Entscheidungsstichwort (Thema)

Annahmeverzugsvergütung. Ausschlussfrist

 

Leitsatz (amtlich)

1. Teilt der Arbeitgeber im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang im Informationsschreiben gem. § 613 a Abs. 5 BGB mit, dass der Arbeitnehmer im Fall des Widerspruchs wegen Wegfall seines Arbeitsplatzes aufgrund des Betriebsübergangs mit seiner Kündigung rechnen müsse, befindet er sich bei Widerspruch ohne weiteres – ohne die Notwendigkeit eines Angebots nach §§ 294, 295 BGB – ab Betriebsübergang in Annahmeverzug mit der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers (§ 296 BGB).

2. Eine, hier arbeitsvertragliche, Ausschlussfrist, die die Geltendmachung von Ansprüchen innerhalb von drei Monaten ab Fälligkeit verlangt, findet auch bei später erklärtem Widerspruch gegen einen Betriebsübergang(§ 613 a Abs. 6 BGB) und damit rückwirkend feststehenden Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses mit dem „alten” Arbeitgeber Anwendung – auch in diesem Fall ist die „Fälligkeit” von Vergütungsansprüchen nicht erst mit Erklärung des Widerspruchs gegeben.

 

Normenkette

BGB § 615; KSchG § 11; BGB §§ 271, 614

 

Verfahrensgang

ArbG München (Urteil vom 23.02.2010; Aktenzeichen 27 Ca 14014/09)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 23. Februar 2010 – 27 Ca 14014/09 –, unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen, in den Ziffern 1. und 2. abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin über den im Endurteil vom 23.02.2010 entschiedenen Hauptsachebetrag von 26.050,88 EUR brutto abzüglich eines Betrages von 8.340,71 EUR hinaus einen weiteren Betrag von 8.140,62 (achttausendeinhundertundvierzig 62/100) EUR brutto abzüglich eines Betrages von 2.558,50 EUR nebst Zinsen in Höhe von vier Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einem Betrag von 3.349,40 EUR seit 04.08.2009 und aus einem weiteren Betrag von 2.232,72 EUR seit 02.09.2009 zu bezahlen.

II. Die Kosten des Verfahrens Erster Instanz werden gegeneinander aufgehoben; die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 83 % und die Beklagte zu 17 %.

III. Die Revision wird für die Klägerin zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten noch über Vergütungsansprüche der Klägerin gegenüber der Beklagten als ihrer früheren Arbeitgeberin.

Die – ausweislich der vorgelegten Unterlagen: am 0.0.1966 geborene – Klägerin war auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 08.12.2005 nebst Änderungsschreiben/-vereinbarung vom 04.01.2007 (Anl. K 5 u. K 6, Bl. 37 – 42 d. A.) seit 20.05.1997 bei der Beklagten, die Autobahnraststätten betreibt, bzw. deren Rechtsvorgängerin zuletzt als Betriebsleiterin der Bundesautobahntank- und Rastanlage V. an der Bundesautobahn A 99 bei F. im Osten von M. tätig. Die Vergütung der Klägerin betrug zuletzt 0,00 EUR brutto/Monat nebst, der Höhe nach streitig gewesener, variabler Bezüge, die das Arbeitsgericht im berufungsgegenständlichen Urteil im Rahmen einer Schätzung mit einem Durchschnittsbetrag von 0,00 EUR (brutto) je Monat in Ansatz gebracht hat.

Die Beklagte informierte die Klägerin mit Schreiben vom 09.01.2009 (Anl. K 1, Bl. 7/8 d. A.) darüber, dass der Pachtvertrag der Beklagten „mit der A. T. & R. GmbH” zum 15.01.2009 beendet werde und ab 16.01.2009 neue Pächterin die Fa. Dr. H. GmbH & Co. KG sei, auf die somit das Arbeitsverhältnis der Klägerin zu diesem Zeitpunkt übergehe. Die Betriebsübernehmerin kündigte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin mit Schreiben vom 30.01.2009 zum 31.05.2009 und stellte sie am 16.02.2009 bis zum Ablauf der Kündigungsfrist von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei. Im Zeitraum ab dem Betriebsübergang vom 16.01.2009 bis zum Ablauf dieser Frist der von der Betriebsübernehmerin erklärten Kündigung erhielt die Klägerin nach ihren Angaben von der Betriebsübernehmen Gehaltszahlungen in Höhe von insgesamt 18.065,62 EUR brutto, entsprechend 10.965,57 EUR netto. Nach Einreichung einer Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung der Betriebsübernehmerin vom 30.01.2009 widersprach die Klägerin mit Schreiben gegenüber der Beklagten vom 18.08.2009 (Anl. K 3, Bl. 133 d. A.) dem Betriebsübergang – nach ihren, bestrittenen, Ausführungen im vorliegenden Rechtsstreit deshalb erst zu diesem Zeitpunkt, weil sie durch Übermittlung des Klageerwiderungsschriftsatzes vom 10.06.2009 (Anl. K 2, Bl. 9 f d. A.) im Kündigungsrechtsstreit gegen die Betriebsübernehmerin Anfang August 2009 erfahren habe, dass bereits bei Betriebsübernahme bekannt gewesen sei, dass wegen der Beauftragung eines anderen Unternehmens mit der Betriebsführung auch der Bundesautobahntank- und Rastanlage V. der Bedarf für die Beschäftigung der Klägerin entfallen würde, deren Kündigung somit bereits zu diesem Zeitpunkt festgestanden habe. Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin vom 18.08.2009 mit Schreiben vom 25.08.2009 (Anl. K 4, Bl. 16 d. A.) zurück und sprach dort gleichzeitig „höchst vorsorglich” eine ordentliche Kündigung aus betriebsbedingten Gründen zum 31.01.2010 aus. Die anderweitige Kündigungsschutzklage der Klä...

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