Entscheidungsstichwort (Thema)

Gerichtliche Bestimmung des Bonusanspruchs eines Bankangestellten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Sind bei der Leistungsbestimmung einer variablen Vergütung sowohl die Leistung des Arbeitnehmers als auch der betriebswirtschaftliche Erfolg der beklagten Bank zu berücksichtigen, kommt nur in Ausnahmefällen eine Festsetzung des Bonus auf "Null" in Betracht (vgl. BAG, Urteil vom 19.03.2014 - 10 AZR 622/13 -).

2. Ein solcher Ausnahmefall liegt nicht vor, wenn die beklagte Bank, ohne hierzu rechtlich verpflichtet zu sein, Sonderleistungen zu anderen Zwecken und für andere Zeiträume zahlt, die nach ihrem Gesamtvolumen an das Volumen der vertraglich zugesicherten variablen Vergütung heranreichten.

3. Die ohne Rechtsgrund gezahlten Sonderleistungen sind weder im Rahmen der Budgetfestsetzung noch bei der Festsetzung der individuellen variablen Vergütung zu berücksichtigen, wenn sie zu unterschiedlichen Leistungszwecken und teilweise zu unterschiedlichen Zeiträumen gezahlt wurden. Im Übrigen widerspräche ihre Berücksichtigung dem Transparenzgebot, das für die variable Vergütung durch Regelungen in Gesetzen und Verordnungen im Zuge der Bankenkrise seit 2008 eingeführt worden ist.

4. Die gerichtliche Leistungsbestimmung hat neben den Festlegungen und dem Zweck einer Vergütungsregelung auch den Umständen der Ermessensentscheidung der beklagten Bank Rechnung zu tragen, die nicht unbillig sind.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 157, 315, 611; BayPVG Art. 68; BGB § 315 Abs. 3 S. 2, § 611 Abs. 1; LPersVG Bay Art. 68

 

Verfahrensgang

ArbG München (Entscheidung vom 13.10.2015; Aktenzeichen 11 Ca 15563/13)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 26.04.2017; Aktenzeichen 10 AZR 275/16)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 13.10.2015 - 11 Ca 15563/13 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 10.064,25 € brutto zzgl. Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.07.2012 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu 4/5, die Beklagte zu 1/5 zu tragen. Von den erstinstanzlichen Kosten trägt der Kläger 9/10, die Beklagte 1/10.

III. Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren allein noch über die Zahlung variabler Vergütung für das Jahr 2011.

Die Klagepartei war seit dem 01.07.1999 bei der Beklagten als Angestellter mit einem Beschäftigungsgrad von 100 % beschäftigt. Bei der Beklagten handelt es sich um eine Bank in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts, bei der das Bayerische Personalvertretungsgesetz (BayPVG) Anwendung findet. Die Vergütung war zuletzt aufgrund des Arbeitsvertrags vom 01.01.2001 wie folgt geregelt:

"§ 4. Bezüge

(1) Der Mitarbeiter erhält ein Jahresfestgehalt ...

(2) Außerdem kann der Mitarbeiter als freiwillige Leistung ohne Rechtsanspruch einen Bankbonus erhalten, dessen Höhe alljährlich auf Vorschlag des Vorstandes vom Verwaltungsrat beschlossen wird. Der Bankbonus wird jeweils im Folgejahr für das vorangegangene Geschäftsjahr gezahlt. Ferner kann der Mitarbeiter als freiwillige Leistung ohne Rechtsanspruch einen Leistungsbonus erhalten, der sich im Einzelnen nach seinen Leistungen im jeweils vorangegangenen Geschäftsjahr bestimmt. Berechnung, Zahlung, Kürzung und Rückzahlung des Bankbonus und des Leistungsbonus erfolgen im Übrigen nach der Vereinbarung über das Bonussystem für die außertariflichen Beschäftigten der C. Girozentrale in ihrer jeweils gültigen Fassung.

Mit der Zahlung der laufenden Bezüge und eines etwaigen Bonus sind Überstunden/Mehrarbeit, Zuschläge und Zulagen für Schicht- und Nachtarbeit sowie Sonn- und Feiertagsarbeit abgegolten.

(...)

§ 9. Leistungen ohne Rechtsanspruch

Auf Leistungen, die nicht in diesem Vertrag festgesetzt sind, besteht auch bei wiederholter Gewährung kein Rechtsanspruch."

Dieser Arbeitsvertrag wurde der Klagepartei mit Schreiben vom 08.12.2000 übersandt, das auszugsweise folgenden Inhalt hat:

"... mit Abschluss Ihres neuen Arbeitsvertrages mit Wirkung ab dem 01.01.2001 werden Sie nach dem variablen Vergütungssystem für die außertariflich Beschäftigten ... bezahlt. Ihr Jahresgehalt setzt sich danach zusammen aus dem Jahresgehalt, dem Leistungsbonus und dem Bankbonus.

....

Ihr Leistungsbonus ermittelt sich nach der Formel Zielbonus mal Leistungsfaktor. wobei Ihr Zielbonus 16,5 % beträgt. Der Prozentsatz des Zielbonus bezieht sich auf Ihr individuelles, im Jahr 2001 tatsächlich bezogenes Jahresfestgehalt."

Die Beklagte schloss mit dem bei ihr gebildeten Personalrat zur Regelung der Bonusansprüche seit dem Jahr 2000 Dienstvereinbarungen ab (zum Überblick der Dienstvereinbarungen vgl. Beklagtenschriftsatz vom 11.09.2014, Seite 12-13). In Umsetzung dieser Dienstvereinbarungen wurden auf Basis der sog. Führung durch Ziele (FDZ) jeweils zu Jahresbeginn individuelle Arbeitsziele festgesetzt. Für die Geschäftsjahre b...

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