Entscheidungsstichwort (Thema)

Ersatz von Fahrzeugschäden

 

Leitsatz (amtlich)

1. Fährt ein Arbeitnehmer mit dem Privatfahrzeug während der Rufbereitschaft zur Arbeitstelle, setzt er sein Fahrzeug nicht im Betätigungsfeld des Arbeitgebers ein.

2. Die Zeit für den Weg zur Arbeitsstelle während der Rufbereitschaft ist keine Arbeitszeit.

 

Normenkette

BGB § 670; TVöD § 7 III, § 8 III

 

Verfahrensgang

ArbG Regensburg (Urteil vom 04.06.2009; Aktenzeichen 8 Ca 1310/08)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 22.06.2011; Aktenzeichen 8 AZR 102/10)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Regensburg vom 04.06.2009 – 8 Ca 1310/08 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II. Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadenersatz.

Der Kläger war bei der Beklagten vom 1. Juli 2006 bis 30. Sept. 2008 als Oberarzt beschäftigt. Sein Arbeitsvertrag vom 9. Mai 2006 (Bl. 7 ff. d. A.) erklärt die Vorschriften des TVöD und des besonderen Teils Krankenhäuser (BT-K) für auf das Arbeitsverhältnis anwendbar. Im Betrieb der Beklagten besteht eine Betriebsvereinbarung zur Bereitschaftsdienstregelung und zur Flexibilisierung des Arbeitszeitrechts v. 23. Dez. 2005 (Bl. 9 ff. d. A.).

Am Sonntag, dem 6. Jan. 2008, hatte der Kläger Rufbereitschaft zu leisten. Mit Schreiben vom 14. Jan. 2008 (Bl. 13 ff. d. A.) machte er einen Schadenersatzanspruch in Höhe von EUR 6.690,80 geltend, den er mit einem erlittenen Unfall auf dem Weg in die Klinik, während seiner Rufbereitschaft am 6. Jan. 2008 begründet. Mit Schreiben vom 15. Jan. 2008 (Bl. 20 d. A.) leitete der Vorgesetzte des Klägers das Schreiben an den stellvertretenden Verwaltungsleiter mit der Bitte um Überprüfung weiter, ohne dass aber nachfolgend eine Schadensregulierung erfolgt wäre.

Mit seiner am 21. Nov. 2008 beim Arbeitsgericht Regensburg eingegangenen und der Beklagten am 2. Dez. 2008 zugestellten Klage vom 19. Nov. 2008 verfolgt der Kläger die Schadensregulierung weiter.

Er trägt vor, am 6. Jan. 2008 während seiner Rufbereitschaft gegen ca. 9.00 Uhr zur Patientenaufnahme ins Klinikum gerufen worden zu sein. Auf der Staatsstraße … von A. nach L. sei er ca. 100 m vor der Abzweigung nach G./J. mit seinem Pkw, Toyota Avensis, amtl. Kennz. …, auf Grund Straßenglätte ins Rutschen gekommen und in den Straßengraben gerutscht. Dadurch sei der Pkw erheblich beschädigt worden. Die Reparaturkosten beliefen sich gem. Kostenvoranschlag des Autohauses … GmbH auf EUR 5.622,52 netto. Hinzu kämen EUR 75.– als Kosten für den Kostenvoranschlag und eine Schadenspauschale von EUR 30.–, woraus sich der geforderte Betrag ergebe.

Er ist der Ansicht, bei der Fahrt zum Klinikum habe es sich um eine Dienstfahrt gehandelt, da Rufbereitschaft zur Arbeitszeit zähle. Seit Entgegennahme des Anrufes habe er sich im Dienst befunden. Da keine Schadensregulierung erfolgt sei, befinde sich die Beklagte seit 22. Jan. 2008 in Verzug.

Er hat zuletzt b e a n t r a g t:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 5.727,52 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu bezahlen. Ein Betrag in Höhe von EUR 5.622,52 ist seit dem 16. Jan. 2008, ein weiterer Betrag in Höhe von EUR 100.– seit dem 22. Jan. 208 und ein weiterer Betrag in Höhe von EUR 5.– seit Rechtshängigkeit zu verzinsen.

Die Beklagte hat b e a n t r a g t,

die Klage abzuweisen.

Sie hält einen Ersatzanspruch des Klägers für nicht gegeben. Er habe sein Fahrzeug nicht mit ihrer Billigung in ihrem Tätigkeitsbereich eingesetzt. Bei der Fahrt habe es sich um keine betriebliche Tätigkeit gehandelt. Im Falle der Ausübung einer Rufbereitschaft trage der Arbeitnehmer im Einsatzfalle das Wegerisiko; er habe die Freiheit der Ortswahl und könne diesen auch so wählen, dass er ohne Inanspruchnahme von Hilfe seines Arbeitgebers rechtzeitig den arbeitsvertraglichen Pflichten nachkommen könne.

Im Übrigen ist die Beklagte der Ansicht, der Kläger habe grob fahrlässig gehandelt, da er seine Fahrweise nicht den winterlichen Straßenverhältnissen angepasst habe.

Das Arbeitsgericht Regensburg – Kammer Landshut hat die Klage mit Urteil vom 4. Juni 2009 (Bl. 60 ff. d. A.) vollumfänglich abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, im Schreiben von Prof. Dr. W. vom 15. Jan. 2009 liege kein Anerkenntnis, dass es sich bei der gegenständlichen Fahrt um eine Dienstfahrt gehandelt habe. Vielmehr habe er gerade den Verwaltungsleiter mit der Vornahme der Überprüfung betraut. Einen Ersatzanspruch nach § 670 BGB sieht das Gericht ebenso nicht gegeben, da es sich bei der vorliegenden Fahrt nicht um einen Einsatz des Klägers im Betätigungsbereich des Arbeitgebers gehandelt habe. Diese sei alleinige Sache des Arbeitnehmers gewesen. Daran ändere auch nichts, dass die Rufbereitschaft gemäß der Betriebsvereinbarung der Beklagten vom 23. Dez. 2005 als Arbeitszeit rechne. Der Kläger könne sich während der Rufbereitschaft außerhalb des Arbeitsplatzes aufhalten; hieraus folge aber nicht, dass der Arbeitgeber dann das Wegerisiko übernehmen wolle. Eine...

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