rechtskräftig

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wird im Laufe eines Arbeitsverhältnisses über das Vermögen des Arbeitgebers das Konkursverfahren eröffnet, so sind Lohn-/Gehaltsansprüche für die Zeit nach Eröffnung des Konkursverfahrens Masseschulden im Sinne von § 59 Abs. 1 Nr. 2 zweite Alternative KO.

2. Für derartige Masseschulden haftet der Gemeinschuldner unbeschränkt weiter.

3. Ist Gemeinschuldner eine KG, so haften die Komplementäre für derartige Masseschulden gemäß §§ 161 Abs. 2, 128 Abs. 1 HGB.

 

Normenkette

KO § 59 Abs. 1 Nr. 2 zweite Alternativ; HGB § 161 Abs. 2, § 128 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Rosenheim (Urteil vom 07.06.1989; Aktenzeichen 3 Ca 133/89 Rei)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Rosenheim vom 7.6.1989 – 3 Ca 133/89 Rei geändert:

  1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.378,56 DM nebst 4,4 % Zinsen aus 3.368,56 DM seit dem 11.3.1989 zu zahlen. Soweit auch Herr … haftet, haftet der Beklagte mit ihm als Gesamtschuldner.
  2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte als Komplementär der in Konkurs gefallenen Firma Gußwerk … für nach Konkurseröffnung angefallene Gehaltsfortzahlungsansprüche haftet.

Der Beklagte ist mit Herrn … persönlich haftender Gesellschafter der Firma Gußwerk. …. Über dessen Vermögen wurde am 31.7.1987 das Konkursverfahren eröffnet. Der bei der Klägerin versicherte Arbeitnehmer … war seit 1955 bei der Gemeinschuldnerin beschäftigt. Er war in der Zeit vom 10.8 bis 15.9. und 9. bis 13.10.1987 arbeitsunfähig krank. Während dieser Zeit zahlte die Klägerin ihm ein tägliches Krankengeld von 82,16 DM, insgesamt 3.368,56 DM. Das Arbeitsverhältnis des Herrn bei der Gemeinschuldnerin bestand zumindest bis zum 13.10.1987 fort.

Die Klägerin machte die in Höhe des gezahlten Krankengeldes auf sie gemäß § 115 SGB X übergegangenen Gehaltsfortzahlungsansprüche zunächst gegenüber dem Konkursverwalter als Masseforderung geltend. Nachdem dieser mitgeteilt hatte, mit einer Befriedigung sei nicht zu rechnen, verlangte die Klägerin die Zahlung der 3.368,56 DM vom Beklagten. Sie hat ihm dazu mit Schreiben vom 20.2.1989 eine Frist bis zum 10.3.1989 gesetzt.

Die Klägerin hat beantragt:

Der Beklagte wird als Gesamtschuldner neben dem ebenfalls persönlich haftenden Herrn … verurteilt, an die Klägerin 3.368,56 DM zuzüglich 4,4 % Zinsen hieraus seit dem 11.3.1989 sowie weitere 10,00 DM als Kosten und Auslagen zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, und geltend gemacht, bei der Klageforderung handele es sich um Verbindlichkeiten der allein vom Konkursverwalter fortgeführten Firma …. Nachdem er selbst mit dieser Firma nichts mehr zu tun habe, könne er auch keine Verpflichtungen mehr für sie eingegangen sein. Im übrigen sei Herr … der einzige Arbeitnehmer, der während der Leitung der Firma durch den Konkursverwalter keine Lohnfortzahlung erhalten habe.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Der Beklagte hafte für die auf die Klägerin übergegangenen Gehaltsfortzahlungsansprüche des Arbeitnehmers … nicht; denn bei diesen Ansprüchen handele es sich um eine Masseforderung, die erst nach Konkurseröffnung entstanden sei. Der Gemeinschuldner hafte mit seinem vom Konkurs nicht erfaßten Privatvermögen für Masseschulden nur dann, wenn er diese verursacht habe. Dies könne er jedoch nur bis zur Eröffnung des Konkursverfahrens, da er danach keinen Einfluß auf die Handlungen des Konkursverwalters habe. Nach Konkurseröffnung hafte für Masseschulden nur die Masse. Wolle man eine weitere Haftung des Gemeinschuldners zulassen, so könne der Konkursverwalter durch – auch noch so unsinnige – Handlungen den Gemeinschuldner zur Haftung bringen.

Zum weiteren erstinstanzlichen Vorbringen der Parteien und zur sonstigen rechtlichen Würdigung des Arbeitsgerichts wird auf dessen Urteil vom 7.6.1989 Bezug genommen.

Die Klägerin hat gegen das am 27.6.1989 zugestellte Urteil am 19.7.1989 Berufung eingelegt und ihr Rechtsmittel innerhalb der bis zum 19.9.1989 verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet. Sie verfolgt mit der Berufung ihren erstinstanzlichen Antrag weiter und macht geltend, maßgeblich für die Haftung des Beklagten sei nicht, wann die auf sie übergegangenen Lohnfortzahlungsansprüche fällig geworden, sondern worin sie begründet seien. Begründet seien die Ansprüche in dem Arbeitsverhältnis des Herrn … mit der Gemeinschuldnerin. Dieses habe bereits vor Konkurseröffnung bestanden.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Zum näheren Rechtsvortrag der Parteien in zweiter Instanz wird auf die Berufungsbegründung und die Berufungsbeantwortung Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig und begründet. Der Beklagte schuldet als persönlich haftender Gesellschafter der Firma Gußwerk … der Klägerin gemäß §§ 63, 128 Satz 1, 161 Abs. 2 HGB; 115 SGB X die eingeklagten Gehaltsfortzahlungsansprüche.

Die Gehaltsfortzahlungsansprüche standen Herrn Ernst … zu und sind gemäß § 1...

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