Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebliche Altersversorgung bei aufnehmender Verschmelzung und Ablösung der Betriebsvereinbarung durch eine nach Betriebsübergang bei der Erwerberin abgeschlossene Betriebsvereinbarung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine neue Betriebsvereinbarung über denselben Regelungsgegenstand löst die Regelungen der älteren Betriebsvereinbarung auch dann ab, wenn diese für den Arbeitnehmer günstiger waren. Das gilt auch dann, wenn anlässlich einer Verschmelzung gemäß § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB eine Transformation der Ansprüche aus der Ruhegeldvereinbarung in das Individualarbeitsverhältnis des Arbeitnehmers stattgefunden hat, da Rechte aus einer Betriebsvereinbarung, die im Zuge eines Betriebsübergangs gemäß § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB Inhalt des Arbeitsverhältnisses werden, vor einer Ablösung durch eine spätere Betriebsvereinbarung im Betrieb der Erwerberin nicht in weiterem Umfang geschützt sind als wenn sie kollektivrechtlich weitergegolten hätten.

2. Auch einer zeitlich deutlich nach dem Betriebsübergang abgeschlossenen Betriebsvereinbarung kann verdrängende Wirkung zukommen.

3. Bestand für einen übernommenen Arbeitnehmer sowohl im übernommenen als auch im aufnehmenden Betrieb eine Versorgungszusage auf der Grundlage einer Betriebsvereinbarung, muss auch bei Anwendung des § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB der bis zum Ablösungsstichtag erdiente Besitzstand aufrechterhalten bleiben.

 

Normenkette

BGB § 613a Abs. 1 S. 3; BetrAVG § 2; BGB § 613a Abs. 1 Sätze 1-2; BetrVG § 50 Abs. 1 S. 1, § 75 Abs. 1, § 77 Abs. 4 S. 1; UmwG § 324

 

Verfahrensgang

ArbG Oldenburg (Oldenburg) (Entscheidung vom 18.11.2016; Aktenzeichen 6 Ca 95/15 B)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 18. November 2016 - 6 Ca 95/15 B - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe der betrieblichen Altersversorgung.

Der am 0.0.1946 geborene Kläger war seit dem 1. März 1972 bei der Überlandwerk N.-H. AG (im Folgenden: Ü.) beschäftigt. Die Ü. versorgte von ihrem Stammsitz in B-Stadt verschiedene niedersächsische Gemeinden mit Strom. Bei ihr bestand ein Betriebsrat.

Zum 1. Januar 1991 trat bei der Ü. die "Ruhegeldvereinbarung für Mitarbeiter bis Eintrittsdatum 31.12.1990" (im Folgenden: Ü.-RV), in Kraft, welche die Betriebsvereinbarung Ruhegeld und Hinterbliebenenversorgung vom 1. Oktober 1962 nebst Zusatzvereinbarungen vom 3. November 1969, 15. Dezember 1972 und Ergänzung vom 11. März 1983 ablöste. Die Ü.-RV enthält u.a. folgende Regelungen:

§ 6 Bemessungsgrundlagen der Versorgung

3. Als monatliches ruhegeldfähiges Diensteinkommen gilt für einen Mitarbeiter mit Eintrittsdatum vor dem 01.05.1983 das letzte Monatsbruttoeinkommen, das er vor dem Ausscheiden bei der Ü. als Arbeitseinkommen bezogen hat oder auf das er arbeits-oder tarifvertraglichen Anspruch gehabt hätte. Dauerzulagen sind zu berücksichtigen. Darüber hinaus wird dem ruhegeldfähigen Diensteinkommen 1/12 des in Satz 1 und 2 festgelegten Monatsbruttoeinkommens hinzugerechnet.

§ 7 Höhe der Versorgungsleistungen

1. Ruhegeld

1.1 Das Ruhegeld beträgt unter Anrechnung der in § 8 aufgeführten Leistungen unter Berücksichtigung der Höchstgrenze gemäß Ziffer 1.5 für Mitarbeiter mit Eintrittsdatum vor dem 01.05.1983

nach 10jähriger ruhegeldfähiger Dienstzeit

30 %

und steigt in den folgenden 15 Jahren mit jedem zurückgelegten Dienstjahr um

2 %

und in den weiteren Jahren in jedem Jahr um

1 %

des ruhegeldfähigen Diensteinkommens bis zum Höchstsatz von

75 %

für Mitarbeiter mit Eintrittsdatum ab dem 01.05.1983 bis Eintrittsdatum 31.12.1990

nach 10jähriger Dienstzeit

30 %

und steigt in den folgenden 15 Jahren mit jedem zurückgelegten Dienstjahr um

2 %

und in den weiteren Jahren in jedem Jahr um

1 %

des ruhegeldfähigen Diensteinkommens bis zum Höchstsatz von

67,5 %.

1.5 Das Ruhegeld darf zusammen mit den gemäß § 8 anrechenbaren Leistungen die vorgesehene Höchstgrenze nicht übersteigen; das Ruhegeld wird um den die Höchstgrenze übersteigenden Betrag gekürzt.

Diese Höchstgrenze beträgt bei Mitarbeitern mit Eintrittsdatum vor dem 01.05.1983

75 %

und bei Mitarbeitern mit Eintrittsdatum ab dem 01.05.1983 bis Eintrittsdatum 31.12.1990

67,5 %

des der Ruhegeldberechnung zu Grunde liegenden monatlichen ruhegeldfähigen Diensteinkommens.

§ 8 Im Rahmen der Höchstgrenzen anrechenbare Leistungen

1. Zu den im Rahmen der Höchstgrenzen anrechenbaren Leistungen gehören

das Altersruhegeld,

das vorgezogene Altersruhegeld und die

Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung.

7. Vermindert sich infolge von Änderungen der Sozialversicherungsrechts, insbesondere aufgrund des Inkrafttretens des Rentenreformgesetzes das Leistungsniveau der vorher bezeichneten Ruhegelder bzw. Renten gegenüber derjenigen gesetzlichen Rentenleistung, die sich bei unveränderter Fortgeltung des Rechtsstatus zum 31.12.1990 ergeben hätte, um mehr als 7,5 v.H., dann wird für die Berechnung des Ruhe...

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