Entscheidungsstichwort (Thema)

Einheitliche Vergütung von Wachstunden innerhalb einer Wachschicht auf Trossschiff

 

Leitsatz (amtlich)

Die Auslegung von § 46 Nr. 11 Abs. 3 TVöD BT V ergibt, dass Wachstunden innerhalb einer Wachschicht einheitlich entgeltmäßig zu bewerten sind. Dazu enthält § 46 Nr. 11 Abs. 3 Ziffern 1, 2 a) und b) sowie Abs. 4 TVöD BT V einen aufeinander abgestimmten und abschließenden Regelungskomplex.

 

Normenkette

TVöD-BT-V § 46 Nr. 11 Abs. 3, 3 Ziff. 1, Abs. 3 Ziff. 2 Buchst. a, b, Abs. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Wilhelmshaven (Entscheidung vom 16.10.2013; Aktenzeichen 2 Ca 209/13 Ö)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 23.07.2015; Aktenzeichen 6 AZR 451/14)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichtes Wilhelmshaven vom 16.10.2013 - 2 Ca 209/13 Ö - abgeändert, und die Klage wird abgewiesen.

Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte dazu verpflichtet ist, an den Kläger für Wachzeiten, die der Kläger an Wochenenden und Feiertagen vom 01.08.2012 bis 31.01.2014 geleistet hat, über die bereits vergüteten 8 Stunden hinaus weitere 1,33 Stunden nebst Zuschlägen für Samstags-, Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit zu zahlen.

Der Kläger ist Zivilangestellter bei der Beklagten. Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft einzelvertraglicher Vereinbarung die Vorschriften des TVöD Anwendung.

Der Kläger ist auf dem Trossschiff X tätig und hat dort an den Wochenenden und Feiertagen Wachdienste zu leisten. Diese bestehen aus 12-Stunden-Schichten. Pro Schicht sind drei Zivilbeschäftigte tätig, die jeweils im Wechsel 4 Stunden in einem Wachposten Dienst leisten und sich während der übrigen 8 Stunden auf dem Schiff in Bereitschaft zu halten haben.

Von 2005 bis 2012 rechnete die Beklagte diese Wachdienste dem Kläger und seinen Kollegen gegenüber mit 9,33 Stunden (4 Stunden voll und 8 Stunden fakturiert auf 5,33 Stunden) ab und zahlte die sich hieraus ergebende Vergütung. Seit 01.08.2012 fakturiert die Beklagte die gesamte 12-Stunden-Schicht und zahlt an den Kläger und seine Kollegen insoweit für 8 Stunden die tarifvertraglich geschuldete Vergütung.

In dem Zeitraum vom 01.08.2012 bis zum 31.01.2014 leistete der Kläger an Wochenenden und Feiertagen seinen Wachdienst im Rahmen der 12-stündigen Schicht. Wegen der einzelnen Tage wird auf die Auflistung des Klägers gemäß Blatt 4 bis 6, Blatt 63 bis 65 der Gerichtsakte verwiesen.

Mit Schreiben vom 04.02.2013 forderte der Kläger die Beklagte insoweit zur Zahlung von jeweils 1,33 Überstunden und Zuschlägen für Samstags-, Sonntags-, Nacht- und Feiertagsarbeit erfolglos auf.

Mit seiner am 18.06.2013 beim Arbeitsgericht D-Stadt eingegangenen Klage verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter.

Er hat die Auffassung vertreten, dass ihm von den 12 Stunden Wache nur 8 Stunden fakturiert mit 1,5 also mit 5,33 Stunden zu bezahlen seien. Die 4 Stunden, die er im Wachposten leiste, müssten jedoch voll bezahlt werden, so dass pro Schicht insgesamt 1 Stunde und 20 Minuten als Überstunden zu vergüten zu seien zuzüglich der entsprechenden Zeitzuschläge. Dies ergebe sich aus § 46 Nr. 11 Abs. 3 Ziffer 1 b TVöD BT-V. Hieraus werde ersichtlich, dass innerhalb einer Wachschicht unterschiedliche Wachdienste geleistet werden könnten, nämlich einerseits Anwesenheitswachdienste gemäß § 46 Nr. 11 Abs. 3 Ziffer 2 TVÖD BT-V und andererseits Deckswachen im Sinne von § 46 Nr. 11 Abs. 3 Ziffer 1 b TVöD BT-V. Das folge auch unmittelbar aus § 46 Nr. 11 Abs. 3 Ziffer 1 a und b TVöD BT-V. Bis zum Inkrafttreten des TVöD sei der Wachdienst in der Sonderregelung SR 2 b Nr. 6 Abs. 3 MTArb geregelt gewesen. Danach sei jede Wachstunde vergütungs- und arbeitszeitrechtlich als Arbeitsstunde qualifiziert worden. Es sei nicht zu erkennen, dass die Tarifvertragsparteien von diesem Grundsatz hätten abweichen wollen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger 776,48 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, dass die Wachtätigkeit des Klägers insgesamt unter § 46 Nr. 11 Abs. 3 Nr. 2 a TVöD BT-V falle. Diese Vorschrift differenziere nicht und erlaube auch keine unterschiedliche Bewertung der aktiven Anteile der Wachschicht in Gestalt der Wache sowie des inaktiven Anteils in Gestalt der Bereitschaft.

Mit Urteil vom 16.10.2013 hat das Arbeitsgericht Wilhelmshaven dem Klageantrag entsprochen und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 776,48 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.06.2013 zu zahlen. Dieses Urteil ist der Beklagten am 08.11.2013 zugestellt worden. Wegen der Einzelheiten der rechtlichen Würdigung wird auf Seiten 5 und 6 desselben, Bl.34 und 35 der Gerichtsakte Bezug genommen.

Dieses Urteil ist der Beklagten am 08.11.2013 zugestellt worden. I...

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