Entscheidungsstichwort (Thema)

Beihilfeberechtigung. Vertragsauslegung

 

Leitsatz (amtlich)

Einzelfallentscheidung. Die Vertragsregelung in einem Arbeitsvertrag, der dem Arbeitnehmer erkennbar einen beamtenähnlichen Status verleihen will, der Arbeitnehmer erhalte Beihilfe nach den für Beamte des Bundes geltenden Vorschriften, ist in der Weise auszulegen, dass die Beihilfe auch nach Ende der aktiven Dienstzeit beansprucht werden kann.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 157

 

Verfahrensgang

ArbG München (Urteil vom 10.10.2007; Aktenzeichen 36 Ca 1798/06)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 15.06.2011; Aktenzeichen 10 AZR 62/09)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 10. Oktober 2007 – Az.: 36 Ca 1798/06 – wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Parteien streiten auch in der Berufung über die Frage, ob die Beklagte und Berufungsklägerin (künftig: Beklagte) verpflichtet ist, dem Kläger und Berufungsbeklagten (künftig: Kläger) auch nach seinem Ausscheiden bei der Beklagten Beihilfe gemäß § 4 Abs. 1 des Arbeitsvertrags vom 16./18.10.1985 zu gewähren.

Der Kläger hat unter dem 16./18.10.1985 mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der X, einen von den Vertragsparteien als Dienstvertrag bezeichneten Arbeitsvertrag abgeschlossen (Bl. 6/14 d.A.), auf dessen Grundlage er ab 01.01.1986 als Wissenschaftler und Mitglied der Leitung des X-Instituts für Y-Forschung beschäftigt werden sollte.

Der Vertrag lautet auszugsweise:

§ 3

Vergütung

A erhält eine monatliche Gesamtvergütung, die sich zusammensetzt aus

  1. dem Grundgehalt entsprechend dem Gehalt, das einem Bundesbeamten der 13. Dienstaltersstufe der Besoldungsgruppe 4 der Besoldungsordnung C zum Besoldungsgesetz (BBesG) zusteht;…
  2. einem Ortszuschlag entsprechend dem für Bundesbeamte dieser Besoldungsgruppe jeweils gültigen Vorschriften ….

§ 4

Nebenleistungen

(1)

A hat Anspruch auf Erstattung der Reise- und Umzugskosten, auf Trennungsgeld, Beihilfen, Wohnungsfürsorge und ähnliche Leistungen, entsprechend den für Beamte des Bundes der Besoldungsgruppe C 4 jeweils geltenden Bestimmungen. Wird ein Betragszuschuss nach § 405 RVO in Anspruch genommen, so gelten die diesbezüglichen Beihilferegelungen für Angestellte des Bundes.

§ 5

Urlaub

A hat in jedem Kalenderjahr seiner Tätigkeit Anspruch auf einen bezahlten Erholungsurlaub entsprechend den für Beamte des Bundes der Besoldungsgruppe C 4 jeweils geltenden Bestimmungen…

§ 7

Nebentätigkeit und Ehrenämter

(1)

Als Nebentätigkeit im Sinne dieser Vertragsbestimmungen gelten in entsprechender Anwendung alle Tätigkeiten und Beschäftigungen, die in den § 1, 2 und 3 der Bundesnebentätigkeitsverordnung (BNV) in ihrer jeweiligen Fassung (zuletzt BGBl. I, S. 2117) bezeichnet sind…

§ 12

Krankenbezüge

(1)

A erhält im Falle einer durch Unfall oder Krankheit verursachten Arbeitsunfähigkeit oder während eines von einem Amtsarzt befürworteten Kur- oder Heilverfahrens die vollen Bezüge gemäß § 3 dieses Vertrages für einen Zeitraum bis zu einem Jahr, jedoch nicht über die Beendigung des Dienstverhältnisses hinaus, als Krankenbezüge weitergezahlt…

(2)

Im Falle des Todes von A vor Beendigung des Dienstverhältnisses wird Sterbegeld entsprechend den für Bundesbeamte jeweils geltenden Bestimmungen gezahlt…

§ 13

Dauer des Dienstverhältnisses

(2)

A kann das Dienstverhältnis mit einer Frist von sechs Monaten jeweils zum Schluss eines Kalenderjahres – erstmals zum 31.12.87 – kündigen. Die X kann das Dienstverhältnis nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes (§ 626 BGB) kündigen…

(4)

Das Dienstverhältnis endet ferner, ohne dass es einer Kündigung bedarf:

a) mit Ablauf des Monats, in dem A das 65. Lebensjahr vollendet,

Mit Rücksendung dieses von ihm unterzeichneten Arbeitsvertrags an die X hat der Kläger an Sch., einen der Unterzeichner des Arbeitsvertrags von Seiten der X geschrieben (Bl. 15/16 d.A.):

„Als Anlage übersende ich Ihnen die von mir unterzeichneten Exemplare meines Dienstvertrages. Ich gehe davon aus, dass die in Paragraph 2 genannten Einschränkungen bezüglich der Lage des Wohnsitzes ggf. großzügig ausgelegt werden und die in Paragraph 4 ausgeführten Bestimmungen bzgl. der Beihilferegelung auch nach Beendigung meines Dienstverhältnisses ihre Gültigkeit behalten.”

Auf dieses Schreiben hat die X nicht reagiert.

Das Arbeitsverhältnis des Klägers ist mit Wirkung zum 01.01.2002 aufgrund Betriebsübergangs im Sinne von § 613 a BGB auf die Beklagte übergegangen.

Mit Ablauf des 31.01.2005 hat das Arbeitsverhältnis zwischen Parteien gemäß § 13 Abs. 4 a des Arbeitsvertrags vom 16./18.10.1985 sein Ende gefunden, weil der Kläger sein fünfundsechzigstes Lebensjahr vollendet hatte.

Mit Arbeitsvertrag vom 11.01.2005 (Bl. 59/62 d.A.) haben die Parteien die Fortsetzung der Tätigkeit des Klägers für die Beklagte bis zum Dienstantritt des neu berufenen Institutsleiters vereinbart.

Der Arbeitsvertrag lautet auszugsweise:

§ 1

Art der Tätigkeit

A übernimmt in Fortsetzung seiner bisherigen Leitungsfunktion...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge