anästhesiologie Prof. Dr. … S. erging am 02. Juni 1988 ein rechtskräftig gewordenes Grund- und Teilurteil (Leseabschrift Bl. 540–553 in 19 O 48/84 des LG Hannover).

Die Dres. B. und L. wurden zur Leistung von Schadensersatz wegen verschuldeter Narkosefehler verurteilt. Die Klage gegen die Oberärztin Prof. Dr. S. wurde wegen nicht feststellbarer Kausalität ihres Beitrages, aber insbesondere auch wegen nicht feststellbarer Schuld ihrerseits abgewiesen (LG Hannover a.a.O. S. 12–14 = 551–553).

Die Oberärztin Prof. Dr. S. war am 14. Januar 1984 um 16.02 Uhr telefonisch zu der um 15.00 Uhr begonnenen Narkose gerufen worden und hatte ihre Tätigkeit am Patienten um 16.10 Uhr aufgenommen.

Der Kläger bezog die Beklagte in die Verhandlung über die Schadensregulierung ein (vgl. u. a. Schriftwechsel Bl. 6 und 25–30). Die Höhe des von dem Kläger in den Jahren bis 1989 bezahlten Schadens von DM 412.059,23 wurde im zweitinstanzlichen Verfahren unstreitig. Die Parteien wurden im Berufungsrechtszug auch darüber einig, daß die Klagforderung in Höhe von 50 % des genannten Betrages dem Kläger jedenfalls dann zustehen würde, wenn die Beklagte im Rahmen eines innerbetrieblichen Schadensausgleiches für die Dres. B. und L. dem Grunde nach einstehen müßte.

Mit eigenem Schreiben vom 20. Januar 1992 (Bl. 12) und Anwaltsschreiben vom 31. Januar 1992 (Bl. 13/14) war die Beklagte vergeblich zur Zahlung bzw. zur Anerkennung aufgefordert.

Nach Klagerhebung traten die Dres. B. und L. mit Urkunde vom 16. Oktober 1992 eventuell bestehende arbeitsrechtliche Freistellungsansprüche an den Kläger ab (Bl. 40).

Wegen des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien und seiner Wertung durch das Arbeitsgericht wird auf das über einen Streitwert von DM 206.029,61 ergangene und die Klage abweisende Urteil vom 11. November 1992 Bezug genommen (Bl. 42–50).

Gegen dieses ihm am 05. Januar 1993 zugestellte Urteil legte der Kläger am 20. Januar 1993 Berufung ein und begründete diese Berufung nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 26. April 1993 am 26. April 1993.

Der Kläger vertritt die Ansicht, die Beklagte schulde die Klagforderung schon aufgrund der auf ihn übergegangenen Freistellungsansprüche der Dres. B. und L. Der Kläger sei mit seinen Zahlungen im Interesse der Versicherungsnehmer Dres. B. und L. in Vorlage getreten. Dies dürfe ihm nicht zum Nachteil gereichen. Im Gegensatz zu den hier vorliegenden Versicherungsverträgen seien in der Versicherungswirtschaft auch Berufshaftpflichtversicherungen bekannt, bei denen der Versicherer ausdrücklich nur subsidiär eintritt. In derartigen Fällen würde nur das nicht von anderer Seite gedeckte Risiko versichert.

Des weiteren sei die Beklagte gemäß §§ 305, 241 BGB zur Zahlung verpflichtet, weil sie durch ihr Verhalten in den Regulierungsgesprächen auch ohne ausdrückliches Anerkenntnis den Eindruck erweckt habe, sich an den Aufwendungen zu beteiligen. Hiermit habe sie den Kläger veranlaßt, im Interesse auch der Dres. B. und L. den gesamten Schaden zu bezahlen.

Schließlich schulde die Beklagte die Klagforderung auch aufgrund eines eigenen Organisationsverschuldens. Die Operation vom 14. Januar 1984 sei kein Notfall gewesen. Aus diesem Grunde hätte die Operation nicht am Wochenendtag des 14. Januar 1984, sondern vielmehr einige Tage später an einem normalen Arbeitstag stattfinden müssen. An einem normalen Arbeitstag hätte nicht nur eine Notbesetzung, sondern das volle Team zur Verfügung gestanden. Prof. Dr. S. hätte nicht aus der Wohnung geholt werden müssen und hätte daher schneller zur Verfügung gestanden. Auch der Chefarzt Prof. Dr. K. hätte geholt werden können.

Der Kläger und Berufungskläger beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Ur...

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