Entscheidungsstichwort (Thema)

dynamische Anwendbarkeit von Tarifvertrag. Vertrag zu Lasten Dritter

 

Leitsatz (amtlich)

Zu prüfen waren unmittelbare Ansprüche der Klägerin aus einem Personalüberleitungsvertrag zwischen ursprünglichem Betriebsinhaber und Betriebserwerber ihres Beschäftigungsbetriebes

– hier nicht gegeben, weil es sich bei der Verpflichtung des Betriebserwerbers auf die zukünftige dynamische Anwendbarkeit eines Tarifvertrages jedenfalls dann um einen unzulässigen Vertrag zu Lasten Dritter handelt, wenn den einzelnen Arbeitnehmern kein Wahlrecht eingeräumt wird

 

Normenkette

BGB § 611 Abs. 1, § 328 Abs. 1, § 613a; TVG § 3 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG München (Urteil vom 14.10.2008; Aktenzeichen 14 Ca 17232/07)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 23.02.2011; Aktenzeichen 4 AZR 441/09)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 14.10.2008, Az. 14 Ca 17232/07, abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Die Revision wird für die Klägerin zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über tarifvertragliche Einmalzahlungen für die Jahre 2005, 2006 und 2007.

Die Klägerin wurde mit Arbeitsvertrag vom 01.02.1981 (Bl. 44 d.A.) von der Landesversicherungsanstalt Oberbayern (LVA) ab 01.02.1981 als vollbeschäftigte Arbeiterin in deren Zentralkrankenhaus G. eingestellt; seit 01.04.2006 ist sie in Teilzeit mit 30 Wochenstunden beschäftigt. § 2 des Arbeitsvertrages lautet:

㤠2

Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Mantel-Tarifvertrag für Arbeiter der Länder (MTL II) vom 27. Februar 1964 und den diesen ergänzenden, ändernden oder an seine Stelle tretenden Tarifverträge.”

Mit Wirkung vom 01.01.1999 übernahm die Beklagte die Trägerschaft des Krankenhauses G.. Das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin ging im Wege des Betriebsübergangs ab 01.01.1999 auf die Beklagte über.

Anlässlich des Betriebsübergangs schlossen die LVA und die Beklagte am 29.06.1998 einen Personalüberleitungsvertrag (Bl. 45 ff. d.A.). Hier ist unter anderem folgendes geregelt:

„§ 1 Übergang der Arbeitsverhältnisse

(1) Die Angestellten, Arbeiter und Auszubildenden der Fachklinik M.-G., im folgenden Arbeitnehmer genannt, werden gemäß § 613 a BGB von A. übernommen.

(2) A. sichert zu, dass sich alle Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer aus den jeweiligen Regelungen des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT, Fassung Bund und Länder), des Manteltarifvertrages für Arbeiter/ Arbeiterinnen der Mitglieder der TgRV (MTArb-TgRV), des Tarifvertrages zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Schülerinnen/Schüler, die nach Maßgabe des Krankenpflegegesetzes ausgebildet werden, und den sie ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen sowie aus der für die Fachklinik M.-G. abgeschlossenen Dienstvereinbarung ergeben.

(3) Von Absatz 2 können sich im Hinblick auf § 4 Absatz 2 Abweichungen ergeben. A. verpflichtet sich, etwaige Verringerungen der Vergütungen (Lohn/Gehalt) der Arbeitnehmer im Wege des Besitzschutzes auszugleichen.

(4) Soweit in den nach § 1 Abs. 2 bzw. § 4 Abs. 2 anzuwendenden tariflichen Vorschriften (z.B. § 65 BAT, § 74 MTArb-TgRV) auf jeweils geltende Bestimmungen des Arbeitgebers verwiesen wird, sind die entsprechenden Bestimmungen des Freistaats Bayern sinngemäß anzuwenden. …

§ 4 Zusatzversorgung bei der ZVK

(1) A. verpflichtet sich, die bisher bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder für die übernommenen Arbeitnehmer bestehende Zusatzversorgung durch eine Beteiligung bei der Zusatzversorgungskasse der Bayerischen Gemeinden (ZVK) weiterzuführen.

(2) Zur Erfüllung dieser Verpflichtung hat A. die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für eine Beteiligung bei der ZVK zu schaffen. Dies gilt vor allem für die Mitgliedschaft beim Kommunalen Arbeitgeberverband Bayern e.V. (KAV), für das anzuwendende Tarifrecht und für die Einrichtung eines Beirats mit maßgeblichem kommunalen Einfluss im Sinne des

§ 3 Abs. 1 Nr. 2 der Satzung des KAV.

§ 15 Laufzeit, weiterer Betriebsübergang

(1) Der Vertrag wird mit dem Übergabestichtag wirksam. Er wird auf unbestimmte Zeit geschlossen.

(2) Im Falle eines weiteren Betriebsüberganges sind die Rechte und Pflichten von A. aus diesem Vertrag auf den neuen Übernehmer zu übertragen mit der Pflicht zur Weiterübertragung. …”

Vom 01.01.1999 bis zum 31.12.2004 war die Beklagte Vollmitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Bayern e.V. (KAV). Seit dem 01.01.1999, also seit dem Betriebsübergang, wandte sie bei ihren Mitarbeitern die Tarifverträge des Öffentlichen Dienstes für den Bereich der Kommunalen Arbeitgeber an, also den BAT (VKA) und den BMT-G (VKA). Dies erfolgte auch bei Mitarbeitern, die nach dem 01.01.1999 neu eingestellt wurden. Der BAT in der Fassung für Bund und Länder wurde dagegen ab 1999 nicht mehr angewandt

Zum 01.01.2005 wandelte die Beklagte ihre Mitgliedschaft im Kommunalen Arbeitgeberverband Bayern e.V. in eine Gastmitgliedschaft ohne Tarifbindung um. Den am 01.10.2005 in Kraft getretenen TVöD wendet sie nicht an...

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