Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsetzung auf Arbeitsplatz mit einer niedrigeren Lohngruppe aufgrund Rationalisierungsmaßnahme. Direktionsrecht. Änderungskündigung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Nach § 5 des Manteltarifvertrages für die Arbeitnehmer der Papierindustrie vom 7.2.1997 ist die Umsetzung eines Arbeitnehmers, dessen Arbeitsplatz infolge einer Rationalisierungsmaßnahme wegfällt, auf einen Arbeitsplatz mit einer niedrigeren tariflichen Lohngruppe wirksam, ohne dass es dazu einer Änderungskündigung bedarf.

2. Die Tarifvertragsparteien können nämlich das Direktionsrecht des Arbeitgebers zur einseitigen Änderung der Arbeitsbedingungen erweitern, wenn sie zugleich, wie in § 5 Ziff. 1.4 MTV Papier geschehen, eine Regelung über einen Ausgleich der eintretenden Verdienstminderung treffen (im Anschluss an BAG 22.5.1985 AP Nr. 6 und 7 zu § 1 TVG Tarifverträge-Bundesbahn; BAG 26.6.1985 AP Nr. 4 zu § 9 TV AL II).

 

Normenkette

KSchG § 2; BGB § 315

 

Verfahrensgang

ArbG München (Urteil vom 10.02.2000; Aktenzeichen 10b Ca 491/99 I)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 19.11.2002; Aktenzeichen 3 AZR 591/01)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 10.2.2000 – 10b Ca 491/99 I – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Parteien ist streitig, ob eine von der Beklagten mit Schreiben vom 24.9.1997 zum 1.11.1997 verfügte Umsetzung vom Schichtwerkführer zum Maschinenführer bei gleichzeitiger Umgruppierung von Gehaltsgruppe C in Lohngruppe 6 unter Gewährung einer Ausgleichszulage in Höhe der Differenz zur bisherigen Vergütung bis 31.12.1998 wirksam ist.

Die Beklagte betreibt eine Papier- und Pappefabrik mit insgesamt ca. 150 Arbeitnehmern. In der einen Werkhalle läuft im 4-Schicht-Betrieb kontinuierlich eine große Kartonmaschine (KM), auf der Pappe hergestellt wird. In der anderen Werkhalle standen ursprünglich 2 Papiermaschinen. Wegen mangelnder Auslastung wurde die eine Maschine (PM I) veräußert und 1996/1997 demontiert. Zugleich wurde das im ersten Stock gelegene Prüflabor, in dem stichprobenartig laufend Qualitätsprüfungen des erzeugten Papiers vorgenommen werden, auf die freigewordene Fläche der Werkhalle verlegt. Auch die verbliebene PM II läuft kontinuierlich im 4-Schicht-Betrieb.

Die Beklagte beschäftigte bis 1997 jeweils 5 Schichtwerkführer für die KM und 4 Schichtwerkführer sowie 2 Springer für die Papiermaschine. Der Kläger ist seit 16.9.1974 bei der Beklagten beschäftigt, davon aufgrund eines Arbeitsvertrages vom 1.3.1986 (Blatt 10/11 der Akte) ab diesem Zeitpunkt als Schichtwerkführer an den Papiermaschinen.

Mit Schreiben vom 24.9.1997 (Blatt 15 der Akte) teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie zum 1.11.1997 eine schlankere Organisation beschlossen habe und die Zahl der Schichtwerkführer auf 5 reduziert werde. Er sei von der Reduzierung betroffen und man würde es begrüßen, wenn er der Umgruppierung als Maschinenführer mit Lohngruppe 6 zustimmen würde. Der Kläger ließ durch seine Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 15.10.1997 (Blatt 16/17 der Akte) anfragen, ob es sich bei dem Schreiben um eine Änderungskündigung handele. Wenn es zutreffen sollte, werde der Kläger Kündigungsschutzklage erheben. Die Beklagte antwortete mit Schreiben vom 15.10.1997 (Blatt 18 der Akte), dass es sich beim Schreiben vom 24.9.1997 um die Ankündigung einer Maßnahme handele. Dem Kläger wurde ein von der Beklagten unterzeichneter Arbeitsvertrag als Maschinenführer vom 17.10.1997 vorgelegt, dessen Unterzeichnung der Kläger verweigerte. Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 29.12.1997 forderte der Kläger von der Beklagten erneut eine Klarstellung, dass sein Status unverändert gelassen werde. Nach weiterem Schriftwechsel teilte der die Beklagte vertretende Arbeitgeberverband mit Schreiben vom 29.1.1998 (Blatt 27 der Akte) den Prozessbevollmächtigten des Klägers mit, dass die Umsetzung des Klägers nach § 5 Ziff. 1.3 des Manteltarifvertrages des einschlägigen Industriezweiges erfolgt sei und dass dem Kläger der Verdienstausgleich in Absprache mit dem Betriebsrat für 14 Monate zugesichert worden sei. Die einschlägigen Auszüge aus dem Manteltarifvertrag waren dem Schreiben beigefügt.

Mit Schreiben vom 15.10.1998 reklamierte der Betriebsleiter der Beklagten, dass der Kläger seine täglichen Prüfberichte nicht unter der Rubrik „Maschinenführer” führe, wie es für ihn seit 1.11.1997 maßgeblich sei. Der Kläger bat durch seine Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 29.10.1998 um die Zusicherung, dass er wie bisher im Angestelltenverhältnis als Werkschichtführer weiterbeschäftigt sei. Andernfalls möge die Beklagte kündigen, wenn sie meine, das Arbeitsverhältnis abändern oder beenden zu können. Mit der Abrechnung Januar 1999 stellte die Beklagte die Zahlung der Ausgleichszulage ein und bezahlte den Kläger nur noch nach Lohngruppe 6. Auf eine erneute Reklamation des Klägers durch Schreiben vom 5.3.1999 antworteten die Bevollmächtigten der Beklagten, dass ...

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