Entscheidungsstichwort (Thema)

Entgeltfortzahlung. öffentlicher Dienst

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Änderung der individuellen Arbeitszeit im Sinne der Protokollerklärung Nr. 1 Satz 3 zu § 21 Satz 2 TVöD liegt vor, wenn die arbeitsvertraglich vereinbarte Arbeitszeit geändert wird.

2. Die Änderung des Referenzzeitraums für die Bemessung der in die Entgeltfortzahlung einfließenden unsteten Entgeltbestandteile bei der Änderung der individuellen Arbeitszeit gemäß § 21 Satz 2 TVöD i.V. mit der Protokollerklärung Nr. 1 Satz 3 hierzu ist rechtlich nicht zu beanstanden.

 

Normenkette

TVöD § 21 S. 2, § 22 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG München (Urteil vom 15.02.2008; Aktenzeichen 2a Ca 12209/07)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 20.01.2010; Aktenzeichen 5 AZR 53/09)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom15.02.2008 – Az. 2a Ca 12209/07 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

2. Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Bemessungsgrundlage für die Entgeltfortzahlung nach § 21 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD) vom 13.09.2005.

Der am 0.0.1958 geborene Kläger ist bei der Beklagten, die den Flughafen München betreibt, seit Juni 1997 als Arbeiter im Bodenverkehrsdienst (teilzeit-)beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst Anwendung.

§ 21 TVöD bestimmt:

In den Fällen der Entgeltfortzahlung nach § 6 Abs. 3 Satz 1, § 22 Abs. 1, § 26, § 27 und § 29 werden das Tabellenentgelt sowie die sonstigen in Monatsbeträgen festgelegten Entgeltbestandteile weitergezahlt. Die nicht in Monatsbeträgen festgelegten Geldbestandteile werden als Durchschnitt auf Basis der dem maßgebenden Ereignis für die Entgeltfortzahlung vorhergehenden letzten drei vollen Kalendermonate (Berechnungszeitraum) gezahlt. Ausgenommen hiervon sind das zusätzlich für Überstunden gezahlte Entgelt (mit Ausnahme der im Dienstplan vorgesehenen Überstunden), Leistungsentgelte, Jahressonderzahlungen sowie besondere Zahlungen nach § 23.

Protokollerklärungen zu den Sätzen 2 und 3:

1. Volle Kalendermonate im Sinne der Durchschnittsberechnung nach Satz 2 sind Kalendermonate, in denen an allen Kalendertagen das Arbeitsverhältnis bestanden hat. Hat das Arbeitsverhältnis weniger als drei Kalendermonate bestanden, sind die vollen Kalendermonate, in dem das Arbeitsverhältnis bestanden hat, zugrunde zu legen. Bei Änderungen der individuellen Arbeitszeit werden die nach der Arbeitszeitänderung liegenden vollen Kalendermonate zugrunde gelegt.

…”

Die Arbeitnehmer im Bodenverkehrsdienst der Beklagten arbeiten im Schichtbetrieb. Bei den zweimal jährlich erfolgenden Flugplanwechseln können sich die Schichten und damit die wöchentliche Arbeitszeit verändern. Die Schichten „vergibt” die Beklagte vorbehaltlich der Zustimmung des Betriebsrats an die Arbeitnehmer nach dem Senioritätsprinzip. So änderte sich die Arbeitszeit des Klägers ab 01.11.2006 von zuvor durchschnittlich 37 Wochenstunden auf durchschnittlich 36,50 Wochenstunden und ab 01.01.2007 auf durchschnittlich 34,50 Stunden.

Der Kläger war in dem Monat Januar 2007 sieben Tage arbeitsunfähig krank. Bei der Bemessung der Entgeltfortzahlung berücksichtigte die Beklagte keine unsteten Entgeltbestandteile i. S. v. § 21 Satz 2 TVöD. Diese hätten unter Zugrundelegung der der Arbeitsunfähigkeit vorhergehenden letzten drei vollen Kalendermonate EUR 79,73 brutto betragen.

Mit seiner am 04.09.2007 beim Arbeitsgericht München eingegangenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, ihm stünden auch bei einer Entgeltfortzahlung in den Monaten, in denen sich seine Arbeitszeit aufgrund einer durch den Flugplanwechsel bedingten Änderung seiner Schichtzeiten ändere, die unsteten Entgeltbestandteile gem. § 21 Satz 2 TVöD zu.

Der Kläger hat beantragt:

  1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, bei der Berechnung des Durchschnittslohns gem. § 21 TVöD die letzten drei Monate als Berechnungsgrundlage heranzuziehen unabhängig davon, ob sich die Monatsarbeitszeit des Klägers in diesem Zeitraum ändert.
  2. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger EUR 79,73 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat unter Berufung auf die Protokollerklärung Nr. 1 zu § 21 TVöD die Auffassung vertreten, bei einer Entgeltfortzahlung in dem Monat, in dem sich die Schichtzeiten des Klägers änderten, unstete Geldbestandteile nicht berücksichtigen zu müssen, weil sich jeweils die individuelle Arbeitszeit des Klägers ändere.

Das Arbeitsgericht hat mit Endurteil vom 15.02.2008 die Klage abgewiesen und seine Entscheidung unter Berufung auf ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts zu § 47 Abs. 2 Unterabs. 4 BAT (Urteil vom 13.06.1991 – 8 AZR 330/90 –, ZTR 1992, 156) darauf gestützt, bei Änderungen der individuellen Arbeitszeit könnten nach der Protokollerklärung N...

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