Entscheidungsstichwort (Thema)

Bonusanspruch bei wirtschaftlicher Verschlechterung. Leistungsklage des Arbeitnehmers bei unwirksame Inbezugnahme einer Betriebsordnung zur Einführung eines Bonustopfes

 

Leitsatz (amtlich)

1. Verspricht der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer ein "jährliches Gesamtgehalt, das sich aus monatlichen Grundgehältern, Sonderzahlung und Bonus zusammensetzt", so verspricht er damit zugleich vertraglich die Zahlung eines Bonus. Erfolgt die Berechnung des jährlich neu für das abgelaufene Kalenderjahr festzusetzenden Bonus nach individueller Zielerreichung, Teamverhalten und Erfolg der Gesellschaft, so kann der Arbeitgeber dessen Zahlung nicht allein dadurch ausschließen, dass er wegen einer wirtschaftlich schwierigen Unternehmenslage keinen Bonustopf zur Verfügung stellt, wenn die individuelle Leistung und der Teamerfolg jeweils bei knapp über 100 % liegen.

2. Die vertragliche Regelung, der Bonus könne zwischen 0 und 200 % des - im Vertrag angegebenen - Basiswertes liegen, erlaubt nicht, diesen allein wegen eines negativen Ergebnisses bei allein einer der drei Voraussetzungen entfallen zu lassen.

3. Die nachfolgende Inbezugnahme einer Betriebsordnung, in der u.a. die Bonuszahlung von der Zur-Verfügung-Stellung eines Bonustopfes abhängig gemacht ist, kann den vertraglich eingeräumten Bonusanspruch nicht beseitigen. Diese Inbezugnahme ist jedenfalls wegen des vorher bereits eingeräumten vertraglichen Anspruches nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam.

 

Normenkette

BGB §§ 315, 133, 157, 305, 307, 305 Abs. 1, § 307 Abs. 1, § 313 Abs. 1, § 315 Abs. 3 S. 2 Hs. 1, § 611 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG München (Entscheidung vom 29.09.2011; Aktenzeichen 6 Ca 1020/11)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 29.09.2011 - 6 Ca 1020/11 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um eine Bonuszahlung für das Jahr 2008.

Der Kläger war in der Zeit vom 1. Dez. 2006 bis 31. Okt. 2010 bei der Beklagten, damals noch unter H. GmbH firmierend und als IT-Dienstleister in der ...-Gruppe tätig, auf der Grundlage des "Dienstvertrages" vom 13./25. Sept. 2006 (Anlage K 1, Bl. 8 ff. d. A.) als Network Administrator beschäftigt. In diesem Vertrag ist u.a. geregelt:

II.

Vergütung

Sie erhalten ein jährliches Gesamtgehalt, das sich aus monatlichen Grundgehältern, Sonderzahlung sowie Bonus zusammensetzt.

Monatliche Grundgehälter und Sonderzahlung

Ihr fixes Jahresgehalt beträgt EUR 65.000.- brutto.

Es wird in 13 gleichen Teilbeträgen von EUR 5.000.- brutto jeweils monatlich sowie zusätzlich als Sonderzahlung mit den Dezemberbezügen ausgezahlt.

Bonus

Sie erhalten darüber hinaus einen Bonus. Dieser richtet sich nach der individuellen Zielerreichung, dem Teamverhalten sowie dem Erfolg der Gesellschaft. Er wird jedes Jahr neu für das ablaufende Jahr festgesetzt. Der Bonus wird derzeit mit dem Märzgehalt eines Jahres für das zurückliegende Kalenderjahr gezahlt. ... Er kann zwischen 0 - 200 % Ihres Basiswertes liegen, der zurzeit bei EUR 7.000.- brutto liegt.

Gesamtgehalt

Je nach Höhe des Bonus wird Ihr Gesamtgehalt deshalb zwischen EUR 65.000.- und EUR 79.000.- brutto liegen.

...

V.

...

Betriebsordnungen

Es gelten die Arbeitsordnung und die übrigen Betriebsordnungen der Gesellschaft (wie Betriebsordnung zur flexiblen Arbeitszeit etc.) in den jeweils gültigen Fassungen.

..."

Bei der Beklagten besteht eine "Betriebsordnung der H. GmbH zur flexiblen Vergütung und zum Mitarbeitergespräch vom 1. Apr. 2006 (Anlage K 2, Bl. 14 ff. d. A.), die auszugsweise wie folgt lautet:

"...

C. Mitarbeitergespräch

...

IV. Zielerreichung

...

V. Festlegung der individuellen Höhe des Bonus

Die Höhe des individuellen Bonus hängt zum einen von der Höhe des jährlichen Bonustopfes ab. Dieser wiederum wird grundsätzlich vom Gesellschaftserfolg bestimmt.

Darüber hinaus honoriert der Bonus auch die Zielerreichung des Mitarbeiters.

Die konkrete Höhe des individuellen Bonus ist damit - neben der Abhängigkeit vom Erfolg der Gesellschaft - auch abhängig von der durch die Führungskraft im Mitarbeitergespräch durchgeführten Gesamtbewertung.

Die Festlegung der genauen Höhe des Bonus erfolgt in einem separaten Prozess. ..."

Mit Schreiben vom Februar 2008 (Anlage K 6, Bl. 29 d. A.) teilte die Beklagte dem Kläger mit, der Basiswert für seinen Bonus werde auf € 8.000.- festgesetzt. Nach dem Mitarbeitergespräch des Klägers mit der Beklagten erfüllte dieser im Jahr 2008 die ihm gesetzten Ziele voll bzw. übertraf sie leicht (Anlage K 7, Bl. 30 ff. d. A.).

Im Jahr 2008 geriet die Beklagte im Zusammenhang mit der weltweiten Banken- und Wirtschaftskrise in eine erhebliche finanzielle Schieflage. Die Insolvenz der H. ... Gruppe (nachfolgend: H. ... Gruppe) wurde nur durch stattliche Unterstützungszahlungen abgewendet.

Die Beklagte selbst erwirtschaftete im Geschäftsjahr 2008 einen Fehlbetrag von € 917.294,54. Der Vorstand beschloss am 10. März 2009, dass für das Jahr 2008 im Konzern weltweit keine Auszahlung diskreditionä...

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