Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebliche Altersversorgung/Witwenrente. Vollendung des 50 Lebensjahres als Anspruchsvoraussetzung für eine Witwenrente

 

Leitsatz (amtlich)

Die Anspruchsvoraussetzung für den Bezug einer Witwenrente, dass die Begünstigte im Zeitpunkt des Todes ihres Ehemannes das 50. Lebensjahr vollendet hat, beinhaltet weder einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG noch gegen Art. 6 Abs. 1 GG.

 

Verfahrensgang

ArbG München (Urteil vom 25.02.2000; Aktenzeichen 35 Ca 14543/99)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 19.02.2002; Aktenzeichen 3 AZR 99/01)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichtes München vom 25.2.2000 – 35 Ca 14543/99 – wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten, ob die Klägerin von der Beklagten ab 01.10.1997 die Zahlung einer Witwenrente von DM 96,00 monatlich verlangen kann.

Die Klägerin, geboren am …, ist die Witwe des am … geborenen und am … 7 verstorbenen Herrn … Die Ehe wurde am 16.6.1970 geschlossen.

Herr … war seit September 1956 zunächst als Auszubildender und danach als Kfz-Mechaniker bei der Beklagten beschäftigt. Zum Zeitpunkt seines Todes stand ihm eine unverfallbare Anwartschaft auf eine betriebliche Altersversorgung nach der Pensionsordnung der Beklagten vom 1.12.1970 zu.

Die Pensionsordnung sieht die Zahlung einer Witwen- und Waisenrente vor.

Nach § 15 Tabelle I Ziff. 4 dieser Pensionsordnung wird eine Witwenrente gewährt, wenn

  1. die Ehe vor Vollendung des 55. Lebensjahres geschlossen wurde und
  2. die Begünstigte im Zeitpunkt des Todes des Mannes das 50. Lebensjahr vollendet hat.

Nach § 15 Tabelle I Ziff. 3 der Pensionsordnung berechnet sich die Höhe der Versorgungsleistung wie folgt:

  1. Grundrente = DM 60,00/Monat
  2. Steigerungsbetrag = DM 4,00 für jedes nach Vollendung des 21. Lebensjahres im Dienst der Gesellschaft zurückgelegtes Beschäftigungsjahr.

Mit der Klage zum Arbeitsgericht München macht die Klägerin geltend, ihr stehe die Witwenrente von monatlich DM 96,00 gegen die Beklagte zu, obwohl sie zum Zeitpunkt des Todes ihres Ehemannes das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte. Die von der Beklagten in ihrer Pensionsordnung geregelten Ausschluss-Tatbestände hielten einer Rechtskontrolle nicht stand und stünden in Widerspruch zu den Wertentscheidungen der Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz.

Die Klägerin sei zum Zeitpunkt des Todes ihres Ehemannes bereits über 25 Jahre verheiratet gewesen. Es sei weder heute noch im Zeitpunkt der Einführung der streitgegenständlichen Pensionsordnung ein sachlicher Grund dafür ersichtlich, weshalb beispielsweise eine Witwe, die an ihrem 50. Geburtstag einen kurz vor Vollendung seines 55. Lebensjahres stehenden Arbeitnehmer der Beklagten geheiratet hat, der auf Hochzeitsreise tödlich verunglückt, eine Witwenrente beanspruchen könne, während eine Frau, mit welcher dieser über ein Vierteljahrhundert verheiratet war, nur deshalb nicht anspruchsberechtigt sein soll, weil der Arbeitnehmer einen Tag vor Vollendung ihres 50. Lebensjahres verstorben ist. Ehefrauen, die im Zeitpunkt des Todes ihres Ehemannes das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet, aber jahrzehntelang mit diesem verheiratet waren, hätten häufiger keine neben der gesetzlichen Rentenversicherung entsprechende Eigenversorgung aufbauen können als solche, die erst nach Vollendung ihres 50. Lebensjahres und vor Vollendung des 55. Lebensjahres eines Mitarbeiters heiraten bzw. geheiratet haben. Die Beklagte habe mit dem in § 15 Tabelle I Ziff. 4 ihrer Pensionsordnung normierten Tatbestandsvoraussetzungen ohne Berücksichtigung der Dauer der Ehe ihres Mitarbeiters eine von der Wertentscheidung des Art. 3 Abs. 1 GG nicht mehr gedeckte Wertentscheidung getroffen.

Die Witwenrente der Klägerin berechne sich wie folgt: Die Monatsrente des verstorbenen Ehemannes der Klägerin hätte DM 192,00 betragen, und zwar DM 60,00 Grundbetrag und DM 132,00 für 33 zurückgelegte Beschäftigungsjahre nach Vollendung des 21. Lebensjahres. Die Witwenrente betrage 50 %, somit DM 96,00 monatlich. Für die Zeit vom 1.10.1997 bis 30.9.1999 ergebe dies einen Betrag von DM 2.304,00.

Die Klägerin hat beantragt:

  1. Die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin DM 2.304,00 brutto zu zahlen.
  2. Die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin ab 1.10.1999 auf Lebenszeit monatlich DM 96,00 zu zahlen.

Die Beklagte beantragte dagegen, … die kostenpflichtige Klageabweisung … und trug vor, sie sei nicht zur Zahlung der Witwenrente verpflichtet, da die Klägerin die Voraussetzungen nach der Pensionsordnung nicht erfülle. Da die betriebliche Altersversorgung vom Arbeitgeber freiwillig nach Eintritt eines Versorgungsfalls gewährt werde, könne der Arbeitgeber deshalb auch frei entscheiden welche Voraussetzungen er für die Gewährung dieser Leistung aufstelle. Die Beklagte könne deshalb als Arbeitgeberin jeden sachlichen vernünftigen Anknüpfungspunkt wählen, um eine differierende Ausgestaltung der Leistungskriterien vorzunehmen. Sie sei grundsätzlich berechtigt, Sti...

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