Entscheidungsstichwort (Thema)

Strukturausgleich nach Übergangsrecht. Unbegründete Zahlungsklage eines technischen Angestellten im Geschäftsbereich eines Bundesministeriums

 

Leitsatz (amtlich)

§ 12 I TVÜ-Bund sieht einen Anspruch auf Ausgleich für Altersexpektanzverluste für AN, welche noch vor der Überleitung in den TVöD-Bund von VG III in VG IIa aufgestiegen und in EG 12 übergeleitet wurden, nicht vor. Ein solcher Anspruch ergibt sich auch nicht im Wege einer ergänzenden Auslegung von § 12 I TVÜ-Bund.

 

Normenkette

TVÜ-Bund § 12 Abs. 1; BGB § 611 Abs. 1; TVÜ-Bund § 12 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG München (Entscheidung vom 19.09.2012; Aktenzeichen 29 Ca 179/12)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 15.01.2015; Aktenzeichen 6 AZR 646/13)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 19.09.2012 - 29 Ca 179/12 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um einen Anspruch des Klägers auf Strukturausgleich.

Der Beklagte ist eine teilrechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. Seit dem 01.01.1995 ist der am 04.06.1967 geborene Kläger bei ihm als Technischer Angestellter in Vollzeit beschäftigt.

Dienstort ist das meteorologische Observatorium H..

In der Vergangenheit fand auf das Arbeitsverhältnis der Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) Anwendung. Originär war der Kläger in die Vergütungsgruppe III, Fallgruppe 2 BAT eingruppiert. Nach Ablauf von zehn Jahren erfolgte zum 01.05.2005 der Bewährungsaufstieg in die Vergütungsgruppe IIa, Fallgruppe 8b Teil I der Anlage 1a zu § 22 BAT.

Das Arbeitsverhältnis des Klägers wurde in den zum 01.10.2005 in Kraft getretenen TVöD-Bund übergeleitet. Zu diesem Zeitpunkt war der Kläger 38 Jahre alt und erzielte eine Grundvergütung nach BAT in Höhe von € 2.971,79 brutto. Bei weiterer Anwendbarkeit des BAT wäre diese Grundvergütung mit Vollendung des 39., 41., 43. und 45. Lebensjahres stufenweise bis auf € 3.419,91 brutto angestiegen.

Mit Schreiben vom 30.01.2006 (Anlage K1 = Bl. 7-8 d. A.) wandte sich der Beklagte an den Kläger. In diesem Schreiben heißt es unter anderem:

Wesentlicher Bestandteil der Tarifeinigung ist die Einführung eines neuen Bezahlungssystems.

Die bisherigen Vergütungsgruppen werden in sogenannte Entgeltgruppen übergeleitet. Das System der Lebensaltersstufen wird durch Entwicklungsstufen ersetzt ...

Danach werden sie aufgrund ihrer derzeitigen Eingruppierung in die Entgeltgruppe 12 des TVÖD übergeleitet. Aufgrund ihres Vergleichsentgelts ergibt sich eine Stufenzuordnung zwischen den Stufen 4 und 5. Daher werden sie einer ihrem Vergleichsentgelt entsprechenden individuellen Zwischenstufe zugeordnet. Aus dieser individuellen Zwischenstufe erfolgt ihr Aufstieg in die nächste reguläre Stufe ihrer Entgeltgruppe ab 01.10.2007 ...

Außerdem erhalten sie - vorbehaltlich noch ausstehender, ergänzender Regelungen - ab 01.10.2009 dauerhaft einen monatlichen Strukturausgleich in Höhe von 100,00 Euro (bei Teilzeittätigkeit anteilig).

Gemäß § 16 Abs. 1 S. 1 TVÖD-Bund umfasst die Entgeltgruppe 12 nur fünf Stufen. Entgegen der BAT-Struktur, wonach bis zur Vollendung seines 45. Lebensjahres alle zwei Jahre automatisch weitere Vergütungserhöhungen stattgefunden hätten, ist für den Kläger in der TVöD-Struktur eine Anhebung seiner Bezüge nicht mehr möglich. Die daraus resultierenden Einkommenseinbußen (so genannte Altersexpektanzverluste) werden nach dem Willen der Tarifvertragsparteien über die Zahlung eines Strukturausgleiches grundsätzlich aufgefangen.

Wie angekündigt, erhielt der Kläger ab 01.10.2009 einen Strukturausgleich in Höhe von € 100,00 monatlich.

Unter dem Datum 09.05.2011 teilte der Beklagte dem Kläger Folgendes mit (vgl. Anlage K2 = Bl. 9 d. A.):

Aufgrund neuer höchstrichterlicher Rechtsprechung zu den Anspruchsvoraussetzungen für die Zahlung eines Strukturausgleichs gemäß § 12 TVÜ-Bund ist eine Überprüfung des Vorliegens der Anspruchsvoraussetzungen erforderlich geworden.

Aus dieser Überprüfung können sich im Einzelfall unterschiedliche Auswirkungen ergeben. Möglich sind sowohl höhere als auch geringere Zahlungen als bisher sowie ein völliger Wegfall der Zahlungen. Bis zum Abschluss der Überprüfungen werden deshalb die Zahlungen aufgrund des Strukturausgleichs unter Vorbehalt geleistet ...

Sollte sich eine Verringerung/ein Wegfall ergeben, erfolgt eine Rückforderung/eine Aufrechnung nach den tarif- und gesetzlichen Bestimmungen.

Der Vorbehalt für die Zahlung des Strukturausgleichs erstreckt sich auf die Monate April, Mai und Juni 2011.

Der Beklagte nahm mit diesen Schreiben Bezug auf eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg, wonach Vergütungsgruppe iSv § 12 Abs. 1 S. 2 TVÜ-Bund in Verbindung mit der Anlage 3 TVÜ-Bund diejenige Vergütungsgruppe ist, in welche der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Überleitung in den TVöD tatsächlich - also insbesondere auch nach bereits zuvor erfolgtem Zeit- oder...

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