Entscheidungsstichwort (Thema)

Tarifvertrag. Auslegung

 

Leitsatz (amtlich)

Der gemäß § 3 Abs. 1 des Tarifvertrages zur Einführung neuer Lohnstrukturen für die gewerblichen Arbeitnehmer des Baugewerbes vom 4.07.2002 besitzstandsgeschützte Gesamttarifstundenlohn ist auch der Berechnung des 13. Monatseinkommens nach den Bestimmungen des Tarifvertrages über die Gewährung eines 13. Monatseinkommens im Baugewerbe vom 21.05.1997 in der Fassung vom 26.05.1999 und vom 4.7.2002 zugrunde zu legen.

 

Normenkette

Tarifvertrag zur Einführung neuer Lohnstrukturen für die gewerblichen Arbeitnehmer des Baugewerbes vom 04.07.2002 § 3 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Nienburg (Urteil vom 03.07.2003; Aktenzeichen 2 Ca 162/03)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 24.11.2004; Aktenzeichen 10 AZR 197/04)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Nienburg vom 03.07.2003 – 2 Ca 162/03 – abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 165,54 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf 82,77 EUR brutto seit dem 16.12.2002 und auf 82,77 EUR brutto seit dem 16.05.2003 zu zahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe des 13. Monatseinkommens des Klägers.

Der Kläger ist Mitglied der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt. Er trat 1990 als Baufachwerker in die Dienste der Beklagten, die Mitglied im Verband Baugewerblicher Unternehmer Niedersachsen e. V. ist.

Der Kläger war eingruppiert in die Berufsgruppe VI. Aus dem Tarifvertrag zur Regelung der Löhne und Ausbildungsvergütungen im Baugewerbe im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme der fünf neuen Länder und des Landes Berlin vom 04.07.2002 (im Folgenden kurz: TV Löhne West) ergab sich hierfür zuletzt ein Gesamttarifstundenlohn des Klägers von 11,98 EUR brutto.

Seit dem 01.09.2002 ist der Kläger eingruppiert in die Lohngruppe I des TV Löhne West. Für diese Lohngruppe sieht der Tarifvertrag nunmehr einen Gesamttarifstundenlohn von 10,12 EUR brutto vor. Ein Bezirkslohntarifvertrag (Lohntabelle) für das Jahr 2002 im Land Niedersachsen ist nicht abgeschlossen worden.

Die Beklagte setzte den Kläger im gesamten Jahr 2002 auf Baustellen in B… ein. Sie zahlte ihm durchweg einen Stundenlohn von 12,36 EUR brutto.

Mit den Lohnzahlungen für die Abrechnungszeiträume November 2002 und April 2003 zahlte die Beklagte an den Kläger in Teilbeträgen von jeweils 450,34 EUR brutto auf der Grundlage des Tarifvertrages über die Gewährung eines 13. Monatseinkommens im Baugewerbe vom 21.05.1997 in der Fassung vom 26.05.1999 und 04.07.2002 (im Folgenden kurz: TV 13. Monatseinkommen) ein 13. Monatseinkommen für das Jahr 2002, nämlich unter Berücksichtigung von unstreitigen krankheitsbedingten Fehltagen in Höhe des 89-fachen Stundenlohnes von 10,12 EUR brutto.

Mit Schreiben vom 21.01.2003 machte der Kläger die Berechnung des 13. Monatseinkommens auf der Basis eines Gesamttarifstundenlohnes von 12,36 EUR brutto und die sich daraus ergebenden Differenzbeträge erfolglos geltend.

Mit der am 13.03.2002 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger zuletzt noch die Berechnung des 13. Monatseinkommens auf der Basis eines Gesamttarifstundenlohns von 11,98 EUR brutto und die sich daraus ergebenden Differenzbeträge verlangt.

Der Kläger hat geltend gemacht, der bisherige Gesamttarifstundenlohn von 11,98 EUR brutto in der Berufsgruppe VI gemäß dem TV Löhne West werde durch den Tarifvertrag zur Einführung neuer Lohnstrukturen für die gewerblichen Arbeitnehmer des Baugewerbes vom 04.07.2002 (im Folgenden kurz: TV Lohnstrukturen für die gewerblichen Arbeitnehmer) zu seinen Gunsten besitzstandsgeschützt und sei daher auch der Berechnung des 13. Monatseinkommens zugrunde zu legen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 165,54 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf 82,77 EUR brutto seit dem 16.12.2002 und auf 82,77 EUR brutto seit dem 16.05.2003 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, aus dem Fehlen einer dem Tarifvertrag zur Einführung neuer Gehaltsstrukturen für die Angestellten und Poliere des Baugewerbes vom 20.12.2001 (im Folgenden kurz: TV Gehaltsstrukturen für die Angestellten und Poliere) entsprechenden Regelung ergebe sich, dass bei der Berechnung des 13. Monatseinkommens für die gewerblichen Arbeitnehmer ausschließlich der neue Gesamttarifstundenlohn der Lohngruppe 1 zugrunde zu legen sei, nämlich die unstreitig abgerechneten 10,12 EUR brutto.

Mit Urteil vom 03.07.2003 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Gegen das ihm am 30.07.2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am 25.08.2003 die zugelassene Berufung eingelegt und diese am 28.10.2003 innerhalb der bis zum 30.10.2003 verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet.

Der Kläger meint, maßgeblich sei auf den Begriff „Gesamttarifstundenlohn” im TV 13. Monats...

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