Entscheidungsstichwort (Thema)

Erfüllungsort. Betriebliche Altersversorgung

 

Leitsatz (redaktionell)

Erfüllungsort für Betriebsrentenzahlungen ist der Ort, an dem der Arbeitgeber bei Entstehung seiner Leistungspflicht die gewerbliche Niederlassung hatte, in der der Arbeitnehmer tätig war.

 

Normenkette

ZPO § 29

 

Verfahrensgang

ArbG München (Urteil vom 06.02.2002; Aktenzeichen 16 Ca 18542/99)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 20.04.2004; Aktenzeichen 3 AZR 301/03)

 

Tenor

1. Das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 6.2.2002 – 16 Ca 18542/99 – wird auf die Berufung des Klägers aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das Arbeitsgericht zurückverwiesen.

2. Die Revision für die Beklagte wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe der Betriebsrente des Klägers.

Der Kläger war bis Oktober 1992 bei der Beklagten angestellt. Die Beklagte ist eine Gesellschaft nach amerikanischem Recht mit Sitz in W.. Bis Mitte 1995 betrieb sie einen Rundfunksender in M., der anschließend nach P. verlegt wurde. Der Kläger ist US-Staatsbürger. Nur solche sind berechtigt, Leistungen aus dem US-Pensionsplan in Anspruch zu nehmen. Mitarbeiter der Beklagten, die keine US-Staatsbürger sind, können eine Betriebsrente nur auf der Basis eines tarifvertraglich geregelten sogen. DM-Pensionsplanes erhalten.

Die Pensionszahlungen an den Kläger erfolgen durch die Versicherungsgesellschaft … die ihren Sitz in den USA hat. Die Pensionszahlungen nach dem US-Pensionsplan werden in den USA versteuert.

Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte berechne seine Betriebsrente falsch und hat deshalb in erster Instanz die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 41.249,60 US-Dollar brutto beantragt. Wegen des Sach- und Streitstandes in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Mit Endurteil vom 6.2.2002 hat das Arbeitsgericht die Klage als unzulässig abgewiesen. Die internationale Zuständigkeit des Arbeitsgerichts München sei nicht gegeben. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ergebe sich aus den Regeln der ZPO über die örtliche Zuständigkeit. Gemäss § 29 Abs. 1 ZPO sei für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen sei. Aus den Umständen, insbesondere aus der Natur der Umstände ergebe sich, dass hier der Sitz des mit den Zahlungen betrauten Versicherungsunternehmen der Leistungsort sei. Die amerikanischen Mitarbeiter der Beklagten hätten gewusst, dass die Zahlungen der Betriebsrente durch eine amerikanische Versicherung erfolgen und entsprechend in den USA zu versteuern seien.

Gegen dieses dem Klägervertreter am 17.6.2002 zugestellte Endurteil wendet sich die am 8.7.2002 eingegangene Berufung des Klägers, die dieser am 9.9.2002 begründet hat, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis zum 17.9.2002 verlängert worden war.

Der Kläger ist der Auffassung, die internationale Zuständigkeit des Arbeitsgerichts München sei gegeben. Die Beklagte sei Schuldnerin der Betriebsrente und die amerikanische Versicherungsgesellschaft nur Bote. Zur Zeit seiner Pensionierung habe die Beklagte eine gewerbliche Niederlassung in M. gehabt, wo er auch gearbeitet habe. Für den Erfüllungsort sei es ohne Bedeutung, von welcher Stelle die Betriebsrente ausgezahlt werde. Auch der Ort der Versteuerung habe mit dem Erfüllungsort nichts zu tun.

Der Kläger stellt folgenden Antrag:

Unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts München vom 6.2.2002, Az.: 16 Ca 18542/99, wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger US-Dollar 41.249,60 brutto zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers kostenpflichtig zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des Arbeitsgerichts für zutreffend. Der Gerichtsstand ergebe sich weder aus § 17 noch aus § 21 ZPO, denn bei Klageerhebung habe die Beklagte in M. keine Niederlassung mehr unterhalten. Auch aus § 29 ZPO i.V. mit § 269 BGB folge keine internationale Zuständigkeit des Arbeitsgerichts München. Zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des mit der Klage verfolgten Anspruchs sei der Kläger nämlich nicht mehr bei der Beklagten beschäftigt gewesen. Der Kläger mache einen vermeintlichen Anspruch aus dem US-Pensionsplans geltend, den nur US-Bürger haben könnten. Diesem Versorgungsplan habe die Vorstellung zugrunde gelegen, dass der betreffende Arbeitnehmer nach seiner Pensionierung in die USA zurückkehren werde. Daher würden die Betriebsrenten in Dollar ausbezahlt und die Wechselkursschwankungen gingen zu Lasten des Betriebsrentners. Die Klage sei deshalb beim allgemeinen Gerichtsstand der Beklagten in W. zu erheben.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteienvorbringens im Berufungsverfahren wird auf die Berufungsbegründung vom 7.9.2002, die Berufungserwiderung vom 30.9.2002 sowie die Sitzungsniederschrift vom 23.1.2003 Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die Berufung des Klägers führt zur Aufhebung des Endurteils des Arbeitsgerichts, weil die...

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