Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung. Gesamtbetriebsvereinbarung. Vorruhestandsregelung

 

Leitsatz (amtlich)

Zahlung einer „Übergangsbeihilfe” nach einer Gesamtbetriebsvereinbarung

 

Normenkette

BetrVG § 77 Abs. 4

 

Verfahrensgang

ArbG München (Urteil vom 11.02.2003; Aktenzeichen 10b Ca 482/02 I)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München – Kammer Ingolstadt – vom 11. Februar 2003 – 10b Ca 482/02 I – wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger fordert von der Beklagten als seiner früheren Arbeitgeberin die Zahlung einer höheren „Übergangsbeihilfe” während der Zeit des „Vorruhestandes”, da er von der Beklagten erstattete Krankenversicherungsbeiträge nunmehr selbst versteuern muss.

Der am 00.00.1944 geborene Kläger war ab 01.04.1979 bei der Beklagten, zuletzt als Personalreferent, beschäftigt. Bei der Beklagten besteht eine Gesamtbetriebsvereinbarung vom 02.12.1994 (Bl. 23 – 32 d.A.) über „die Abkehr älterer Mitarbeiter”, die u.a. bestimmt:

„…

5. Leistungen bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Während der Arbeitslosigkeit erhalten ausgeschiedene Mitarbeiter Ausgleichszahlungen (Zuschuß/Übergangsbeihilfe), die als nachrangige Leistungen zu den Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit gewährt werden.

Der Zuschuß wird gezahlt, solange der Mitarbeiter Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, längstens bis zu dem Zeitpunkt, in dem ein Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung besteht.

Übergangsbeihilfe wird nach Beendigung der Gewährung von Arbeitslosengeld gezahlt, längstens bis zu dem Zeitpunkt, in dem ein Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung besteht.

Voraussetzung für die Zahlung von Zuschuß bzw. Übergangsbeihilfe ist die Beantragung von Arbeitslosengeld bzw. Arbeitslosenhilfe durch den Mitarbeiter.

Wird der Antrag auf Gewährung von Arbeitslosenhilfe vom Arbeitsamt abgelehnt, entrichtet der Arbeitgeber – unabhängig von der Höhe der zu zahlenden Übergangsbeihilfe – die Krankenversicherungsbeiträge zu 100 % brutto (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil).

6. Höhe der Leistungen

Die Ausgleichszahlungen und die Leistungen des Arbeitsamts sichern zusammen 90 % des letzten vor dem Ausscheiden durchschnittlich verdienten Monatsnettoeinkommens ab.

Der Zuschuß bzw. die Überbrückungsbeihilfe wird monatlich nachträglich auf ein vom Mitarbeiter zu benennendes Girokonto gezahlt.

…”

Das Arbeitsverhältnis der Parteien wurde auf der Grundlage eines Schreibens der Beklagen vom 29.11.1996 (Bl. 5 d.A.) zum 31.12.1998 beendet. Der Kläger erhielt im Zeitraum vom 01.01.1999 bis 29.08.2001 Arbeitslosengeld, wobei die Beklagte während dieser Zeit gemäß der Regelungen der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 02.12.1994 einen Zuschuss in Höhe der Differenz zwischen dem Arbeitslosengeld und 90 % der vom Kläger vor seinem Ausscheiden zuletzt bezogenen Nettovergütung von 4.770,66 DM/Monat bezahlte. Seit Ende August 2001 – bis, so der Vortrag des Klägers, zum Bezug vorgezogenen Altersruhegeldes mit Vollendung des 60. Lebensjahres ab 01.05.2004 – erhält der Kläger, der keinen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe hat, nunmehr „Übergangsbeihilfe” gem. Ziffn. 5 und 6 der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 02.12.1994 zuzüglich eines Krankenversicherungsbeitrages von 840,52 DM (429,75 Euro)/Monat bzw. seit 01.01.2002 in Höhe von 447,42 Euro/Monat, welchen Betrag der Kläger selbst versteuern muss, weshalb die in diesem Zeitraum allein von der Beklagten zu erbringenden Leistungen 90 % seines letzten Nettoeinkommens aus dem aktiven Beschäftigungsverhältnis nicht erreichen. Eine ergänzende „Gesamtbetriebsvereinbarung zur Fortführung und Ergänzung der Vereinbarung (vom 02.12.1994) über die Abkehr älterer Mitarbeiter” vom 10.03.1998 (Bl. 83 – 88 d.A.) bestimmt u.a.:

„…

8. Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge

Wird vom Arbeitsamt wegen Nichtbezuges von Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe die Kranken- oder Pflegeversicherung nicht getragen, entrichtet der Arbeitgeber die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge zu 100 % brutto (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil). Die hierauf anfallenden Steuern sind vom Mitarbeiter zu tragen.

…”

Mit der vorliegenden Klage macht der Kläger die, rechnerisch unstreitige, Differenz zwischen dem Betrag von 90 % seiner letzten, zum Zeitpunkt seines Ausscheidens bei der Beklagten gegebenen Nettobezüge und den, nach Versteuerung der von der Beklagten erstatteten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge, bestehenden Nettoeinkünften nach Auslaufen des Anspruchs auf Zahlung von Arbeitslosengeld im Zeitraum vom 01.09.2001 bis 28.02.2002 geltend.

Wegen des unstreitigen Sachverhalts im Übrigen und des streitigen Vorbringens beider Parteien im Ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand des angefochtenen Endurteils des Arbeitsgerichtes München vom 11.02.2003 Bezug genommen (§ 69 Abs. 2 ArbGG i.d.F. v. 01.01.2002), mit dem dieses der Klage in vollem Umfang mit der Begründung stattgegeben hat, dass die vom Wortlaut her eindeutige und keiner ...

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