Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung von Versorgungsrichtlinien

 

Leitsatz (amtlich)

Streit über die Berechnung einer Betriebsrente, insbesondere darüber, ob eine übertarifliche Zulage bei der Berechnung der Betriebsrente zu berücksichtigen ist.

 

Normenkette

BetrAVG § 1; BGB §§ 133, 157

 

Verfahrensgang

ArbG München (Urteil vom 25.10.2007; Aktenzeichen 32 Ca 13532/06)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 19.04.2011; Aktenzeichen 3 AZR 272/09)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers und unter Zurückweisung seiner Berufung im Übrigen wird dasEndurteil des Arbeitsgerichts München vom25.10.2007 – 32 Ca 13532/06 – abgeändert:

  1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 22.194,06 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils EUR 1.056,86 ab 1.1.2005 und den Ersten der Folgemonate bis September 2006 zu zahlen.
  2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger von September 2006 bis Juni 2009 monatlich eine Betriebsrente zu zahlen, die die gezahlte Betriebsrente in Höhe von EUR 218,– bis Dezember 2007 und von EUR 225,07 ab Januar 2008 um monatlich EUR 1.056,86 übersteigt.

II. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte 4/5 und der Kläger 1/5.

III. Die Revision für beide Parteien wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Höhe der Betriebsrente des Klägers.

Der am 31.5.1949 geborene Kläger war vom 1.1.1971 bis 30.11.2004 bei der pp. GmbH & Co. KG beschäftigt. Er schied aufgrund eigener Kündigung aus. Im Dezember 2008 wurde die KG auf die Beklagte verschmolzen.

Für die betriebliche Alters- und Witwenversorgung galten bei der KG ursprünglich Richtlinien vom Dezember 1968 (Bl. 151 ff d.A.). Danach bemisst sich die Altersrente u.a. nach dem Bruttogehalt. Hierzu war in den Richtlinien vom Dezember 1968 in § 3 Abs. 4 Folgendes geregelt:

„Als letztes Bruttogehalt bzw. -Lohn wird der im Dezember vor der Pensionierung des Betriebsangehörigen bezahlte Betrag angesehen, der sich ohne Überstunden, Prämien, Gratifikationen, Provisionen oder sonstige Zulagen aller Art ergibt.”

Im Jahre 1968 erhielten die Arbeitnehmer Löhne und Gehälter ohne Aufgliederung danach, welcher Betrag das Tarifentgelt darstellt und welcher Entgeltbestandteil übertariflich ist. Eine Aufgliederung der Vergütung in Tarifentgelt und übertarifliche Zulage erfolgte erst mit der Mitgliedschaft der KG im Arbeitgeberverband Chemie zum 1.1.1975.

Aus Anlass seiner 10-jährigen Betriebszugehörigkeit erhielt der Kläger im Dezember 1991 ein Schreiben der KG (Bl. 156 d.A.), in dem es u.a. hieß:

„In Anerkennung Ihrer langjährigen und treuen Mitarbeit in unserer Firma haben wir uns entschlossen, Ihnen eine Altersversorgung nach Maßgabe der anliegenden Richtlinien zu gewähren.

Die Alterversorgung beginnt im Rahmen der festgelegten Höchstsätze mit etwa 25 % des normalen Brutto-Lohnes oder -Gehaltes bei vollendeter 10-jähriger Betriebszugehörigkeit, steigt im Laufe der folgenden 15 Jahre bis auf einen Betrag, der unter Einschluss der Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung das letzte Netto-Einkommen des in Ruhestand gehenden Mitarbeiters sicherstellen dürfte, wobei eine Mindestrente garantiert ist.”

In den Richtlinien in der Fassung vom 1.1.1986 (Bl. 164 ff d.A.) hieß es unter § 3 Abs. 1 zur Bemessung der Rente:

„Als letztes Bruttogehalt bzw. -Lohn wird der im Dezember vor Eintritt des Versorgungsfalles zu bezahlende Betrag angesehen, der sich ohne Überstunden, Prämien, Gratifikationen, Provisionen oder sonstige Zulagen aller Art ergibt; bei Außendienstmitarbeitern wird das Tarifgehalt zugrunde gelegt.”

In einer Gesamtbetriebsvereinbarung vom 5.4.1990 (Bl. 157 ff d.A.) wurde zur Vermeidung einer Überversorgung eine Netto-Obergrenze für die Gesamtversorgung eingeführt. In der Vorbemerkung dieser Gesamtbetriebsvereinbarung heißt u.a.:

„Mit der in § 3 Abs. 4 der Richtlinien enthaltenen dienstzeitabhängigen Staffel zur Begrenzung der Brutto-Gesamtversorgung aus Betriebsrente und Sozialversicherungsrente sollte ursprünglich nach mehr als 25-jähriger Dienstzeit ein Rentenbetrag erreicht werden, „der unter Einschluss der Leistungen aus der gesetzlichen Sozialversicherung das letzte Netto-Einkommen des in Pension gehenden Mitarbeiters praktisch sicherstellt.”

Die zwischenzeitlich erheblich gestiegene Belastung der aktiven Mitarbeiter mit Steuern und Sozialversicherungsabgaben führt dazu, dass die weitgehend von Steuern und Sozialabgaben befreiten Rentner trotz der Bruttobegrenzung der Gesamtversorgung eine Nettogesamtversorgung erreichen, die vielfach über 100% der vergleichbaren Nettobezüge aktiver Mitarbeiter liegt.”

Bei Neufassungen der Richtlinien zum 1.1.1992 (Bl. 173 ff d.A.) und 1.7.2004 (Bl. 185 d.A.) blieb die Bestimmung des § 3 Abs. 4 zum letzten Bruttogehalt unverändert. In diesen Fassungen ist die Frage der anrechenbaren Sozialversicherungsrente im Falle der vorzeitigen Inanspruchnahme wie folgt geregelt:

„Beruht das Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung wegen vorzeitiger Inanspruchnahme auf einem niedrigeren oder ...

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