Entscheidungsstichwort (Thema)

Einsicht in Personalakte

 

Leitsatz (amtlich)

Die Entscheidung befasst sich mit der Begründetheit eines Anspruchs eines Arbeitnehmers auf Einsichtnahme in seine Personalakte nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses sowie mit der Zulässigkeit einer hierauf gerichteten Klage. Das Rechtsschutzbedürfnis für die hierauf gerichtete Klage wird zwar bejaht, ein Anspruch auf Einsichtnahme in die Personalakte wird jedoch vor dem Hintergrund der konkreten Umstände des Falles verneint.

 

Normenkette

BetrVG § 83; BGB § 242

 

Verfahrensgang

ArbG München (Urteil vom 11.04.2008; Aktenzeichen 39 Ca 14853/07)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 16.11.2010; Aktenzeichen 9 AZR 573/09)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 11.4.2008, Az.: 39 Ca 14853/07, wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über eine Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger Einsicht in die über ihn bei ihr geführte Personalakte zu gewähren.

Der Auseinandersetzung liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde:

Der Kläger war in der Zeit vom 1. Januar 2006 bis 30. Juni 2007 bei der Beklagten als Schadensbüroleiter beschäftigt. Die Beklagte führt Personalakten über jeden Mitarbeiter, so auch über den Kläger. Ein Streit der Parteien über den Inhalt eines Arbeitszeugnisses wurde inzwischen beendet.

Mit seiner beim Arbeitsgericht München am 31. Oktober 2007 eingegangenen Klage vom selben Tag hat der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung der Einsichtnahme in die über ihn bei der Beklagten geführte Personalakte, hilfsweise zur Herausgabe der gesamten Personalakte an den Kläger zur Einsichtnahme begehrt.

Zur Begründung hat er erstinstanzlich vorgetragen, er könne auch nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses Einsicht in seine bei der Beklagten sich die befindende Personalakte verlangen. Die Beklagte habe ihm, dem Kläger, Illoyalität vorgeworfen. Deshalb müsse er an Hand der Einsicht in die Personalakte erfahren können, welche Sachverhalte gemeint seien, um gegebenenfalls rechtliche Schritte einleiten zu können. Das

Rechtsschutzbedürfnis für seine Klage ergebe sich aus dem verfassungsrechtlich verbrieften Recht auf informationelle Selbstbestimmung, das auch Drittwirkung im Arbeitsrecht habe.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt:

  1. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Einsicht in die über den Kläger geführte Personalakte im Zeitraum 01.01.2006 bis 30.06.2007 einschließlich sämtlicher Sonder- und Nebenakten zu gewähren;
  2. hilfsweise die gesamte Personalakte des Klägers an diesen zur Einsicht herauszugeben.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und erwidert, für die erhobene Klage sei ein Rechtsschutzbedürfnis nicht gegeben, da der Zeugnisrechtsstreit der Parteien inzwischen beigelegt sei.

Das Arbeitsgericht München hat die Klage mit Endurteil vom 11. April 2008, das dem Kläger am 5. Mai 2008 zugestellt wurde, in vollem Umfang abgewiesen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei nicht zulässig, weil ein

Rechtsschutzbedürfnis des Klägers, nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses Einsicht in die über ihn bei der Beklagten geführte Personalakte nehmen zu können, nicht ersichtlich sei.

Der Arbeitnehmer habe zwar im bestehenden Arbeitsverhältnis grundsätzlich Anspruch auf Einsichtnahme in die über ihn geführte Personalakte. Dies gelte aber nicht uneingeschränkt, wenn das Arbeitsverhältnis zwischenzeitlich beendet worden sei. Die Abwägung der beiderseitigen Interessen führe nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses für den Regelfall zu dem Ergebnis, dass dem Arbeitnehmer ein Anspruch auf Entfernung einer zu Unrecht erteilten Abmahnung aus der Personalakte nicht mehr zustehe. Etwas anderes könne sich nur daraus ergeben, dass objektive Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass die Abmahnung dem Arbeitnehmer auch noch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses schaden könne. Es könne seltene Fälle geben, in denen unrichtige

Darstellungen dem Arbeitnehmer noch schaden könnten, beispielsweise falls ein Zeugnis aufgrund dieser Darstellung erstellt werde oder der Arbeitgeber Dritten Auskünfte erteile. Vorliegend habe der Kläger bereits ein wohlwollendes qualifiziertes Zeugnis erhalten, mit dessen Inhalt er einverstanden sei. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte Dritten gegenüber Mitteilungen von dem Inhalt der Personalakte mache oder Dritten die Personalakte überlasse, seien nicht ersichtlich. Allein die Äußerung der Sachbearbeiterin der Rechtsabteilung, die dem Kläger Illoyalität vorgeworfen habe, begründe anlässlich des inzwischen beigelegten Zeugnisrechtsstreits nicht den Verdacht, dass in der Personalakte unrichtige Darstellungen über den Kläger vorhanden seien. Da die Beklagte dem Kläger ein wohlwollendes qualifiziertes Zeugnis erteilt habe, in dem der Vorwurf der Illoyalität nicht aufrechterhalten werde, sei nicht zu befürchten, dass die Beklagte Dritten andere Auskünfte erteile als die im Zeugnis erhaltenen Angaben. Sein Rechtssch...

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