Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit der Vereinbarung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Wiederaufleben eines ruhenden Beamtenverhältnisses

 

Leitsatz (amtlich)

Die auflösende Bedingung, wonach bei Wiederaufleben des ruhenden Beamtenverhältnisses, das Arbeitsverhältnis endet, ist wegen eines sachlichen Grundes, nämlich gesicherte Rückkehrmöglichkeit ins Beamtenverhältnis und Vermeidung einer Pflichtenkollision, gerechtfertigt.

 

Normenkette

TzBfG §§ 14, 21; BGB § 162 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG München (Entscheidung vom 18.10.2016; Aktenzeichen 23 Ca 4324/16)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 15.05.2019; Aktenzeichen 7 AZR 285/17)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München (Az.: 23 Ca 4324/16) vom 18.10.2016 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer auflösenden Bedingung sowie über die Weiterbeschäftigung der Klägerin.

Die Klägerin ist Beamtin auf Lebenszeit bei der E. AG und zu einem Grad von 60 als schwerbehindert anerkannt. Die Klägerin wurde seit dem 06.06.2005 seitens der E. AG auf Grundlage von § 13 der Sonderurlaubsverordnung (SUrlV) jeweils befristet, zuletzt bis zum 31.05.2016, hinsichtlich ihres Beamtenverhältnisses beurlaubt. Für die Beurlaubung von Beamten muss ein dienstliches Interesse vorliegen. Der Beamte verliert durch die ausgesprochene Beurlaubung seinen Anspruch auf Besoldung, nach dem Besoldungsrecht des Bundes hat er dafür aber auch keine Leistungspflicht mehr. Im Übrigen besteht das Beamtenverhältnis unverändert fort. Insbesondere leben mit Beendigung der Beurlaubung auch Ansprüche auf amtsangemessene Besoldung und die Pflicht zur Dienstleistung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen wieder auf.

Grundlage der Beurlaubung der Klägerin war die Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses zur Beklagten, einer 100%igen Tochtergesellschaft der E. AG.

Gemäß Arbeitsvertrag vom 18.05.2005 gelten für das Arbeitsverhältnis die für den Arbeitgeber geltenden Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung.

In § 4 Abs.3 der Anlage 1 zum Mantel-Tarifvertrag der Beklagten ist folgende Regelung enthalten:

"Das Arbeitsverhältnis endet, wenn das ruhende Beamten- oder Arbeitsverhältnis bei der E. AG wieder auflebt".

Bei der Beklagten finden umfangreiche Umstrukturierungsmaßnahmen statt, die auch mit einem Personalabbau verbunden sind, wobei ein Interessenausgleich und Sozialplan mit dem Gesamtbetriebsrat unter dem 31.07.2014 abgeschlossen wurde. Die Klägerin wurde als vom Personalabbau vollbetroffen angesehen und zum 01.07.2015 in die Einheit JSP (Job Service und Placement) versetzt, die Beratung und Jobangebote für vom Arbeitsplatzwegfall betroffene Mitarbeiter bietet.

Mit Schreiben vom 22.03.2016 unterrichtete die E. AG die Klägerin darüber, dass sie aufgrund von Umstrukturierungsmaßnahmen bei der Beklagten die zum 31.05.2016 auslaufende Beurlaubung im Beamtenverhältnis nicht verlängern werde. Es wurde auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen der Regelung im Mantel-TV hingewiesen. Um eine "Pflichtenkollision" wegen des wiederauflebenden Beamtenverhältnisses auszuschließen, wurde der Klägerin der Abschluss eines Aufhebungsvertrages mit Einmalzahlung angeboten. Das Schreiben endet mit dem Hinweis:

"Die HR Business Services sind von ihrem Arbeitgeber mit der Erledigung dieser personellen Angelegenheit beauftragt. Daher handeln wir im Namen und im Auftrag ihres Arbeitgebers."

Die Klägerin nahm das Angebot des Auflösungsvertrages nicht an. Sie war zuletzt im Projekt F. eingesetzt, wobei der Einsatz am 07.04.2016 für die Monate April und Mai verlängert wurde. Die Beklagte kündigte der Klägerin vorsorglich außerordentlich und ordentlich.

Im vorliegenden Rechtsstreit begehrt die Klägerin die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch Eintritt der auflösenden Bedingung in § 4 Abs. 3 der Anlage 1 zum Manteltarifvertrag (MTV C.) nicht beendet worden sei. Sie begehrt des Weiteren die Weiterbeschäftigung.

Die Klägerin war erstinstanzlich der Auffassung, dass ihr Arbeitsverhältnis nicht zum 31.12.2015 aufgrund der auflösenden Bedingung des Manteltarifvertrages der Beklagten geendet habe. Die Tätigkeiten im Bereich F. seien weiterhin notwendig. Weitere Stellen seien bei der Beklagten ausgeschrieben. Sie müsse durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses Gehaltseinbußen hinnehmen, die bis zu einer Verrentung sich auf € 118.000,00 netto belaufen würden. Dabei habe sie eine Eigentumswohnung abzuzahlen. Des Weiteren liege auch kein sachlicher Grund für die auflösende Bedingung vor. Die auflösende Bedingung in § 4 Abs. 3 Anlage 1 zum MTV C. diene nicht dem überwiegenden Schutzinteresse der Klägerin, sondern ausschließlich den Interessen der Beklagten. Der Bedingungseintritt sei in das freie Belieben der Beklagten gestellt. Dies zeige das Schreiben der E. AG vom 22.03.2016, wonach diese im "Auftrag" der Beklagten gehandelt habe. Eine Pflichtenkollision liege nicht vor. Insoweit verwies die Klägerin...

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