Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsvereinbarung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Fehler in der Zuständigkeit führt zur Unwirksamkeit eines Betriebsratsbeschlusses.

2. Der Arbeitgeber kann sich bezüglich der Unterschrift eines Betriebsratsvorsitzenden, der gleichzeitig Gesamtbetriebsratsvorsitzender ist, unter eine Betriebsvereinbarung nicht auf die Grundsätze der Darlegungs- oder Anscheinsvollmacht berufen, wenn die Unterschrift auf einem Beschluss des unzuständigen Betriebsratsgremiums beruht und der Arbeitgeber selbst sich an das unzuständige Gremium gewandt hat.

 

Normenkette

BetrVG § 77; BGB § 164 ff.

 

Verfahrensgang

ArbG München (Urteil vom 13.05.2004; Aktenzeichen 30 Ca 23474/02)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 24.05.2006; Aktenzeichen 7 AZR 201/05)

 

Tenor

I.

Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Arbeitsgerichtes München vom 13.5.2004 – 30 Ca 23474/02 – abgeändert:

  1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 2.554,56 (in Worten: zweitausendfünfhundertvierundfünfzig 56/100 Euro) brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit 1.1.2001 zu zahlen.
  2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 2.554,56 (in Worten: zweitausendfünfhundertvierundfünfzig 56/100 Euro) brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit 1.1.2002 zu zahlen.
  3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreites zu tragen.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe der Betriebsrente des Klägers.

Der Kläger, geboren am 21.3.1938, war bei der Beklagten in der Zeit vom 3.5.1960 bis 31.12.1998 als Brauer und kaufmännischer Angestellter beschäftigt.

Mit Schreiben vom 3.5.1960 wurde dem Kläger eine „Versorgungszusage” (im folgenden „Pensionszusage 60”genannt) nach einer bei der Beklagen bestehenden Einheitsregelung erteilt samt einer Anlage zur Ermittlung des Mindestanrechnungsbetrages (Fotokopie Bl. 125 – 128 d. A.).

Mit Schreiben vom 30.4.1984 (Fotokopie Bl. 221 d. A.) wandte sich die Beklagte an den Betriebsrat der L. zu Händen des Betriebsratsvorsitzenden Herrn W.an wegen „Anpassung und Änderung der bisherigen Versorgungsregelung”.

Zum damaligen Zeitpunkt bestand die Beklagte aus dem Hauptbetrieb in M. und den Depotbetrieben. Es bestand ein Betriebsrat im Hauptbetrieb in M. (im folgenden BR bezeichnet), dessen Vorsitzender damals Herr W. war und es bestanden auch Betriebsräte in Depotbetrieben. Es wurde ein Gesamtbetriebsrat (im folgenden GBR genannt) errichtet, dessen Vorsitzender ebenfalls Herr W. war.

Mit Schreiben vom 16.7.1985 (Fotokopie Bl. 170 d. A.) hat der BR Herrn D., dem Vorstand der Beklagten mitgeteilt, dass der BR zur Zeit die von der Firma angebotene neue Ruhegeldordnung behandelt und die Herren B., H. und W. dafür vom BR benannt wurden. Mit der von der Beklagten gewünschten Anpassung und Änderung der bisherigen Versorgungsregelung befassten sich sowohl der BR des Hauptbetriebes M. als auch der GBR in mehreren Sitzungen.

Der BR hat in der Sitzung vom 26.9.1995 zur Ruhegeldordnung folgenden Beschluss (Fotokopie Bl. 410 d. A.) gefasst:

TOP 1. Ruhegeldordnung

Zusage von der Geschäftsleitung vom 16.9.85 und Vorschlag von RA Ruf wurden im Gremium diskutiert und folgendes beschlossen:

1.) 15 % sollen erst ab 1.10.1990 zum Tragen kommen.

2.) Betriebsvereinbarung treffen.

3.) Entwurf als neues Schreiben an BR.

4.) Besitzstandsregelung soll bis 30.9.1990 gelten.

Neue Ruhegeldordnung wird angenommen, wenn die viervorgen. Punkte von der Geschäftsleitung angenommen werden.

Mit Schreiben vom 27.9.1985 (Fotokopie Bl. 412 d. A.), Absender „Betriebsrat-Herr W.” wurde der Beklagten mitgeteilt, dass der BR der neuen Ruhegeldordnung und Besitzstandsregelung bei Erfüllung von vier konkreten Punkten – die auf den BR-Beschluss vom 26.9.1985 beruhen – die Zustimmung erteilen wird.

Unter dem 30.9.1985 wurde dann „zwischen dem Vorstand und dem Betriebsrat der Firma L.” eine Betriebsvereinbarung (im folgenden BV 85 genannt) abgeschlossen über eine Ruhegeldordnung und Besitzstandsregelung (Fotokopie Bl. 14 ff d. A.). In der Unterzeichnerzeile ist aufgeführt: „Betriebsrat der L. und unterzeichnet hat Herr W..

Der GBR hat sich letztmals in der Sitzung vom 25.7.1985 mit der Änderung der Ruhegeldordnung befasst. Im Protokoll der GBR-Sitzung vom 25.71985 (Fotokopie Bl. 256 – 259 d. A.) ist hierzu lediglich enthalten:

„Ein Papier über Ruhegeldordnung liegt vor, das zur gegebenen Zeit vom BR bearbeitet werden muss.”

Der Punkt der Ruhegeldordnung war nicht auf der Tagesordnung. Bei der Sitzung vom 25.7.1985 waren laut Teilnehmerliste (Bl. 180 d. A.) von den 13 Mitgliedern des GBR 4 (Herr Z. Depot B., Herr K. Depot E., Herr L. Depot G. und Herr F. Depot T.) nicht anwesend.

Seit 1.1.2000 bezieht der Kläger von der Beklagten eine Betriebsrente in Höhe von EUR 767,14 monatlich. Der Kläger macht mit der Klage zum Arbeitsgericht München geltend, er habe Anspruch auf betriebliche Altersrente aus der Pensionszusage 60, die sich monatlich auf EUR...

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