Verfahrensgang

ArbG Augsburg (Urteil vom 01.06.1995; Aktenzeichen 1 Ca 2381/93)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Arbeitsgerichtes Augsburg vom 1.6.1995 – 1 Ca 2381/93 – abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 14.069,48 (i.W. Deutsche Mark vierzehntausendneunundsechzig 48/100) brutto abzüglich DM 5.229,– (i.W. Deutsche Mark fünftausendzweihundertneunundzwanzig) netto nebst 4% Zinsen aus dem verbleibenden Nettobetrag seit 30.6.1993 zu zahlen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche auf Vergütung gem. § 615 Satz 1 BGB geltend.

Der Kläger war seit 1.10.1987 bei der Beklagten, einem Textilindustriebetrieb, als Abteilungsmeister beschäftigt gegen ein monatliches Entgelt von zuletzt DM 4.454,50 brutto bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden.

Die Beklagte hat das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 11.5.1992 zum 30.6.1992 gekündigt. Durch Urteil im Verfahren 1 Ca 1169/92 Arbeitsgericht Augsburg ist rechtskräftig entschieden, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien erst mit Ablauf des 30.9.1992 beendet wurde.

Der Kläger forderte im erstinstanzlichen Verfahren zuletzt von der Beklagten als Vergütung für die Zeit vom 1.7. bis 30.9.1992 insges. DM 15.472,– brutto abzüglich DM 5.229,–netto erhaltenes Arbeitslosengeld. Diese Klage ist beim Arbeitsgericht Augsburg eingegangen am 30.6.1993.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet gem. § 3 Abs. 1 TarifvertragsG der Manteltarifvertrag vom 12.5.82/6.10.94 für die kaufmännischen und technischen Angestellten sowie Meister der südbayerischen Textilindustrie Anwendung. In § 12 dieses Manteltarifvertrages ist die Fälligkeit und das Erlöschen von Ansprüchen wie folgt geregelt:

  1. Vergütungen für Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit sollen möglichst in dem Monat, in dem die Leistung erfolgt, ausbezahlt werden, spätestens jedoch bei der diesem Monat folgenden Gehaltsabrechnung.
  2. Ansprüche auf Vergütungen gem. Abs. 1 sind binnen 2 Monaten nach erfolgter Abrechnung über den Leistungsmonat geltend zu machen.
  3. Der Urlaubsanspruch ist spätestens 3 Monate nach Beendigung des Urlaubsjahres geltend zu machen.
  4. Alle übrigen Ansprüche sind binnen 6 Monaten nach Fälligkeit, im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses binnen 2 Monaten nach dem Ausscheiden geltend zu machen.

    Diese letzte Frist gilt auch für den Urlaubsanspruch.

  5. Ansprüche gem. Abs. 2 bis 4 müssen schriftlich beim Arbeitgeber, und wenn dies erfolglos bleibt, innerhalb der vorgesehenen Fristen durch Klageerhebung geltend gemacht werden.
  6. Nach Ablauf der oben genannten Fristen können keinerlei Ansprüche mehr geltend gemacht werden.
  7. Die Bestimmungen des § 12 finden keine Anwendung in Fällen, in denen der einschlägige Tarifvertrag vorsätzlich und schuldhaft umgangen worden ist.
  8. Ausgleichsquittungen werden im Falle arbeitgeberseitiger Kündigung erst 4 Wochen nach deren Zugang wirksam. (Ausgleichsquittungen werden in den Fällen, in denen der Angestellte kündigt, nicht erst nach 4 Wochen, sondern sofort wirksam.)

Das Arbeitsgericht Augsburg hat durch Endurteil vom 1.6.1995 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, daß die geltend gemachte Forderung verfallen sei. Die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche würden nicht erst mit rechtskräftigem Abschluß des Kündigungsschutzprozeß fällig, sondern mit Ablauf des entsprechenden Lohnzeitraumes. Sehe man in der Erhebung der Kündigungsschutzklage eine schriftliche Geltendmachung dieser Ansprüche, so entbinde dies den Kläger nicht von der Verpflichtung auch die zweite Stufe der Ausschlußfrist, nämlich die gerichtliche Geltendmachung, rechtzeitig vorzunehmen. Die Erhebung der Kündigungsschutzklage könne nach der Rechtsprechung des BAG nicht als gerichtliche Geltendmachung angesehen werden. Die Geltendmachung der Ansprüche mit der vorliegenden Klage vom 30.6.1993 sei somit bei weitem verfristet.

Die Regelung des § 12 des Manteltarifvertrages sei nicht wegen Unklarheit unwirksam. Diese Regelung sei auch nicht deshalb verfassungswidrig, weil der entsprechende Manteltarifvertrag für gewerbliche Arbeitnehmer keine gerichtliche Geltendmachung vorsehe.

Bezüglich des Sachvortrages der Parteien im ersten Rechtszug, der von ihnen zuletzt gestellten Anträge und der Ausführungen des Arbeitsgerichtes im einzelnen wird auf den Inhalt des Endurteiles vom 1.6.1995 (Bl. 56 – 61 d.A.) verwiesen.

Der Kläger hat gegen dieses Urteil, das ihm am 25.10.1995 zugestellt wurde, am 20.11.1995 Berufung eingelegt und diese am 22.1.1996 innerhalb der verlängerten Frist begründet.

Er trägt vor, die Regelung in § 12 des Manteltarifvertrages für Angestellte sei wegen Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG unwirksam, da für Arbeiter gem. § 18 des Manteltarifvertrages für gewerbliche Arbeitnehmer eine gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen nicht vorgesehen sei. Diese Schlechterstellung der Angestellten sei sachlich nicht gerechtfertigt.

Im übrige...

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