Entscheidungsstichwort (Thema)

Zusatzurlaub § 49 BAT

 

Leitsatz (amtlich)

Voraussetzung für einen Anspruch auf Zusatzurlaub gemäß § 49 BAT, § 5 Abs. 1 S. 1 Ziff 2 UrlV ist, dass der Angestellte überwiegend mit tatsächlich infektiösem Material arbeitet. Eine Arbeit mit einem möglicherweise infektiösem Material ist nicht ausreichend.

 

Normenkette

BAT § 49; UrlV § 5

 

Verfahrensgang

ArbG Rosenheim (Urteil vom 06.11.2003; Aktenzeichen 4 Ca 139/03)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 06.09.2005; Aktenzeichen 9 AZR 492/04)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen dasEndurteil desArbeitsgerichtes Rosenheim vom06.11.2003 – 4 Ca 139/03 – wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Zusatzurlaub.

Die Klägerin ist als chemisch-technische Assistentin beim W. gegen ein Bruttomonatsgehalt in Höhe von zuletzt ca. EUR 2.300,– beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien ist der BAT anwendbar.

Der über § 49 BAT für die Gewährung eines Zusatzurlaubs sinngemäß anzuwendende § 5 der Verordnung über den Urlaub der bayerischen Beamten und Richter (Urlaubsverordnung-UrlV) lautet folgendermaßen:

§ 5

Zusatzurlaub für gesundheitsschädliche oder gesundheitsgefährdende Tätigkeiten

(1) Einen Zusatzurlaub von vier Arbeitstagen erhalten Beamte, die überwiegend

  1. in unmittelbarem Kontakt mit an Tuberkulose Erkrankten stehen oder
  2. mit infektiösem Material arbeiten oder
  3. ansteckend Kranke ärztlich oder pflegerisch betreuen oder
  4. dem Einfluss ionisierender Strahlen oder von Neutronen ausgesetzt sind oder
  5. sonstige Tätigkeiten ausüben, die ihrer Art nach von der obersten Dienstbehörde als gesundheitsschädlich oder gesundheitsgefährdend anerkannt sind.

Den gleichen Zusatzurlaub erhalten Beamte, die in psychiatrischen oder vergleichbaren Einrichtungen tätig sind und überwiegend in unmittelbarem Kontakt mit den psychisch Kranken stehen.

(2) Der Zusatzurlaub wird, auch wenn mehrere der in Absatz 1 genannten Gründe zusammentreffen, nur einmal gewährt. Als überwiegend ist eine Beschäftigung anzusehen, die in den letzten Monaten vor dem Urlaubsantritt mehr als die Hälfte der gesamten Arbeitszeit ausmacht.

Die Arbeit der Klägerin teilt sich in folgende Tätigkeitsbereiche auf:

1. Außendienst

1.1 Fahrzeiten

1.2 Probenentnahme aus Fließgewässern und Einleitungsstellen in diese

1.3 Probenentnahmen aus Boden und Grundwasser

2. Labortätigkeiten

2.1 Analyse der Proben: Homogenisieren, Filtrieren, Abfüllen, Zugabe von Reagenzien, Vornahme von Messungen, Trocknen, Mahlen, Sieben und Aufschließen von Bodenproben zur Untersuchung auf Altlasten oder Verunreinigungen

2.2 Entsorgen des Probenmaterials und grobe Vorreinigung der Gerätschaften

2.3 Herstellen von Reagenzien und Lösungen

2.4 Betreuung von Auszubildenden im Laborbereich

3. Sonstige Tätigkeiten

Erstellung und Aktualisierung des Handbuchs der analytischen Qualitätssicherung; statistische Auswertungen, Führen des Labortagebuchs und der Chemikalienliste; Bestellungen von Material; Sicherheitsbeauftragte.

Die Beklagte gewährte der Klägerin bis einschließlich 2001 jährlich Zusatzurlaub gemäß § 5 UrlV.

Laut einem Schreiben des B. vom 15.01.2002 ist in den Arbeitsbereichen Labor und Probenahme der W. kein Zusatzurlaub mehr zu gewähren, da bei Tätigkeiten in diesen Bereichen in der Regel kein erhöhtes Risiko einer Gesundheitsgefährdung entsprechend § 5 UrlV bestehe, wenn die jeweiligen Arbeitsanweisungen beachtet werden (vgl. Bl. 8 d. A.).

Das S. stützt sich hierbei auf eine Stellungnahme des T. vom 08.08.2001 (Bl. 10 d. A.).

Auf den Widerspruch der Klägerin gegen die Streichung des Zusatzurlaubs lehnte es das W. mit Schreiben vom 04.02.2002 ab, diese zurückzunehmen (vgl. Bl. 11/12 d. A.).

Die Klägerin macht mit ihrer Klage zum Arbeitsgericht Rosenheim geltend, der Anspruch auf Zusatzurlaub sei begründet, da sie mit infektiösem Probenmaterial arbeite. Auch durch das Tragen von Schutzkleidung könne eine Gefährdung durch Kontakt mit infektiösem Material nicht gänzlich ausgeschlossen werden. § 5 UrlV differenziere nicht danach, ob auch tatsächlich mit infektiösem Material oder mit Material, das in der Regel nicht infektiös sei, gearbeitet werde. Die Tatsache, dass sie mit infektiösem Material in Berührung komme, werde insbesondere belegt durch die Betriebsanweisungen gemäß der Biostoffverordnung, die für ihren Tätigkeitsbereich anzuwenden seien (vgl. Bl. 51, 52, 55 und 57 d. A.).

Die Klägerin beantragte in erster Instanz:

  1. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Zusatzurlaub in Höhe von vier Tagen gemäß § 49 BAT i. V. mit § 5 UrlV für 2002 zu gewähren.
  2. Hilfweise:

    Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin vier freie Tage als Ersatz dafür zu gewähren, dass der Zusatzurlaub für 2002 nicht mehr eingebracht werden kann.

  3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Der Beklagte beantragte dagegen

die kostenpflichtige Klageabweisung.

Er trug vor, der Klägerin stehe kein Sonderurlaub zu, da sie nicht mit tatsächlich infektiösem Material arbeite, sondern bei der Analyse von Wasser-, Grundw...

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